Bürgergeld, Sparen, Soldaten: Wegen dieser Themen fliegen ab jetzt die Fetzen
Finanzminister Lars Klingbeil (SPD) hat Ende Juni seinen Haushaltsentwurf durchs Kabinett gepeitscht. Die strittigsten Punkte im Bundeshaushalt 2025 betreffen vor allem die Bereiche Sicherheit, Soziales und Infrastruktur. Heftige Diskussionen könnte es aber auch über die weitere Staatsverschuldung und die geplanten Kürzungen bei der Entwicklungshilfe geben.
Insgesamt geht es für das laufende Jahr im Kernhaushalt um Ausgaben in Höhe von rund 503 Milliarden Euro. Das sind etwa 26 Milliarden Euro mehr als 2024. Dabei liegen die Einnahmen mit 421 Milliarden Euro um über sechs Milliarden Euro niedriger als noch 2024.
Daher will die Bundesregierung mit etwa 82 Milliarden Euro kräftig Schulden machen: Zum einen wird die zulässige Nettokreditaufnahme mit rund 50 Milliarden Euro voll ausgeschöpft, zum anderen gönnt man sich gut 32 Milliarden Euro für Verteidigung – die im März aufgeweichte Schuldenbremse im Artikel 115 des Grundgesetzes machts möglich. 2026 soll der Fehlbetrag dann auf 89 Milliarden Euro anwachsen, 2029 sogar auf 126 Milliarden.
Hier sind die strittigsten Punkte beim Bundeshaushalt 2025, die in dieser Woche im Bundestagsplenum erstmals zur Diskussion stehen:
1. Verteidigungsetat und Schuldenbremse: voll kriegstüchtig?
Der Entwurf nutzt die neue Ausnahmeregelung der Schuldenbremse: Für 2025 sind für den Etat Verteidigung 62 Milliarden Euro aus dem Kernhaushalt (2024: 53 Milliarden Euro) vorgesehen. Zusätzlich fließen etwa 24 Milliarden aus dem Sondervermögen Bundeswehr dazu.
Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) hätte sich mehr Geld aus dem Kernhaushalt gewünscht, um die „strukturelle Vollausstattung“ der Bundeswehr zu sichern. So sei nur eine begrenzte Modernisierung der Bundeswehr möglich, nicht aber eine durchgehende Einsatzfähigkeit bis 2030. Zudem sei das 100-Milliarden-Sondervermögen der Bundeswehr bis spätestens 2027 aufgebraucht.
Auch einige SPD- und Unionspolitiker haben Zweifel, ob die Bundeswehr so angemessen ausgerüstet werden kann. Den Grünen fehlt eine sinnvolle Planung. Es gelte zuerst Beschaffungs- und Reformprozesse zu klären, bevor weiteres Geld fließt. Die Linke sieht in den Mehrausgaben für Verteidigung reine Geldverbrennung zu Lasten des Sozialstaats. Die AfD hatte sich gegen die Aufweichung der Schuldenbremse gestellt, aber sich bislang nicht zur Erhöhung des Verteidigungsetats geäußert.
2. Sondervermögen Infrastruktur und Klimaneutralität: Kampf ums Geld
Das große Sondervermögen in Höhe von 500 Milliarden Euro soll über zwölf Jahre gestückelt werden. Darin enthalten: 400 Milliarden für Infrastruktur und 100 Milliarden Euro für Klimaschutz. Länder und Kommunen sollen hiervon 100 Milliarden Euro abbekommen. Verteilungskämpfe finden bereits statt.
Die Gefahr besteht, dass die Länder ihre regulären Investitionsetats kürzen, mit dem Geld aus dem Sondervermögen ersetzen und das eingesparte Geld anderweitig ausgeben. Die Bedingung der „zusätzliche Investitionsmaßnahmen“ findet sich im Kabinettsentwurf nicht mehr, kritisiert daher etwa die Bauwirtschaft.
