„Geld versickert“: Streit um Ebersberger Finanzen eskaliert
Ebersberg hat kein Geld und immer noch keinen Haushalt für dieses Jahr. Im Finanzausschuss sind jetzt erneut die Fetzen geflogen. Bürgermeister Proske sah sich heftigen Vorwürfen ausgesetzt.
Ebersberg – „Besser keinen Haushalt als so einen!“, wetterte CSU-Stadtrat Florian Brilmayer gegen Ende der Sitzung des Ebersberger Finanzausschusses. Vorangegangen war eine hoch bewegte Diskussion um den Haushalt fürs laufende Jahr. Die CSU/FDP-Fraktion lehnte das Zahlenwerk in Bausch und Bogen ab. „Die Ausgaben sind zu hoch. Wir halten das so nicht für verantwortbar“, sagte Brilmayer angriffslustig. Außerdem: Natürlich sei die gegenwärtige Situation schwierig, aber die ständige Erhöhung von Schulden werde in einer Katastrophe enden.
Josef Peis von Pro Ebersberg meinte: „Es gelingt uns einfach nicht zu sparen. Der Haushalt ist aus unserer Sicht nicht ausgeglichen. Alles geht nur noch über Schulden. Wir sind nicht mehr in der Lage, zu gestalten.“ Am Ende griff Brilmayer Bürgermeister Ulrich Proske (parteilos) direkt an: „Wir reden ständig übers Sparen, aber die Ausgaben steigen und steigen. Von vielen Seiten bekommen wir zu hören, dass wohl im Rathaus nicht wirklich gespart wird. Da wäre Führung notwendig.“ Unterm Strich: Keiner wisse, wo das Geld versickert sei.
Proske: „Ihre Unterstellung kommt gar nicht gut an“
Diese Behauptung ließ Proske freilich nicht auf sich sitzen: „Das Personal im Rathaus ist nicht explodiert. Viel Geld wurde vielmehr für die großen Baumaßnahmen ausgegeben, die Sie im Übrigen alle mit beschlossen haben.“ Es sei ein „starkes Stück“, was da von der CSU käme. „Ihre Unterstellung kommt gar nicht gut an!“
Sagen Sie mir bitte, was ich tun soll.
Es blieb bei einer Pattsituation: CSU/FDP und Pro Ebersberg lehnten den Haushaltsentwurf ab, SPD und Grüne sowie Bürgermeister Proske würden ihn mittragen. „Überall spaltet sich gerade die Welt. Es wird uns doch hier gelingen, einen überparteilichen Kompromiss zu finden“, appellierte Stefan Mühlfenzl (SPD) erfolglos. Denn die CSU blieb bei ihrer Sicht: „Wir müssen runter von den Ausgaben, sonst: nein.“ Fast Hilfe suchend schaltete sich der Kämmerer Josef Gibis ein: „Sagen Sie mir bitte, was ich tun soll. Der Haushalt ist auf Kante genäht, da kann man nichts mehr wegnehmen.“
Grüner Antrag zum Klimaschutz „zu steil“
Dabei ging es in den Beratungen auch um einen Antrag der Grünen, die gefordert hatten, Klimaschutzmaßnahmen bei den 42 stadteigenen Gebäuden im Haushalt zu verankern, um die CO₂-Neutralität bis 2030 zu erreichen. Dafür wollen die Grünen die Grundsteuer temporär erhöhen. Erwartungsgemäß stieß auch das nicht nur auf Wohlwollen. Der Antrag sei viel zu unklar, meinte Brilmayer. Peis hält den Anspruch, bis 2030 Klimaneutralität zu erreichen, ohnehin für „zu steil.“ Stadtrat Edi Zwingler (FW) setzte noch eins drauf und bezog sich auf die von der CSU prognostizierten Schulden für ein heutiges Kindergartenkind von 4000 Euro im späteren Erwachsenenalter: „Was ist euch wichtiger, Klimaschutz oder Kinder?“
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Alles Steilvorlagen für die Grünen: „Typisch: Klimaschutz, aber nur wenn es uns nicht belastet. Die Zukunft unserer Kinder lassen wir herunterfallen.“, sagte Grünen-Stadtrat Michael Schulte-Langforth empört. Dabei hatte sich zu Beginn der Sitzung doch tatsächlich ein Bürger zu Wort gemeldet, der sein Unverständnis darüber ausdrückte, wie man Klimaschutz vom Haushalt abhängig machen könne, gerade in einer derart reichen Region.
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Haushaltsbeschluss bleibt aus
Über die von den Grünen dafür beantragte Grundsteuererhöhung um 50 Punkte wurde erwartungsgemäß ebenso kontrovers gestritten. CSU-Stadträtin Marina Matjanovski verwies auf die vielen Gebührenerhöhungen im letzten Jahr und mahnte die soziale Frage an. Andere rechneten vor, dass eine solche Grundsteuererhöhung marginal sei, nicht einmal hundert Euro im Jahr betrage, und damit gar nicht auffalle. Aus rein formalen Gründen – eine Steuererhöhung darf rein rechtlich tatsächlich nicht für einen bestimmten Zweck erfolgen – zogen die Grünen ihren Antrag zurück, wollen ihn aber erneut vorlegen. Deutlich wurde zumindest: Klimaschutz bedeutet Energiereduzierung, damit auch geringere Kosten. „Klimaschutzmaßnahmen würden also auch zur Konsolidierung beitragen, wenn auch zeitverzögert“, konstatierte etwa Christoph Münch (SPD). Stichwort: Amortisierung.
Und der Haushalt? Beschlossen wurde erst einmal nichts. Die Verwaltung soll zunächst die von den Fraktionen eingereichten Einsparvorschläge prüfen. Vor der entscheidenden Stadtratssitzung am 29. April will man sich am 22. April nocheinmal im Finanzausschuss zusammensetzen.