Washingtons neue Sicherheitsstrategie setzt Europa unter Druck. Kurz vor dem London-Gipfel bringt eine SPD-Politikerin deutsche Soldaten in die Ukraine-Debatte ein.
Berlin – Wie kann ein Ende des Ukraine-Krieges aussehen? In den Verhandlungen dazu reiste der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj zuletzt zu Gesprächen mit US-Vertretern nach Florida und wird am Montag (8. Dezember) in London erwartet. Dort trifft er Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU), den französischen Präsidenten Emmanuel Macron und den britischen Premierminister Keir Starmer. Im Vorfeld des Treffens schloss die stellvertretende Vorsitzende der SPD-Bundestagsfraktion, Siemtje Möller, auch europäische Soldaten zur Friedenssicherung in der Ukraine nicht aus.
„Wenn wir Sicherheitsgarantien gemeinsam aussprechen wollen, dann müssen wir eine Rolle spielen“, sagte sie im „Berlin Playbook Podcast“ von Politico. Die Frage, ob das auch deutsche Soldaten einschließe, beantwortete die SPD-Politikerin mit: „Sicherlich auch Soldaten irgendwann, ja.“ Möller betonte aber, es sei „vom Bundestag zu entscheiden“, ob deutsche Truppen auch in der Ukraine zum Einsatz kommen könnten. CDU-Außenpolitiker Norbert Röttgen schloss deutsche Bodentruppen in der Ukraine zuletzt hingegen aus. Seiner Auffassung nach sei „das nicht realistisch“, sagte er dem ZDF vor rund einer Woche. „Und wir sollten realistisch sein, denn leere Versprechungen hat die Ukraine genug gehabt.“
Ebenso äußerte sich der bayerische Ministerpräsident Markus Söder (CSU). „Es ist für mich kaum vorstellbar, dass Nato-Truppen dort stationiert sind. Das würde Russland keinesfalls akzeptieren. Denn es wäre die Vorstufe des Beitritts der Ukraine in die Nato“, so Söder im September zur Rheinischen Post. Außerdem sei die Bundeswehr dafür nicht bereit, so der CSU-Politiker weiter. Militärexperten wie etwa der frühere Berater von Angela Merkel, Erich Vad, sowie der ehemalige Nato-General Erhard Bühler betonen ebenfalls, der Westen müsse alles daran setzen, keine Kriegspartei zu werden.
Europa unter Zugzwang: Was die neue US-Sicherheitsstrategie für die Verteidigung Europas bedeutet
SPD-Fraktionsvize Möller forderte mit Blick auf den Gipfel in London, Europa müsse trotz geopolitischer Verschiebungen handlungsfähig bleiben. „Heute treffen sich drei Staats- und Regierungschefs, die alles daran setzen, dass Europa eine Rolle spielt“, so die Politikerin im Politico Podcast. „Wenn es um Sicherheitsgarantien, territoriale Grenzen und Zukunftsperspektiven für die Ukraine geht, dann geht es auch um unsere Sicherheit und die unseres Kontinents.“ Zuletzt hatte die US-Regierung ihre Sicherheitsstrategie überarbeitet. Laut einem in der vergangenen Woche veröffentlichten US-Strategiepapier will Washington künftig stärker auf eigene Interessen achten - und hat damit den Druck auf Europa weiter erhöht.
Sicherheitsexperten bewerteten das neue US-Strategiepapier als Aufkündigung der US-Unterstützung für Europa. „Erstmals seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs stehen die USA nicht mehr an der Seite der Europäer“, sagte am Sonntag CDU-Außenpolitiker Röttgen dem RedaktionsNetzwerk Deutschland. Die USA stellen laut einer Analyse des Friedensforschungsinstituts SIPRI rund 70 Prozent der militärischen Fähigkeiten der Nato. Der nukleare Schutzschirm der USA ist aus Sicht von Militärexperten nicht von Europäern ersetzbar. Schon im Mai hatte eine Rede von Pentagon-Chef Pete Hegseth eine sicherheitspolitische Abkehr von Europa angedeutet. (Quellen: AFP, dpa, Handelsblatt, RND, ZDF, Rheinische Post, SIPRI) (bme)