„Dorfener Stadtbremser“ aktueller denn je

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Alles wird ausgekartelt (v.l.): Anton Zistler, der den Soafa-Wirt gibt, Florian Aumann als Georg Ratzinger sowie Alex Sperr als Hausl Hans Mesner, Regisseur Andreas Schweiger und Michael Schlickenrieder als Gottfried „Goggi“ Thalmeier.  © Michaeele Heske

Der Dorfener Trachtenverein D‘Stoarösler erinnert mit einem Theaterstück an die Stadterhebung vor 70 Jahren. Nach Rechtsstreit mit der Witwe von Georg Lohmeier kommt der Stoff im Herbst zur Aufführung.

Vor 70 Jahren wurde Dorfen vom Markt zur Stadt erhoben. Das hatte damals nicht jedem geschmeckt. Vor allem Brauereibesitzer Albert Bachmayer machte Stimmung gegen die Stadterhebung. Der Trachtenverein D’Stoarösler bringt anlässlich des Jubiläums nun das Stück „Dorfener Stadtbremser“ auf die Bühne – eine wahre Geschichte, die Lokalhistoriker Wolfgang Lanzinger mit viel Humor zu Papier gebracht hat. 

Knappe Entscheidung mit 8:7-Stimmen

Die Theatertruppe übt schon seit Wochen fleißig für die Aufführungen im Oktober und gab der Heimatzeitung nun eine erste Kostprobe des Stoffs, der durchaus Parallelen zur heutigen Zeit habe, wie Regisseur Andreas Schweiger erklärte. Nicht nur, weil tatsächlich amtierende Stadträte und Dorfener Prominenz zum Ensemble gehören, sondern weil „immer noch im Gremium viel gestritten wird und neue Ideen oft ausgebremst werden“. 

Es gibt Weißwurst und Bier, die Honoratioren spielen Schafkopf, dabei wird geratscht, geschimpft – aber vor allem soll diese Szene ins Thema einführen: In der guten Stube des Brauereibesitzer Bachmayer sitzen Gottfried „Goggi“ Thalmeier, Pfarrer Kranzmaier, der Schriftsteller Josef Martin Bauer sowie Papst-Bruder Georg Ratzinger, damals Chorregent in Dorfen. Man schreibt das Jahr 1954. 

Heftige Streitereien im Gemeinderat folgen im zweiten Akt. Hier fällt im Oktober die umstrittene Entscheidung zur Stadterhebung bei einer Kampfabstimmung, mit einer knappen 8:7-Mehrheit.  

Nun nimmt die Realsatire ihren Lauf. Der größte Gegner des kommunalpolitischen Beschlusses ist Bachmayer, gespielt von Reinhold Neugebauer. Der historische Konflikt drehte sich allerdings auch darum, dass Dorfen im Zuge der Stadterhebung eine Umgehungsstraße bekommen sollte, die heutige B15. Früher führte die Hauptstraße mitten durch die Dorfener Altstadt, der Grund gehörte der Brauerei. Und schon steckt der Zuschauer mitten in ganz großem Theater: Am Festtag lässt Bachmayer seine Schafherde durch die Straßen treiben und den Stadtkern mit Odel fluten. Vor dem Streibl-Saal, wo der verpönte Staatsakt stattfinden soll, zu dem auch der Minister geladen ist, kommt es zu weiteren lautstarken Aktionen, an die sich noch einige Dorfener erinnern können. 

Damit Lanzingers Komödie authentisch bleibt, wandte sich der Vorsitzende des Historischen Kreises an alteingesessene Zeitzeugen, etwa Rosa Hauder, heute 95 Jahre alt. Ihre Eltern führten damals das Wirtshaus „Soafa“. Oder auch den Postboten Schorsch Bauer, dessen Erinnerungen ebenfalls in den Stoff einflossen, der zudem eine wichtige Rolle in dem Stück spielt. 

Ursprünglich sollte eine Komödie des Schriftstellers und Drehbuchautors Georg Lohmeier wiederaufgeführt werden, „Die Stadterhebung“, die 1965 für den Komödienstadl des Bayerischen Rundfunks verfilmt wurde. Lohmeier vermischte allerdings Fiktion und Realität, sein Skript war nur eine Anlehnung an das wirkliche Geschehen. Lanzinger passte deshalb das Drehbuch an die wahren Begebenheiten an. Einer Überarbeitung des Textes stimmte Eleonore Lohmeier, die das Urheberrecht nach dem Tode ihres Mannes geerbt hat, nicht zu (wir berichteten). 

Was zunächst selbst wie eine Posse wirkte, hätte Lanzinger nicht Passage für Passage überarbeitet, ist im Nachhinein ein dramaturgisches Happy End. Denn die neue Fassung mit dem Titel „Dorfener Stadtbremser“ brilliert nicht nur durch Lanzingers schelmischen Humor und seine profunden Kenntnisse der lokalen Geschichte, sondern auch durch die Besetzung einiger Rollen. Stadtrat Michael Oberhofer als Amtmann Josef Maier, Stadtrat Josef Wagenlechner als Tierarzt Emil Rudolf, der ehemalige Stadtrat Heiner Müller-Ermann als Vizebürgermeister Andreas Hornstein sowie der Dorfener Diakon Christian Marcon als Pfarrer Andreas Kainzmaier werden ebenfalls auf der Bühne stehen.

37 Schauspieler stehen auf der Bühne

„Das Stückl könnte man genauso auf heute übersetzten“, so das Feedback der Darsteller, erzählt Schweiger. Auch heute gebe es noch viel Bremser im Stadtrat. „Das wird sich wahrscheinlich nie ändern“, so die Meinung der Protagonisten.   

„Das wird eine Herausforderung“, sagt Stoarösler-Vorsitzende Maria Färbinger. Sie freut sich schon „narrisch“ auf die Aufführung. Corona hatte die Spielfreude des Vereins über Jahre ausgebremst. „Ein Meilenstein“, so verweist sie auf die Story, aber auch auf eine Spieldauer von zweieinhalb Stunden. 37 Hobbyschauspieler aus Dorfen wirken mit, zudem gibt es drei Bühnenbilder. „Wir machen genügend Pausen, für Speis und Trank ist gesorgt – und natürlich für eine gute Unterhaltung.“

Premiere in der Aula der Grundschule Am Mühlanger ist am 11. Oktober, weitere Aufführungen sind am 12. , 13., 18., 19. und 20. Oktober. Der Vorverkauf startet am Montag, 18. August. Karten gibt es im Zeitungsladen Streibl am Rathausplatz, Tel. (0 80 81) 12 63.

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