„Das ist selten“ – Wie Forscher den Asteroiden 2024 YR4 einschätzen
Der Asteroid 2024 YR4 könnte 2032 die Erde treffen – doch Fachleute bleiben erstaunlich gelassen. Woran das liegt und wie es weitergeht.
München – Im Jahr 2032 könnte der Asteroid 2024 YR4 der Erde gefährlich nahekommen. Sogar ein Asteroideneinschlag ist dann möglich. Die Raumfahrtorganisationen Esa und Nasa beziffern die Wahrscheinlichkeit derzeit mit 2,4 beziehungsweise 2,6 Prozent (Stand: 18. Februar 2025). „Das ist selten, es ist viele Jahre her, dass wir einen Asteroiden mit dieser Einschlagwahrscheinlichkeit hatten“, hebt der Astronomie-Professor Danny Steeghs von der University of Warwick hervor. Was tut die Forschung gegen den Asteroiden und wie gefährlich ist der mögliche Asteroideneinschlag überhaupt? Ein Blick auf die Einschätzungen von Fachleuten.
Es stellt sich beispielsweise die Frage, warum sich die Einschlagwahrscheinlichkeit für den Asteroiden quasi täglich ändert. Das kann der Astronomie-Professor Martin Ward (Durham University) beantworten: „Die Art und Weise, wie diese Prozentsätze für die Einschlagwahrscheinlichkeit berechnet werden, basiert auf Extrapolationen der Flugbahn des Asteroiden und der Position der Erde beim Eintreffen des Asteroiden. Sie werden mit der Zeit immer genauer, je mehr Daten wir erhalten.“
Asteroid 2024 YR4 wird von großen Teleskopen genau beobachtet
Doch woher stammen die Daten, die Ward meint? Sein Fachkollege Steeghs erklärt, wie sie entstehen: „Die Messungen, die in diese Berechnungen einfließen, werden von einer Reihe von Teleskopen gesammelt. Diese werden weltweit ausgetauscht, sodass eine Reihe von Teams Bahnprojektionen berechnen können. Jedes Mal, wenn neue Daten hinzukommen, können die Berechnungen verfeinert werden.“ Daher schwanke die Zahl ständig etwas. „In der Anfangsphase kann sie sich unregelmäßig ändern. Mit zunehmender Genauigkeit wird sie sich auf einen Wert einpendeln“, prognostiziert Steeghs.
An der Beobachtung des Asteroiden 2024 YR4 sind große Teleskope auf der ganzen Welt beteiligt, auch die Europäische Südsternwarte ESo beteiligt sich daran. „Observatorien auf der ganzen Welt arbeiten daran, die Umlaufbahn zu verfeinern“, erklärt der ESO-Astronom Olivier R. Hainaut. „Das braucht Zeit, man muss warten, bis sich der Asteroid bewegt, um mehr Messungen zu machen“, sagt der Experte.
Nur noch bis Anfang April kann 2024 YR4 mit Teleskopen beobachtet werden
Hainaut betont, dass der Asteroid nur noch etwas mehr als einen Monat lang mit großen Teleskopen sichtbar bleibt. „Etwa Anfang April wird er für die meisten Teleskope außer Reichweite sein. Hoffentlich ist dann der Orbit genug verfeinert, um einen Einschlag komplett auszuschließen“, sagt der Wissenschaftler.
In Kürze soll auch das „James Webb“-Weltraumteleskop (JWST) zur Beobachtung des Asteroiden 2024 YR4 eingesetzt werden. Das Teleskop soll vor allem die Größe des Asteroiden genauer bestimmen. Diese Information sei von „entscheidender Bedeutung“, erklärt James O‘Donoghue von der University of Reading. Ein größerer Asteroid könnte erheblich mehr Schaden auf der Erde anrichten als ein kleinerer.
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Asteroid 2024 YR4 ist 40 bis 90 Meter groß – genaue Größe ist unklar
Experten schätzen derzeit, dass der Asteroid zwischen 40 und 90 Metern groß ist – eine große Spanne, die die Forschung gerne verkleinern möchte. O‘Donoghue hat Zahlen parat: „Ein 80-Meter-Asteroid würde mit achtmal mehr Energie einschlagen als ein 40-Meter-Asteroid, da eine Verdoppelung des Durchmessers das Volumen und die Masse um den Faktor acht erhöht. Zum Vergleich: Ein 40-Meter-Asteroid hat die Energie von einigen Megatonnen TNT, vergleichbar mit einem Atomsprengkopf, während ein 90-Meter-Asteroid mehr als 50 Megatonnen hat – das entspricht in etwa der Zar-Bombe, dem stärksten jemals gezündeten Atomsprengsatz.“
Dass die Größe des Asteroiden nicht genau bekannt ist, stellt ein Problem dar, sagt Steeghs: „Wir kennen die Größe des Objekts noch nicht genau, und davon hängt ab, was ein Einschlag anrichten könnte und wie wir ihn abmildern könnten.“ Darren Baskill von der University of Sussex betont: „Es gibt keine Systeme, die einen Asteroideneinschlag verhindern könnten, falls sich ein Asteroid auf Kollisionskurs befinden sollte. Das wird sich hoffentlich in den nächsten siebeneinhalb Jahren ändern, nur für den Fall!“
Was tun, wenn der Asteroid nicht mehr sichtbar ist und die Einschlaggefahr bleibt?
Sollte der Asteroid 2024 YR4 nach dem Ende des Sichtbarkeitszeitraums im April weiterhin eine Einschlagwahrscheinlichkeit von mehr als einem Prozent aufweisen, „dann ist es an der Zeit, mögliche Weltraummissionen zur Schadensbegrenzung zu starten“, betont ESO-Astronom Hainaut. Der Experte bleibt jedoch optimistisch: „Denken Sie daran, dass der Asteroid nicht sehr groß ist. Möglicherweise ein paar Mal größer als der Asteroid, der 2013 in Tscheljabinsk einschlug – aber etwa 150 Mal kleiner als der Dinosaurier-Killer von Chicxulub.“
Auch Astronomie-Professor Ward betrachtet die Situation des Asteroiden 2024 YR4 gelassen: „Die Erde ist zu 70 Prozent mit Wasser bedeckt und von der restlichen Landmasse sind 33 Prozent Wüste.“ Man weiß bereits, in welchem Bereich der Asteroid auf die Erde treffen könnte, falls ein Einschlag nicht ausgeschlossen werden kann – mit dem Pazifik, dem Atlantik und dem Arabischen Meer sind gleich drei Ozeane betroffen. (tab)