Analyse zum Wahlergebnis im Landkreis Weilheim-Schongau: Dobrindts siebter Streich

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Alexander Dobrindt stand am Wahlabend in München für Presseanfragen zur Verfügung. © CSU

Bereits zum siebten Mal hat sich Alexander Dobrindt im Wahlkreis Weilheim das Direktmandat für den Bundestag gesichert. Mit 45,8 Prozent lag er deutlich vor Gerrit Huy (AfD), die Dank guten Listenplatzes erneut in den Bundestag einziehen wird. Dass das auch Dobrindt wieder gelingt, ist trotz Wahlreform sicher.

Landkreis - Gibt es bei den Pollinger Wahlhelfern einen kleinen Wettbewerb zur Bundestagswahl? Fast könnte man es meinen: Waren es im September 2021 die Helfer im Dorfgemeinschaftshaus Oderding, die um 18.37 Uhr den landkreisweit ersten Stimmbezirk ausgezählt hatten, meldeten gestern Abend die Kollegen von der Alten Schule in Etting als erste Vollzug. Und das um 18.31 Uhr sogar noch ein paar Minütchen früher. Das Ergebnis: Alexander Dobrindt lag mit 44,4 Prozent (Erststimme) und 40,4 Prozent (Zweitstimme) haushoch in Führung, interessanterweise vor dem Grünen-Kandidaten Christian König, der bei Erst- und Zweitstimme jeweils über 20 Prozent und damit noch deutlich vor der AfD-Bewerberin Gerrit Huy lag (15,5 bzw. 18,4). Wie die einzelnen Gemeinden im Landkreis abgestimmt haben, können Sie in unserem Liveticker zur Bundestagswahl nachlesen.

Erst mal weiter als Landesgruppenchef

Dass das mit den Grünen nur eine Momentaufnahme war, wurde aber schnell klar, als sich der Stand im weiteren Verlauf des Abends wahlkreisweit Richtung elf bis zwölf Prozent einpendelte. Dobrindt dagegen blieb bis zum Schluss bei der Erststimme deutlich über 45 Prozent, was einen kleinen Sprung von der Wahl vor vier Jahren bedeutet, aber noch viel deutlicher bei der Zweitstimme, bei der er von 35,1 auf 41,6 sprang. Dementsprechend zufrieden war er: „Das ist ein richtig gutes Ergebnis, und ich danke den Wählern im Wahlkreis, dass ich die nächsten vier Jahre wieder für sie arbeiten darf.“

Und zwar wieder in der Regierung. Nur bei seinem ersten Einzug in den Bundestag 2002 war Dobrindt in der Opposition, von 2005 bis 2021 war die Union Regierungspartei – „und das Ziel muss immer sein zu regieren. In der Opposition hat man eben nicht so die Möglichkeiten.“ Wird es für Dobrindt wieder ein Ministeramt, wie er es schon von 2013 bis 2017 als Bundesverkehrsminister innehatte? Gehandelt wird er bereits dafür, doch Dobrindt wehrt ab: „Es ist noch viel zu früh, um über Posten zu diskutieren. Ich werde mich am Dienstag erst einmal wieder als Vorsitzender der Landesgruppe zur Wahl stellen“, sagte er. Danach werde man Koalitionsverhandlungen führen. Was dann am Ende herauskommt, müsse man sehen.

Das Ergebnis im Wahlkreis Weilheim. Das Direktmandat errang Alexander Dobrindt.
Das Ergebnis im Wahlkreis Weilheim. Das Direktmandat errang Alexander Dobrindt. © BO

Dobrindt verbrachte den Wahlabend nicht in Berlin, fehlte also beim umjubelten Einzug von Bald-Kanzler Friedrich Merz und CSU-Parteichef Markus Söder bei der Wahlparty im Konrad-Adenauer-Haus. „Das war so abgestimmt, dass Markus Söder an der Elefantenrunde der Parteichefs in Berlin teilnimmt und ich als Ansprechpartner für die Pressevertreter in München zur Verfügung stehe.“ Er war ein gefragter Mann, bereits kurz nach der ersten Prognose stand er gegen 18.10 Uhr in der ARD Rede und Antwort, sprach von einem klaren Sieg und erteilte erneut einer Koalition mit den Grünen eine deutliche Absage.

