„Turnhallen-Armageddon“ am AFG: Abriss, schon bevor die Abrissbirne kommt
Diesmal dürfte es für Franz Seidl ausnahmsweise einmal entspannt in den Turnhallen des Anne-Frank-Gymnasiums in Erding werden. Denn noch vor wenigen Tagen saß der Wörther dort zusammen mit seinen Mitschülern und brütete aufgeregt über den schriftlichen Abiturprüfungen: „Doch heute bin ich nur zum Feiern da“, erklärt der 18-Jährige verschmitzt, während die „Turnhallen-Armageddon“-Abrissparty läuft.
Erding – Mit einem Bier in der Hand hat er es sich mit seinen Freunden Emil Guist und Alina Österle auf ein paar Stühlen in einer der beiden dem Tod geweihten Hallen bequem gemacht und beobachtet lässig das Treiben. Neben ihm wird Kicker gespielt, geredet und gelacht, während an der improvisierten Bar unter anderem die Mitarbeiter des Sonic Erding die rund 350 Gäste mit Getränken versorgen.
Um sie herum an den Wänden prangen Graffiti, die die Gymnasiasten unter professioneller Anleitung selbst anfertigen durften. Eine davon ist Rosa Thees: „Zuerst haben wir mit Filzstiften am Boden Sketches gemacht und überlegt, was wir überhaupt machen wollen. Dann durften wir eigentlich frei entscheiden, wo und was wir sprayen wollen“, fasst die 17-Jährige zusammen. Die Erdingerin hat sich dabei für eine Hand, die das Peace-Zeichen zeigt, entschieden. Überraschend gut geworden für ihr erstes Mal, findet sie.

Aus der zweiten Turnhalle daneben, die ebenso bereits auf den Abriss wartet, tönen währenddessen die rockigen Klänge von PaukenhundTK, der dritten Band des Abends. Die eine Halle dunkel, laut, voller Nebel und Diskobeleuchtung, die andere hell, ruhig und gesellig: „Das war der Plan, dass es ein bisschen entspannter ist“, erklärt Partyorganisator Tom Schropp parallel in der Aula, wo man Pizza und andere Leckereien erwerben kann.
„Ich finde das auf Konzerten immer anstrengend, wenn man immer in derselben Halle ist, immer düster, immer dunkel“, erklärt er. Darum können die Schüler auf der Party nicht nur in die beiden Turnhallen, sondern in die Aula oder auch jederzeit auf den Pausenhof zum Durchlüften wechseln.
Der 38-jährige Lehrer für Physik, Geografie und Biologie hatte die Idee zur Abrissparty bereits im Januar. Da er beim Direktorat dabei auf offene Ohren stieß, machten sich er sowie viele weitere Lehrer und Schüler gemeinsam an die Umsetzung. Stets freiwillig und nach den regulären Unterrichtszeiten, betont der Landshuter. Von den Fluchtwegen über Verkabelungspläne bis hin zur Anfrage bei den Bands oder dem Erdinger Weißbräu habe es in den vergangenen Monaten fast durchweg etwas zu tun gegeben, erklärt er.
Der Aufbau, Licht- und Tontechnik, das P-Seminar Kunst, das für die vierte Band Four black Lungs die T-Shirts designen und verkaufen durfte, bis hin zu den Schulsanitätern habe man sich von allen erdenklichen Seiten eingebracht, freut er sich.
Doch Durchatmen kommt für den Lehrer aber noch nicht in Frage, denn der Höhepunkt des Abends wartet noch. Lässig streift sich Schropp keine zwei Stunden später über sein Wizo-T-Shirt die Bassgitarre über und betritt zusammen mit Sängerin Thees und sieben weiteren Musikern als Schulband Anne Punk die Bühne. Schon bei den ersten Tönen hält sich kaum noch ein Partygast in den anderen Veranstaltungsstätten auf.
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Alle wuseln in die Konzerthalle und begrüßen die Musiker mit lautem Jubel und Applaus. Egal ob Moshpit, Pogo und Crowdsurfen zu den schnelleren, lauten Nummern von Green Day und Billy Talent oder Linedance zu Kenny Loggins’ „Footloose“: Die Menge steigt voll auf jedes einzelne Lied auf der Setlist der Schulband ein. Von Jung bis Alt wird im Zuschauerraum gemeinsam gesungen, getanzt und gerockt.
Auch Abiturient Franz Seidl und sein Spezl Emil Guist stehen in der ersten Reihe, grölen und wippen begeistert mit. Schweißgebadet prosten sich die beiden zufrieden auf die Abrissparty zu. Allzu entspannt war es wohl auch an diesem Tag in den Turnhallen nicht.
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