Ukraine-Krieg - Stimmen und Entwicklungen - Bürgermeister Klitschko warnt vor erneuter russischer Offensive auf Kiew

Klitschko: „Kiew war ein Ziel und bleibt ein Ziel“

Sonntag, 31. März, 07.15 Uhr: Der Kiewer Bürgermeister Vitali Klitschko hat zum zweiten Jahrestag von Butscha vor einem erneuten Großangriff auf Kiew gewarnt. „Kiew war ein Ziel und bleibt ein Ziel für Putin, weil die Hauptstadt das Herz des Landes ist“, sagte Klitschko der „Bild am Sonntag“. „Wir wissen das und wir sind viel besser vorbereitet als vor zwei Jahren für mögliche neue Angriffe.“ Klitschko sagte weiter, dass immer alle Szenarien einkalkuliert werden müssten. „Wenn Putin eine solche Entscheidung trifft, dann wird es eine blutige Entscheidung.“

Der Kiewer Bürgermeister kritisierte unterdessen SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich scharf für seine Aussagen zu einem „Einfrieren“ des Krieges. Klitschko sagte „Bild am Sonntag“ weiter: „Es ist eine falsche Einstellung, stattdessen brauchen wir mehr Unterstützung. Wir werden keine Gebiete an Russland abgeben. Das kann kein Kompromiss sein.“

Klitschko forderte die weitere Lieferung von Luftabwehr-Systemen: „Die Raketen-Angriffe nehmen weiter zu, wir brauchen dringend weitere Patriot-Raketen und weitere Möglichkeiten, die Menschen zu schützen.“

Weiter Stromabschaltungen in mehreren ukrainischen Regionen

21.50 Uhr: Infolge russischer Angriffe ist es in mehreren ukrainischen Gebieten bei der Stromversorgung erneut zu Notabschaltungen gekommen. Der Stromversorger DTEK sowie regionale Behörden berichteten am Samstagabend von Engpässen in Dnipropetrowsk, Sumy und Poltawa. Auch Charkiw im Osten, das derzeit besonders stark von russischem Beschuss betroffen ist, hat weiter Probleme bei der Energieversorgung. 

Präsident Wolodymyr Selenskyj sprach in seiner abendlichen Videoansprache von „abscheulichen Attacken“ der russischen Armee und bat zum wiederholten Mal eindringlich um mehr internationale Hilfe beim Schutz der Energie-Infrastruktur seines Landes. „Wir haben die notwendigen Signale und konkrete Anfragen an all unsere Partner gesendet, die über die nötigen Luftverteidigungssysteme und Raketen verfügen“, sagte er. „Amerika, Europa und andere Partner wissen genau, was wir brauchen.“

Nach mehr als zwei Jahren Angriffskrieg zielt Russlands Armee derzeit wieder verstärkt auf die ukrainische Energieinfrastruktur, um die Versorgung der Bevölkerung mit Strom und Wärme lahmzulegen. Kiew spricht deshalb auch von „Energieterror“. 

London: Moskau rekrutiert monatlich 30 000 Menschen für Ukraine-Krieg

16.34 Uhr: Das russische Militär rekrutiert nach Einschätzung britischer Experten pro Monat etwa 30.000 Menschen für seinen Angriffskrieg in der Ukraine. Das ging aus dem täglichen Geheimdienstbericht des Verteidigungsministeriums in London am Samstag hervor. Moskau werde so wohl auch weiterhin Verluste bei seinen Soldaten ausgleichen und seine Angriffe in dem Abnutzungskrieg gegen die Ukraine fortsetzen können, hieß es in der auf X (vormals Twitter) verbreiteten Mitteilung. Russland hat demzufolge auch hinsichtlich Munition und Ausrüstung weiterhin einen quantitativen Vorteil gegenüber den Ukrainern.

Westlich der kürzlich von den russischen Angreifern eingenommenen Ortschaft Awdijiwka können die Russen demnach weiterhin schrittweise vorstoßen, so die Mitteilung weiter. Ende März seien mit großer Wahrscheinlichkeit auch die Dörfer Tonenke und Orliwka in die Hände der Russen gefallen. Weitere sind demnach umkämpft. Trotz zahlreicher anhaltender Angriffe an anderen Stellen der Frontlinie schätzen die Briten die russischen Fortschritte in den vergangenen Wochen als gering ein.

Selenskyj entlässt mehrere Berater

15.47 Uhr: Inmitten der aktuell schwierigen militärischen Lage im Abwehrkampf gegen die russische Invasion hat der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj mehrere Berater entlassen. Betroffen ist unter anderen sein Assistent Serhij Schefir, der den Posten seit 2019 innehatte, wie aus einem am Samstag veröffentlichten Dekret hervorgeht. Ein Pressesprecher begründete die Entlassungen laut ukrainischen Medien mit einer „Optimierung des Personals“ im Präsidialamt.

Selenskyj hat in den vergangenen Monaten mehrfach teils ranghohe Bedienstete ausgetauscht. Für besonderes Aufsehen sorgte, als im Februar der Oberkommandierende der Streitkräfte, Walerij Saluschnyj, seinen Posten räumen und an Olexander Syrskyj abgeben musste. Mehr als zwei Jahre nach Beginn des russischen Angriffskriegs ist die Lage für die Ukraine an der Front derzeit sehr schwierig - auch, weil westliche Hilfen stocken. 

