Sogar Grünen-Spitze wendet sich nun gegen Habeck: „Unsinn“
Robert Habeck hat der taz ein Interview gegeben, das Wellen geschlagen hat. Jetzt widerspricht ihm die Grünen-Fraktionsvorsitzende in zentralen Punkten.
Berlin – Die Grünen-Fraktionschefin Katharina Dröge ist sich uneinig mit ihrem ehemaligen Parteichef Robert Habeck. Der hatte der taz letzte Woche zu seinem Abschied aus dem Bundestag ein Interview gegeben. In diesem erklärte er unter anderem, die Gesellschaft habe womöglich „gar keine Mitte“. Dröge ist da ganz anderer Meinung: „Gerade jetzt, wo Populisten versuchen, die Gesellschaft immer weiter auseinanderzusprengen, sollte man diese Idee der Mitte doch nicht aufgeben“. Das sagte sie dem Spiegel.
Grünen-Fraktionschefin schießt gegen Habeck
Habeck sagte der taz unter anderem, statt einer Mitte gäbe es in der Gesellschaft Gruppen mit unterschiedlichen Interessen, die sich lediglich rhetorisch auf Gemeinsamkeit bezögen. In der Realität stellten diese Gruppen jedoch „eigene lebensweltliche, materielle Interessen immer höher als das rhetorisch beschworene Gemeinsame“.
Dröge hält dagegen: „Im Gegenteil: Ich sehe es als wichtige Aufgabe für die Grünen an, diese Mitte zu verteidigen.“ Gegenüber dem Spiegel argumentierte sie: „Es gibt zum Glück weiterhin wichtige gemeinsame Werte, auf die sich eine große Mehrheit einigen kann.“ Dazu gehöre etwa der Wunsch, in einer stabilen Demokratie zu leben und in einem Land mit einem sozialen Netz, das einen in Lebenskrisen auffange. „Das ist der Konsens, und das ist die Mitte in diesem Land.“
Dröge bezeichnet Habecks Merkel-Lücke als „Unsinn“
Auch Habecks These von einer „Merkel-Lücke“ weist Dröge zurück. Häufig werde die politische Mitte mit Positionen der CDU gleichgesetzt. „Ich halte das für Unsinn“, so die Grünen-Politikerin. „Die CDU definiert nicht, wo die Mitte ist.“ Stattdessen setzt Dröge auf eine „linke Mitte“ – mit Schwerpunkten in der Wirtschafts- und Sozialpolitik. Als Beispiel nannte sie eine stärkere Besteuerung von Reichen zur Finanzierung öffentlicher Angebote wie Kita-Plätze. „Wenn es eine Volksabstimmung gäbe, würde eine Mehrheit dafür stimmen“, sagte sie.

Das taz-Interview mit Robert Habeck hat innerhalb Berlins Wellen geschlagen. Bundestagspräsidentin Julia Klöckner bezeichnete er darin als „Fehlbesetzung“ für ihr Amt. CSU-Chef Markus Söder warf er „fetischhaftes Wurstgefresse“ vor, das von den eigentlichen Problemen ablenke.
Habeck gab das Interview anlässlich seines Rückzugs aus dem Bundestag zum ersten September. Nach 20 Jahren in Führungspositionen wolle er von außen auf die deutsche Politik schauen und durch einen „Perspektivwechsel“ neue Erkenntnisse gewinnen. Nach eigenen Angeben wird er Lehrpositionen an verschiedenen Institutionen annehmen. (cdz)