Mehr als verdoppelt hat die AfD ihr Wahlergebnis, von 7,9 Prozent in 2021 auf jetzt 16,9. Dementsprechend gut gelaunt war Gerrit Huy, die dank Listenplatz vier schon im Vorfeld ruhig schlafen konnte. „2021 bin ich um 2 Uhr morgens nach Hause gegangen und war nicht drin, heute war ich schon sehr entspannt“, sagte sie. Bei der Wahlparty im Weilheimer Wahlkreisbüro war die Bude voll, die Parteikollegen hatten sogar Sekt mit ihrem Konterfei organisiert, wie Huy gerührt erzählte.

Grüne kommen mit blauem Auge aus der Ampel heraus

Den einen oder anderen Prozentpunkt mehr hätte sie sich gewünscht, sagte sie, damit noch mehr der „sehr guten Listenkandidaten“ den Sprung schaffen. Vom Ziel der 25 Prozent, die Bayerns Spitzenkandidat Stefan Protschka beim Neujahrsempfang in Weilheim ausgegeben hatte, war die Partei aber weit entfernt. Huy selbst war übrigens deutlich gehandicapt: Beim letzten Wahlkampfauftritt in Garmisch-Partenkirchen war sie gestürzt und hatte sich die rechte Kniescheibe zertrümmert sowie ein Band im linken Sprunggelenk gerissen. Das hielt sie aber nicht vor kämpferischen Parolen ab: „Die Bürger haben genug von der gescheiterten Politik der Altparteien und wollen eine echte Wende. Ein politischer Wechsel ist nur mit der AfD möglich.“

Wieder im Bundestag: Gerrit Huy von der AfD.
Wieder im Bundestag: Gerrit Huy von der AfD. © AfD

Die restlichen Parteien mussten sich zum Teil deutlich geschlagen geben. Die SPD büßte mehr als vier Prozent ein und kam nur noch knapp über zehn Prozent, überflügelt auch von den Grünen. Als einzige Ampel-Partei konnte sie ihr Ergebnis einigermaßen erträglich gestalten, bleibt drittstärkste Kraft und legte bei den Erststimmen sogar leicht zu. Direktkandidat Christian König ist zufrieden. „Mich macht das sehr glücklich.“ Sein Resümee: „Wir sind gut aus der Ampel-Regierung rausgekommen.“ Dies liege daran, dass sich die Grünen nicht wegduckten, sondern Lösungsvorschläge für die aktuellen Herausforderungen lieferten. Und mit Robert Habeck habe man einen starken Spitzenkandidaten gehabt. Wie alle anderen Direktkandidaten außer Dobrindt und Huy hatte König aufgrund eines schlechten Listenplatzes keine realistische Chance auf ein Mandat gehabt.

Linke als große Überraschung

Die Überraschung des Abends war, wie auch bundesweit, das Abschneiden der Linken, die bei den Zweitstimmen sowohl die Freien Wähler als auch die FDP hinter sich ließ und auf 4,8 Prozent der Stimmen kam. So ein Ergebnis hatte es zuletzt 2017 gegeben, als sogar 5,4 Prozent erreicht worden waren.
Massiv verloren haben die Freien Wähler, die sich bei der Zweitstimme von 8,4 auf 4,4 Prozent fast halbierten. Das neu gegründete Bündnis Sahra Wagenknecht landete mit 2,8 Prozent im geschlagenen Feld, ÖDP und Volt, die ebenfalls noch Direktkandidaten ins Feld geschickt hatten, kamen bei den Zweitstimmen nur auf 0,7 bzw. 0,5 Prozent. Ähnlich schnitten noch die Tierschutzpartei (0,7 Prozent) und Die Partei (0,5) ab.

Wie ist das Ergebnis der Bundestagswahl einzuordnen? Das lesen Sie im Kommentar unseres Redaktionsleiters Boris Forstner.

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