Drohnenangriffe auf Ukraine - 9 von 12 Flugobjekten abgewehrt

Samstag, 30. März, 10.08 Uhr: Russland hat die Ukraine ist in der Nacht zum Samstag erneut mit Kampfdrohnen angegriffen. Von insgesamt zwölf Drohnen seien neun abgewehrt worden, teilte die ukrainische Luftwaffe am Morgen auf Telegram mit. Darüber hinaus habe Russlands Armee vier Raketen der Typen S-300 und S-400 eingesetzt. In der zentralukrainischen Region Poltawa berichtete die Militärverwaltung, dass ein Infrastrukturobjekt von Drohnen getroffen worden sei. Um was für ein Objekt es sich genau handelt, war zunächst nicht bekannt. Opfer gebe es aber keine, fügte die Behörde hinzu.

Ukraine-Armeechef droht Russen: Bei Angriff „wird Charkiw für sie zur tödlichen Stadt“

21.45 Uhr: Nach Einschätzung westlicher Expertem droht der ukrainischen Stadt Charkiw erneut Gefahr durch eine russische Offensive. „Wir können jede Information über die Vorbereitungen des Feindes auf Angriffshandlungen nicht ignorieren und ergreifen daher alle Maßnahmen, um auf eine solche Wahrscheinlichkeit angemessen zu reagieren“, sagt der ukrainische Armeechef Oleksandr Syrskyj in einem Interview mit der ukrainischen Nachrichtenagentur „Ukrinform“.

Bei den Vorbereitungen soll es sich laut Syrskyj um „die Aufstellung eines komplexen Hindernissystems und Pläne für den Einsatz unserer Truppen“ handeln. Er betont in dem Interview, dass die Ukraine bereits Erfahrung in diese Region habe.

Mit der erfolgreichen Gegenoffensive im September 2022 gelang es der Ukraine den Oblast Charkiw weitestgehend befreit werden „Sollten die Russen erneut dorthin ankommen, wird Charkiw für sie zur tödlichen Stadt“, droht der Armeechef in Richtung Putin.

Bundestags-Experten: Bodentruppen in Ukraine völkerrechtlich zulässig

16.50 Uhr: Ein Einsatz von Bodentruppen durch ein Nato-Land in der Ukraine würde nach Einschätzung der Wissenschaftlichen Dienste des Bundestages nicht automatisch alle anderen Nato-Länder zu Konfliktparteien machen. Zwar würde der betreffende Staat selbst zur Konfliktpartei, wie aus einem noch unveröffentlichten sogenannten Sachstand der Expertenabteilung des Parlaments hervorgeht. „Handelt der Nato-Mitgliedstaat dabei unilateral – also nicht im Rahmen einer vorher beschlossenen Nato-Operation und außerhalb militärischer Nato-Kommandostrukturen – werden dadurch weder die Nato als Ganzes noch die anderen Nato-Partnerstaaten zu Konfliktparteien“, heißt es in dem Papier weiter, das der Deutschen Presse-Agentur vorliegt.

Frankreichs Präsident Emmanuel Macron hatte Ende Februar einen Einsatz von Bodentruppen in der Ukraine für die Zukunft nicht ausgeschlossen. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hatte daraufhin einer Entsendung von westlichen Soldaten in die Ukraine dagegen eine klare Absage erteilt.  

Die AfD-Abgeordnete Beatrix von Storch hatte daraufhin nach Angaben ihres Büros bei den Wissenschaftlichen Diensten gefragt, welche Auswirkungen eine Entsendung von Bodentruppen eines Nato-Staates mit Blick auf den sogenannten Bündnisfall hätte, in dem die Nato-Mitglieder dazu verpflichtet sind, füreinander einzustehen. 

Die Bundestag-Experten schreiben dazu: Engagieren sich Truppenteile eines Nato-Mitgliedstaates in Ausübung kollektiver Selbstverteidigung (Art. 51 VN-Charta) zugunsten der Ukraine in einem bestehenden Konflikt (zwischen Russland und der Ukraine) und werden dabei von der anderen Konfliktpartei (Russland) im Zuge des Gefechts im Konfliktgebiet attackiert, so stellt dies keinen Fall von Art. 5 Nato-Vertrag dar." Verwiesen wird darauf, dass der Bündnisfall laut Nato-Vertrag daran geknüpft ist, dass Nato-Länder und Truppen auf oder über ihrem Territorium angegriffen werden.

„Ein militärisches Engagement französischer Bodentruppen zugunsten der Ukraine würde auf der Grundlage des kollektiven Selbstverteidigungsrechts nach Art. 51 VN-Charta erfolgen und wäre damit völkerrechtlich zulässig“, heißt es in dem Papier und weiter: „Eine militärische Reaktion Russlands gegen Ziele in Frankreich würde dagegen einen (völkerrechtswidrigen) “bewaffneten Angriff" i.S.v. Art. 5 NATO-Vertrag darstellen, der die tatbestandlichen Voraussetzungen für eine Proklamation des Nato-Bündnisfalles begründete." 

Finanzminister warnt vor Einfrieren des Ukraine-Krieges -"Putin darf seine Kriegsziele nicht erreichen"

16.20 Uhr: Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) hat sich gegen die Forderungen des SPD-Fraktionschefs Rolf Mützenich gestellt, den Krieg in der Ukraine einzufrieren. „Eine solche Situation kann man nicht einfrieren. In allen Staaten, die sich von Putin bedroht fühlen, wie etwa im Baltikum, kommen solche Überlegungen nicht gut an“, sagte Lindner im Interview mit dem „Kölner Stadt-Anzeiger“ (Samstag-Ausgabe).