Italien lehnt Truppen in der Ukraine ab – Meloni-Vertrauter wird nach Macron-Vorstoß deutlich
Italien steht unter der Regierung von Giorgia Meloni fest an der Seite der Ukraine. Der Verteidigungsminister lehnt den Einsatz eigener Truppen aber klar ab.
Mailand – Der Westen als Ganzes, aber auch jeder einzelne Staat für sich steht im Ukraine-Krieg vor der entscheidenden Frage: Wie kann Kiew am gewinnbringendsten unterstützt werden, ohne Gefahr zu laufen, selbst Teil des Kriegs zu werden? Eigene Kampfeinheiten scheinen dabei eine Rote Linie darzustellen, die nicht überschritten wird.
Das zeigte sich, als Emmanuel Macron laut über die Entsendung von Nato-Bodentruppen in die Ukraine nachdachte. Damit rief Frankreichs Präsident ablehnende Reaktionen vieler Politiker hervor. Womöglich war vor allem Bundeskanzler Olaf Scholz sein Adressat.
Video: Neofaschisten mit europäischen Ambitionen – was will Meloni?
Italien und der Ukraine-Krieg: Meloni-Minister lehnt eigene Truppen aus zwei Gründen ab
Für Italien kommt es gleich zweimal nicht infrage, die eigenen Soldaten in den Kampf gegen die Truppen von Kreml-Chef Wladimir Putin zu schicken. Das unterstrich Guido Crosetto in einem Interview mit der Mailänder Zeitung Corriere della Sera.
Laut dem Verteidigungsminister gilt für Italien zum einen „ein ausdrückliches Verbot direkter militärischer Interventionen, die über das hinausgehen, was in den Gesetzen und der Verfassung vorgesehen ist. Bewaffnete Interventionen können wir nur im Rahmen eines internationalen Mandats in Betracht ziehen, etwa zur Umsetzung einer UN-Resolution.“
Zum anderen befürchtet der Politiker der Fratelli d’Italia von Ministerpräsidentin Giorgia Meloni eine weitere Eskalation, „die vor allem den Ukrainern selbst nicht nützen würde“. Daher stellt Crosetto fest: „Die Voraussetzungen für unser direktes Engagement sind nicht gegeben.“ Auf Nachfrage betonte er ausdrücklich, Rom werde sich „absolut nicht“ an einer bewaffneten Intervention beteiligen.

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Italien unterstützt Ukraine im Krieg: Macrons Aussagen „erhöhen objektiv die Spannungen“
Im Hinblick auf Macrons Beweggründe führt der 60-Jährige aus: „Ich verurteile den Präsidenten eines befreundeten Landes wie Frankreich nicht, aber ich verstehe den Zweck und den Nutzen dieser Erklärungen nicht, die objektiv die Spannungen erhöhen.“ Wichtig sei, sich immer wieder vor Augen zu führen, „dass in der Ukraine zehntausend – ich wiederhole, zehntausend – Artilleriegranaten jeden Tag abgeworfen werden, auch auf zivile Ziele, auf Menschen, auf die Infrastruktur“.
Kritisch merkt Crosetto an, dass für die Opfer des Nahostkriegs im Gazastreifen viele Demonstrationen abgehalten werden, während das tägliche Leid der Ukrainer mehr und mehr aus dem Blick der Öffentlichkeit verschwinde. Womöglich habe Macron mit seiner Aussage auch eben diesem Phänomen entgegenwirken wollen.
„Es gibt keine Toten erster und zweiter Klasse, Kinder, die es wert wären, auf der Straße zu schreien, und Kinder, die man sterben lassen kann, die von ihrem Land vertrieben, überfallen und zur Flucht gezwungen werden“, stellt Crosetto klar: „Denn Russland ‚erobert‘ nicht nur die russischsprachigen Länder zurück, wie manche glauben machen wollten, sondern es will auch zur alten Sowjetunion zurückkehren, mit Methoden, die, wenn sie von unserer öffentlichen Meinung legitimiert werden, zum Point of no Return führen.“

Italien und die Friedens-Demos: „Ohne Gewalt für alle eintreten, nicht nur für einige“
Er selbst würde sich den Demonstrationen für die Kinder Palästinas anschließen, „wenn es gleichzeitig auch eine für die Kinder der Ukraine gäbe. Ohne Gewalt würde ich dort sein und für den Frieden eintreten. In der ersten Reihe. Aber für alle, nicht nur für einige.“ Weiter appelliert der einstige Politiker der Forza Italia von Silvio Berlusconi an die Menschen: „Der Frieden darf nicht zu einer ideologischen Keule werden, er muss ein verbindender Wert sein.“
Crosetto selbst nutzt das Gespräch auch, um einmal mehr für den Weg der Diplomatie zwischen Moskau und Kiew zu werben: „Wir dürfen nichts unversucht lassen, um einen Waffenstillstand zu erreichen: Selbst ein Tag ohne Bomben ist ein Ergebnis, denn dann können es zwei, drei oder vier werden...“
Vorerst verspricht er der Ukraine und deren Präsidenten Wolodymyr Selenskyj: „Wir werden wie bisher weiterhelfen, solange es sinnvoll ist und wir dazu in der Lage sind.“ Denn über allem müsse stehen, dass Russlands Beispiel auf keinen Fall Schule machen darf: „Dass man in ein anderes Land einmarschieren kann, nur weil man stärker ist, wäre eine Katastrophe für alle.“ (mg)