Aus Sorge um Prestigeprojekt: Putin schickt Geisterflotten auf heikelste Mission

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Putin will die russische Wirtschaft ankurbeln. Der Druck der Sanktionen wächst – eine wichtige Rolle kommen dabei auf seine Geisterflotten zu. © Maxim Shemetov/dpa

Russlands Wirtschaft bekommt die Folgen der Sanktionen gegen russisches LNG stärker zu spüren. Putins Ausweichmöglichkeiten sind offenbar Geisterflotten.

Moskau – Dem Westen zum Trotz: Da der Export von LNG einer der wichtigsten Einnahmequellen für Russlands Wirtschaft ist, greift Wladimir Putin offenbar auf ein alt bekanntes Muster zurück. Kurz nachdem die EU erstmals russisches LNG sanktioniert hatte, gab es Anzeichen, dass Putin Geisterflotten für den Transport von russischem LNG organisiert. Nun schickt Putin offenbar tatsächlich solche Tanker auf See, die erstmals LNG-Lieferungen durchführen sollen, um Putins sanktioniertes Herzensprojekt „Arctic LNG 2“ voranzutreiben.

Russlands Wirtschaft unter Druck der Sanktionen – Putin setzt wohl Geisterflotten für LNG-Transport ein

Satellitenbilder zeigen offenbar Vorgänge, wie ein mit Sanktionen belegter LNG-Tanker eine Ladung mit russischem LNG auf ein anderes Schiff im Mittelmeer umladen will. Es handelt sich dabei wohl um den Tanker „Pioneer“. In der vergangenen Woche hatten die USA Beschränkungen gegen sieben mit Russland verbundene LNG-Tanker verhängt, darunter auch der genannte Tanker „Pioneer“.

Mehrere Medien, darunter Bloomberg, berichten am 25. August, dass der sanktionierte Tanker Satellitenbildern zufolge etwa 30 Kilometer nordöstlich von Ägyptens Port Said gemeinsam mit einem anderen Schiff entdeckt wurde. Bei dem Empfängerschiff handelt es sich um die New Energy, die nach Angaben von TankerTrackers.com keinen Beschränkungen oder Sanktionen unterliegt.

Satellitenbilder zeigen: Putin umgeht offenbar Sanktionen gegen Russlands Wirtschaft

Der Tanker „Pioneer“ fuhr wohl an Norwegen vorbei nach Südeuropa und kreiste tagelang nördlich von Ägyptens Port Said, bevor er am 22. August den AIS-Transponder deaktivierte. Das Empfängerschiff kam aus dem Süden über den Suezkanal und deaktivierte ebenfalls seinen Transponder.

So gehen in der Regel Geisterflotten vor: Sie schalten häufig ihre Transponder aus, damit sie über das automatischen Identifikationssystem (AIS) nicht mehr geortet werden können. Sollte die Umladung wirklich so vollendet worden sein, wäre dies eine heikle Mission für Putins Geisterflotten. Denn die Umladung von LNG auf hoher See außerhalb von Hafenanlagen gilt laut dem maritimen Nachrichtendienst gCaptain als größere Herausforderung, als die Umladung von russischem Rohöl.

EU sanktioniert erstmals russisches LNG – Putin plant Ausbau von Geisterflotten

Im Zuge der EU-Sanktionen gegen russisches LNG wurde die Umladung von russischem Flüssigerdgas innerhalb europäischer Häfen untersagt worden. Die Sanktionen unterbinden allerdings nicht den direkten LNG-Import. Die Folgen könnten Russlands Wirtschaft trotzdem einen Dämpfer geben: „Wenn Russland nicht in der Lage ist, russisches LNG in Europa umzuladen, würde dies die Lieferzeit verlängern, was auch dazu führen würde, dass die Schiffe nicht optimal ausgelastet werden können und damit das exportierte Volumen reduziert wird“, sagte bereits eine Energieexpertin im Gespräch mit IPPEN.MEDIA.

Als Reaktion auf die Maßnahmen der USA hat Putin offenbar ein Netzwerk von LNG-Tankern aufgebaut. Wie die Financial Times im Juli berichtete, haben mysteriöse Käufer und Unternehmen mit mutmaßlichen Verbindungen zu Russland viele Schiffe erworben, die LNG transportieren könnten. Insider aus der Schifffahrtsbranche hätten mitgeteilt, dass der Erwerb vor allem im Jahr 2023 gestiegen sei. Die Unternehmen seien größtenteils in den Vereinigten Arabischen Emiraten registriert.

„Keine Überraschung“ – Putin erwägt wegen Sanktionen gegen Russlands Wirtschaft bekanntes Muster

Für Experten ist es nicht ungewöhnlich, dass Putin auch auf Schattenflotten setzen könnte, um sein LNG-Geschäft voranzutreiben. Immerhin hat Putin auch Geisterflotten in der Vergangenheit auch in seine Öl-Geschäfte involviert. „Es ist keine Überraschung, dass Russland auf den Bau einer LNG-Schattenflotte zurückgreift, so wie es eine Öl-Schattenflotte aufgebaut hat, um die Preisobergrenze der G7 und der EU für russische Ölexporte zu umgehen“, so Agathe Demarais, von der Denkfabrik European Council on Foreign Relations gegenüber Bloomberg.

Das Risiko- und Compliance-Team der Schiffsüberwachungsgruppe Kpler erklärte gegenüber der Financial Times, die jüngsten Entwicklungen deuten „auf ein komplexes Netzwerk von maritimen Operationen hin, die möglicherweise mit russischen Interessen verbunden sind“. (bohy)

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