Attacken und Gräber voller Kot: Krähen auf Unterhachinger Friedhof lassen Angehörige verzweifeln

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Mit Plastikfolien verhüllt ist dieses Familiengrab auf dem Unterhachinger Friedhof als Schutz gegen die Krähenkacke. © Martin Becker

In Unterhaching häufen sich Beschwerden über die Krähenplage auf dem Friedhof. Die Tiere beschmutzen nicht nur die Gräber mit ihren Hinterlassenschaften, sondern attackieren auch die Besucher.

Unterhaching - Oben, in den Baumwipfeln, herrscht reger Betrieb. Die Jungen krächzen lauthals nach Futter, die Alten bringen es – 89 Nester von Saatkrähen, so besagt die aktuelle Statistik der Gemeinde Unterhaching, existieren aktuell auf dem Friedhof. Das sind deutlich weniger als 2023 (105) und 2024 (107), „wir zählen sehr genau“, betont Rathaussprecher Simon Hötzl. Doch auch 18 Krähennester weniger als vor einem Jahr lassen den Unmut der Friedhofsbesucher nicht abebben, im Gegenteil: Die Beschwerden häufen sich. Der Münchner Merkur hat sich vor Ort ein Bild von der Situation gemacht.

Gräber übersät mit Hinterlassenschaften

Die vielen Nester sind schon von Parkplatz an der Ottobrunner Straße aus zu sehen, und nach den ersten Metern hinterm Eingang fällt auf, dass der Fußweg besprenkelt ist wie bei mancher Form moderner Kunst. Bloß, dass es sich nicht um Farbkleckse eines Outdoor-Malers handelt, sondern um den Vogelschiss der Krähen. Im Ostteil des Friedhofs ist die Kack-Belastung besonders hoch, aber mittlerweile haben einige Vögel auch den Westteil für sich als Refugium auserkoren. An einem Grab ist eine schwarze Figur übersät mit weißen Hinterlassenschaften, woanders ist ein Familiengrab komplett mit Plastikplanen umhüllt worden. Und bei Friedhofsbesuchern fällt auf, dass ihr Blick ständig nach oben geht. „Die Krähen attackieren uns auch“, berichtet eine ältere Dame. Eine andere Frau fügt hinzu: „Und wenn nicht, dann kacken sie uns halt auf den Kopf.“

Unhygienische Zustände belasten die Angehörigen

Wenn der Friedhofsbesuch zum Spießrutenlauf wird: „Eine öffentliche Diskussion ist dringend erforderlich“, sagt Udo Weller. Der Unterhachinger findet: „Die Anzahl der Vögel ist derart hoch, dass die Hinterlassenschaften – insbesondere Kot – zunehmend Grabsteine, Bänke und Gehwege verunreinigen. Dieser Zustand ist nicht nur unästhetisch, sondern stellt aus hygienischer Sicht eine klare Belastung für trauernde Angehörige und Besucher des Friedhofs dar. Die Würde des Ortes wird damit empfindlich gestört.“

Verunstaltete Skulptur auf einem Grab in Unterhaching.
Verunstaltete Skulptur auf einem Grab in Unterhaching. © Martin Becker

Udo Weller vermisst „konkrete Maßnahmen zur Eindämmung des Problems“, speziell in puncto „Tierabwehr und Sauberkeit“. Denn, nicht nur jetzt an Ostern, wenn mehr Menschen als sonst ihrer verstorbenen Angehörigen gedenken: „Ein Friedhof sollte ein Ort der Ruhe, Würde und des Gedenkens sein – keine Fläche, die Besucher wegen unhygienischer Zustände meiden müssen.“

Vergrämungsmaßnahmen wurden bisher immer abgelehnt

Das Problem ist nicht neu, aber nie gelöst worden – der Münchner Merkur berichtet seit über zehn Jahren immer wieder über die Krähenplage auf dem Friedhof. 2022 gab es im Landtag eine Initiative von CSU und Freien Wählern, die Saatkrähen von der roten Liste besonders bedrohter Tierarten zu streichen, um schärfere Maßnahmen zu ermöglichen, von Vergrämung bis Bejagung. Doch geändert hat sich bis heute nichts: „Der gesetzliche Rahmen ist der gleiche geblieben“, erläutert Rathaussprecher Simon Hötzl. „Wir haben bei der Regierung von Oberbayern mehrfach angefragt wegen Vergrämungsmaßnahmen, diese wurden immer abgelehnt, auch für 2025. Artenschutz geht vor, heißt es. Solange sich der gesetzliche Rahmen nicht ändert, sind uns die Hände gebunden.“

Krähen auf der Liste bedrohter Tierarten

Für die Kritik der Friedhofsbesucher hat Hötzl Verständnis. „In einigen Sektionen sieht es wild aus – glücklicherweise nicht flächendeckend.“ Die Vorschläge aus der Bevölkerung sind dem Rathaussprecher bekannt: „Wir sollen Netze über den gesamten Friedhof spannen. Oder die Krähen am besten gleich abschießen.“ Ausdruck der Verzweiflung – aber juristisch nicht umsetzbar, auf die Gemeinde kämen empfindliche Strafen zu. Deshalb, so Hötzl: „Es wird keine Lösung des Problems geben, solange die Krähen auf der Liste bedrohter Tierarten stehen.“ Immerhin, die Zahl der Nester sei gesunken, „es gibt eine klare Tendenz“. Wohin die Vögel geflogen sind? Keiner weiß es. „Das ist die Natur“, sagt Hötzl. Und er macht den Unterhachingern ein bisschen Hoffnung, zumindest bis zum nächsten Frühjahr: „Im Mai ist die Brutzeit vorbei.“

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