Leichtes Spiel für Putin: General sieht Nato schlecht gewappnet bei Russland-Angriff

  1. Startseite
  2. Politik

Kommentare

Die Nato hätte einem Angriff durch Russland wenig entgegenzusetzen. Davor warnt ein ehemaliger US-Militär – und fordert das Bündnis zu Taten auf.

Warschau – Ein ehemaliger Generalleutnant der US-Armee befürchtet, dass die Nato einem groß angelegten konventionellen Krieg nicht vollständig gewappnet ist. Dem Verteidigungsbündnis mangel es ihm zufolge an angemessener Luftverteidigung, militärischer Mobilität, Munition und der richtigen Einstellung. Auch angesichts des Ukraine-Kriegs müsse man jetzt handeln.

Viele der politischen und militärischen Führer Europas würden die Realität eines möglichen Krieges mit Wladimir Putins Russland nicht vollständig anerkennen, so der pensionierte US-Generalleutnant Ben Hodges bei einer Diskussion auf dem Warschauer Sicherheitsforum am Mittwoch (2. Oktober). Wie die ukrainische Zeitung Kyiv Independent berichtet, warnte Hodges, dass die Nato „keine angemessene Raketen- und Luftabwehr“ habe, um „Seehäfen, Flughäfen und kritische Infrastruktur zu schützen“.

Die Nato hätte Russland wenig entgegenzusetzen – Auch zweieinhalb Jahre nach Beginn des Ukraine-Kriegs

Auch die mangelnde Mobilität der Truppen sei ein großes Problem. „Wir können uns immer noch nicht schnell in ganz Europa bewegen, daher ist das Problem der militärischen Mobilität immer noch eine Herausforderung, die gelöst werden muss“, so Hodges. Wenn Russland beschließen würde, die Nato anzugreifen, würden seine Streitkräfte sofort die europäische Verkehrsinfrastruktur angreifen, die die Verbündeten benötigen, um reagieren zu können, gab der pensionierte General dem Bericht zufolge zu bedenken. „Stellen Sie sich also vor, dass eine Woche lang das, was in der Ukraine passiert, in Danzig, Klaipėda, Tallinn oder Bremerhaven passiert“; im schlimmsten Fall müsse Litauen dann zwei Wochen auf die Ankunft von Verstärkung warten.

Laut einem pensionierten US-General hätte die Nato einem Angriff durch Russland wenig entgegenzusetzen.
Laut einem pensionierten US-General hätte die Nato einem Angriff durch Russland wenig entgegenzusetzen. © IMAGO/Mikhail Metzel

Hodges habe seiner Co-Sprecherin, der Staatssekretärin des rumänischen Verteidigungsministeriums Simona Cojocaru darin beigepflichtet, dass die Nato-Streitkräfte viel schneller einsatzbereit sein müssten, so der Bericht. Laut dem pensionierten General waren die westlichen Armeen während des Kalten Krieges innerhalb von 24 Stunden einsatzbereit. Den heutigen Streitkräften fehle diese Einstellung weitgehend.

Ehemaliger US-General warnt vor Russland – Sind die Staats- und Regierungschefs der Nato zu zögerlich?

Daher müsse das transatlantische Bündnis jetzt den „Mut haben, das anzuerkennen, was man als Bedrohung ansieht, und dann damit beginnen, Munition aus den Bunkern zu holen, Truppen zu stationieren, um vorbereitet zu sein, und dann kann man in zwei oder drei Tagen einsatzbereit sein, wo das Risiko dies ist“, so die Aufforderung Hodges‘. Bisher würden die Staats- und Regierungschefs der Alliierten oft zögern, schnell und entschlossen genug zu reagieren, weil sie befürchten, dass solche Schritte als Provokation wahrgenommen werden könnten. Das müsse sich ändern.

Zudem brauche es Investitionen in Übungen und Munitionsproduktion, um die militärische Einsatzbereitschaft des Bündnisses zu erhöhen. „Zehneinhalb Jahre nach dem Einmarsch Russlands in die Ukraine können wir immer noch nicht genug Munition für eine Woche bereitstellen. Und wir haben unsere Bunker geleert, um zu helfen“, so der pensionierte General. Positiv sei aber hervorzuheben, dass sich die europäischen Länder „in eine viel bessere Richtung bewegen“. Insbesondere die geplante militärische Umgestaltung Polens ist ihm zufolge lobenswert.

Die Nato kann ihren Luftraum im Osten nicht verteidigen – Obwohl Russland bald angreifen könnte

Mit seinen Warnungen ist Hodges nicht allein. Aus einem Bericht der Financial Times vom Mai dieses Jahres geht hervor, dass sich die Luftverteidigungsfähigkeiten der östlichen Flanke der Nato nur fünf Prozent dessen beträgt, was als notwendig erachtet wird, um einen Angriff abzuwehren. Die Luftverteidigung sei aber ein „wesentlicher Bestandteil des Plans zur Verteidigung Osteuropas vor einer Invasion“, so ein Nato-Diplomat gegenüber dem Blatt. „Und im Moment haben wir das nicht“.

Russland könnte laut einer Warnung von Bundeswehr-Generalleutnant Carsten Breuer schon in fünf bis acht Jahren militärisch bereit dazu sein, Nato-Länder anzugreifen, wenn es sich dafür entscheidet. „Bis dahin wird Russland nach unseren Analysen seine eigenen Streitkräfte so weit wieder aufgebaut haben, dass ein Angriff auf Nato-Boden möglich sein könnte“, so Breuer bei einem Besuch in Polen im April gegenüber Reportern. „Ich sage nicht, dass es stattfinden wird, aber dass es möglich sein könnte“, gab er damals zu bedenken. (tpn)

Auch interessant

Kommentare