„Kill Ratio“ 1 zu 10: Ukraine will Russland maximale Verluste zufügen – und ist auf dem Rückzug
Die Ukrainer halten Awdijiwka im Donbass unter eigenen schweren Verlusten. Dahinter steckt wohl eine verzweifelte Taktik gegen die russische Armee.
Awdijiwka – Der Kurznachrichtendienst X ist voll mit Bildern und Videos davon: Verluste Russlands in der Ukraine. Wie verheerend diese sind, lässt sich vor allem unter dem Hashtag #Awdijiwka nachvollziehen.
Ukrainische Militärblogger teilen reihenweise Videos von gescheiterten russischen Vorstößen, von den Panzern Moskaus, die explodieren und in Flammen aufgehen, während die ukrainischen Streitkräfte im Kampf gegen die russische Invasion jetzt auch auf Langstrecken-Drohnen bauen. Und: Die Berichte mehren sich, dass die Ukrainer ihrerseits nach heftigen Rückschlägen in den vergangenen Monaten auch auf eine brutale Taktik setzen.
Ukraine-Krieg: Lässt Kiew gegen russische Armee auf brutale Taktik setzen?
„Unser Ziel ist eine möglichst positive Kill Ratio“, erklärte ein namentlich nicht genannter Offizier von der Front im Ukraine-Krieg laut Bild: „Bei 10 zu 1 zu unseren Gunsten machen wir weiter, bei 1 zu 1 ziehen wir uns zurück.“ Es geht demnach unter getötete Soldaten. Seit Wochen wird unter Militärbloggern bereits über diese mutmaßliche Herangehensweise diskutiert, weil der strategische Wert Awdijiwkas im Ukraine-Krieg überschaubar ist.
Die Stadt ist schließlich völlig zerbombt, wie Drohnen-Aufnahmen bei X eindrucksvoll zeigen. Die Bild zitiert einen weiteren ukrainischen Soldaten: „Jetzt gibt es keinen Druck mehr zu pushen, also wird einfach auf maximale feindliche Verluste gezielt. Positionen irrelevant, Hauptsache, die meisten Ukrainer bleiben am Leben.“ Dennoch sterben tagtäglich auch ukranische Verteidiger – zum Beispiel der 42-jährige Ruslan. Vassili Golod, Studioleiter der ARD in Kiew, teilte bei X ein Video von einem früheren Interview mit dem Soldaten, der demnach bei den Kämpfen um seine Heimat bei Awdijiwka gefallen ist. Ruslan hinterlässt zwei Kinder und eine Ehefrau.
Awdijiwka im Donbass im Ukraine-Krieg: Kontrollierter Rückzug der Ukrainer gegen die russischen Truppen
Die Lage soll in der Region bezeichnend sein: Dem Bericht zufolge findet bei Awdijiwka nach wochenlangen blutigen Kämpfen derzeit ein kontrollierter Rückzug der Ukrainer statt. Russische Militärblogger streuen gleichzeitig in den Sozialen Medien Meldungen, wonach die Truppen von Kreml-Autokrat Wladimir Putin in die Außenbezirke der Kleinstadt mit vormals 32.000 Einwohnern vorgerückt sind – wieder unter verheerenden Verlusten für die Armee Russlands.
Sie greifen die ganze Zeit an. Wir verlieren sehr viele Soldaten. Man hat keine Kraft mehr, gegen sie zu kämpfen. Sie beschießen uns mit Artillerie und mit Drohnen.
Stimmen die Berichte über die angebliche „Kill Ratio“, würde das auch empfindliche Verluste für die Ukraine selbst bedeuten – Ruslan wäre nur ein Beispiel unter vielen. „Sie greifen die ganze Zeit an. Wir verlieren sehr viele Soldaten. Man hat keine Kraft mehr, gegen sie zu kämpfen. Sie beschießen uns mit Artillerie und mit Drohnen“, schilderte ein verwundeter Soldat dem ZDF während seiner Behandlung hinter den Frontlinien im östlichen Donbass zur Situation rund um Awdijiwka. Die Hiobsbotschaften im Ukraine-Krieg reißen nicht ab.
Verluste für die Ukraine und Russland: Neue Taktik im Ukraine-Krieg bei Kämpfen im Donbass
„Selenskyj hatte eine wirklich miserable Woche“, schrieb der Korrespondent für Sicherheitspolitik, Nick Paton Walsh, in einer am Sonntag (17. Dezember) veröffentlichten Analyse für die Nachrichten-Website des US-amerikanischen Senders CNN. Denn: Präsident Wolodymyr Selenskyj bemüht sich kurz vor Weihnachten bislang vergeblich um ein 81 Milliarden Dollar schweres Militärpaket aus den USA.
Währenddessen stehen die ukrainischen Verteidiger laut CNN auch bei Robotyne in der Oblast Saporischschja sowie am östlichen Dnipro-Ufer in der Region Cherson gehörig unter Druck. Hauptziel soll es bei den Kämpfen im Ukraine-Krieg sein, defensive Stellungen zu halten – Im Donbass ist die Taktik offenbar aber eine andere.
Awdijiwka im Donbass: Verheerende russische Verluste in der Ukraine
„Bisher ist niemand bereit, sich zurückzuziehen. Die Verluste des Gegners sind um ein Vielfaches höher als unsere. Unsere Streitkräfte sind fest entschlossen, Awdijiwka so lange wie möglich zu halten, um dem Feind empfindliche Verluste zuzufügen“, erklärte Dmytro Lazutkin, ein ukrainischer Journalist, der jetzt mit der 47. Brigade in Awdijiwka kämpft, laut Nachrichtenmagazin Newsweek. Und eben jene Verluste steigen für Putin wohl unaufhörlich.
Adrienne Watson, Sprecherin des Nationalen Sicherheitsrates des Weißen Hauses in Washington, erzählte, dass Russland nach amerikanischen Einschätzungen in zwei Monaten der intensiven Kämpfe um die Donbass-Stadt über 13.000 Soldaten durch Tod oder Verwundung verloren habe. Ein Ende des Blutvergießens ist nicht in Sicht. (pm)