Kelter Krieg an der Ostsee: Küstenländer rüsten gegen Putin-Angriff auf

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Hamburg und Schleswig-Holstein schlagen Alarm. Die Bedrohung durch Putin wächst. Nun wird an einer gemeinsamen Verteidigungsstrategie gearbeitet.

Hamburg/Kiel – Wiederholt wurden in den vergangenen Monaten verdächtige Drohnen über kritischer Infrastruktur in Norddeutschland gesichtet. Zudem nehmen Warnungen vor russischer Spionage und Sabotage zu. Vor dem Hintergrund dieser sicherheitspolitischen Herausforderungen haben die Landesregierungen von Hamburg und Schleswig-Holstein am Dienstag (08. Juli) eine gemeinsame Kabinettssitzung abgehalten.

Im Zentrum der Sitzung standen die militärische und zivile Verteidigungsfähigkeit beider Bundesländer. Das geht laut dem Hamburger Abendblatt aus der Sitzungsdrucksache der Regierungen von Peter Tschentscher (SPD) und Daniel Günther (CDU) hervor. Angesichts der Bedrohung durch den Ukraine-Krieg, der zunehmenden militärischen Aufrüstung Moskaus und verstärkter hybrider Angriffe in Deutschland sehen demnach beide Länder einen erheblichen Handlungsbedarf. Die sicherheitspolitische Lage habe sich „grundlegend verändert“, heiße es dazu im gemeinsamen Positionspapier. Deutschland müsse sich neu aufstellen – sowohl militärisch als auch im Bereich des Bevölkerungsschutzes.

Ukraine-Krieg verändert Bedrohungslage: Küstenländer planen neue militärische Schutzmaßnahmen

Dazu solle der Bund rasch zusätzliche Mittel bereitstellen, so die Forderung der gemeinsamen Kabinettserklärung. Bei einem möglichen Angriff auf ein Nato-Land müsse die Funktionsfähigkeit staatlicher Institutionen gewährleistet bleiben. Versorgungsketten dürften nicht zusammenbrechen, die Zivilbevölkerung müsse geschützt werden können. In vielen Bereichen – von Warnsystemen über Notunterkünfte bis hin zu Transportwegen – bestehe laut den Ländern dringender Nachholbedarf.

Auch die Zusammenarbeit beider Bundesländer solle künftig intensiviert werden. Geplant seien unter anderem gemeinsame Trainings, Übungen und Schulungsprogramme. Die „Resilienz der Bevölkerung“ spürbar zu erhöhen, um auf aktuelle und zukünftige Bedrohungen vorbereitet zu sein, sei das klar formulierte Ziel der Vereinbarung.

Verdächtige Drohnen über Norddeutschland: Hamburg und Kiel warnen vor Putins Spionageversuchen

Erste Schritte haben die Länder bereits gemacht. Schleswig-Holstein hat zum 1. April eine „Taskforce Zivile Verteidigung“ ins Leben gerufen, an der Bundeswehr, Polizei, THW, Feuerwehr und weitere Hilfsorganisationen beteiligt sind. In Hamburg wird aktuell eine neue Organisationseinheit im Innenressort aufgebaut, die sich auf Krisenmanagement und Katastrophenschutz konzentrieren soll – mit dem Ziel, die Handlungsfähigkeit im Ernstfall zu verbessern und den Bevölkerungsschutz zu stärken.

Allerdings ist noch viel zu tun. Ein russischer Angriff würde die Bevölkerung Schleswig-Holsteins derzeit weitgehend ungeschützt treffen. Wie aus einer Antwort des Kieler Innenministeriums auf eine kleine Anfrage der FDP-Fraktion im Landtag hervorgeht, mangelt es massiv an funktionstüchtigen Schutzmöglichkeiten für die Zivilbevölkerung. Das berichteten die Kieler Nachrichten. Hintergrund ist die bundesweite Aufgabe des Schutzraumkonzepts: Seit 2007 hat der Bund öffentliche Schutzräume schrittweise zurückgebaut. Die noch rund 600 vorhandenen Anlagen in Deutschland gelten heute als nicht mehr betriebsfähig und stehen somit im Ernstfall nicht zur Verfügung.

Hamburgs Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD) und Daniel Günther (CDU), der Ministerpräsident Schleswig-Holsteins, wollen ihre Länder gegen Bedrohungen wappnen.
Hamburgs Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD) und Daniel Günther (CDU), der Ministerpräsident Schleswig-Holsteins, wollen ihre Länder gegen Bedrohungen wappnen. © IMAGO/Petra Nowack

Schattenflotte und Kabelangriffe: Putins Bedrohungspotenzial erreicht eine neue Qualität

In Hamburg kämpft man schon jetzt mit den Folgen hybrider Kriegsführung. Besonders der Hafen ist laut den Behörden Zielscheibe zahlreicher Cyberattacken. Bis jetzt seien alle Angriffe erfolgreich abgewehrt worden. Doch eine sich zuspitzende Lage zwischen Russland und der Nato mache schwerwiegendere Sabotageakte gegen kritische Infrastruktur durchaus denkbar, so die Warnung aus der Hansestadt.

Sicherheitsfachleute warnen, dass Angriffe auf Unterwasserkabel, Cyberattacken und die Umgehung von EU-Sanktionen durch die sogenannte „Schattenflotte“ eine neue Qualität der Bedrohung durch Russland unter Wladimir Putin verdeutlichen. Anfang des Monats hat die Bundesregierung daher zusätzliche Maßnahmen gegen russische Aktivitäten in Nord- und Ostsee angekündigt. „Unser Ziel ist ganz klar: Wir erhöhen den Druck auf die russische Schattenflotte und schützen die Ostsee“, so Außenminister Johann Wadephul (CDU). (tpn mit agenturen)

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