Auch die Grünen werden ganz genau darauf achten, dass das Schuldengeld in Investitionen fließt und nicht in Wahl- und Steuergeschenke. Auch die geplante Förderung von Gaskraftwerken halten die Grünen angesichts des Klimawandels für kontraproduktiv.
3. Soziales und Gesundheit: Schulden über Schulden
Auch bei Bundesarbeits- und Sozialministerin Bärbel Bas steigt der Zufluss neuer Gelder kräftig. Mit etwa190 Milliarden Euro wächst der größte Einzelhaushalt um etwa acht Prozent. Ausgaben für Bürgergeld und Steuerzuschüsse zur Rente steigen um rund fünf beziehungsweise sieben Milliarden Euro.
So wird der Anstieg der Sozialausgaben unterm Strich über Schulden finanziert. Die Union wollte im Wahlkampf die Ausgaben für das Bürgergeld noch stark kürzen. In der CDU/CSU-Fraktion gibt es daher Kritik an den Haushaltsplänen. Auf die linken Oppositionsparteien dürfte der geplante Sozial-Etat eher beruhigend wirken. Die AfD kritisiert den hohen Ausländeranteil bei den Bürgergeld-Empfängern. Zu den steigenden Rentenausgaben wird sich wohl keine der Oppositionsfraktionen kritisch äußern wollen.
Den gestiegenen Bedarf bei Kranken- und Pflegeversicherung will Klingbeil anders als bei der Rente nicht über Steuerzuschüsse, sondern nur über Darlehen in Höhe von 2,3 Milliarden Euro (Krankenkassen) und 0,5 Milliarden Euro (Pflege) finanzieren. Krankenkassenverbände warnen daher vor Beitragssteigerungen für Arbeitgeber und -nehmer. Auch hier wäre die Alternative: Schuldenfinanzierung.
4. Einsparungen: kaum vorhanden
Lediglich das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung muss Kürzungen hinnehmen, von 11,2 auf 10,3 Milliarden Euro. Ansonsten bekommen alle Ministerien großzügige Zulagen. Kritik seitens der Grünen und Linken ist programmiert.
Des Weiteren bestehen bislang keine Pläne zu einer Verwaltungsverschlankung oder einem konkreten Bürokratie-Abbau oder sonstigen Effizienzmaßnahmen, die sich beziffern lassen könnten. Immerhin soll sich das Bundespersonal bis 2029 um acht Prozent verringern – das entspricht rechnerisch einem Einstellungsstopp. Gekündigt wird also niemandem.
Wohin wandern die Milliarden wirklich?
In den kommenden Haushaltsdebatten werden die Oppositionsparteien dem Finanzminister „Haushaltstricksereien“ vorwerfen wollen. Wandern wirklich alle Milliarden aus den zusätzlichen Kreditaufnahmen und Sondervermögen dorthin, wo sie Investitionen für die Zukunft auslösen?
Tatsächlich wandert einiges an dem neuen Schuldengeld in den stetig wachsenden Sozialetat. Letztlich drohen neben Rente und Bürgergeld auch Gesundheit und Pflege die stetig steigende Schuldenfinanzierung. Denn Beitragserhöhungen würden Konsum und Wirtschaftswachstum dämpfen. Und Leistungskürzungen honoriert der Wähler nicht. So ließe sich als Regierungspolitiker noch am leichtesten etwas Geld bei ausländischen Bürgergeld-Empfängern einsparen, anstatt bei Rentnern, Kranken und Pflegebedürftigen. Der AfD nähme man so auch noch den Wind aus den Segeln.
Doch da die FDP nicht mehr im Bundestag vertreten ist, wird wohl keine der aktuellen Oppositionsparteien im Bundestag grundlegende Reformen bei Steuer- und Sozialsystem einfordern. Dass Union und SPD dies ebenfalls nicht wollen, zeigt ohnehin der üppige Haushaltsentwurf des Kabinetts. Man darf also gespannt sein, wie die Opposition in den kommenden Tagen die Regierung zu fassen kriegt.