Besorgnis über nächsten Schritt Russlands: Droht Atomschlag im Falle von Putins Niederlage?

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Der Vorsitzende des Nationalen Sicherheitsrates in Kiew äußert Bedenken über einen Atomwaffen-Einsatz. Doch wie wahrscheinlich ist das wirklich?

Kiew – Russlands Präsident Wladimir Putin könnte den Einsatz taktischer Atomwaffen anordnen, wenn die russische Armee in der Ukraine eine endgültige Niederlage erleidet. Das befürchtet zumindest der Vorsitzende des Nationalen Sicherheitsrates der Ukraine in Kiew. In einem Interview mit der Times sprach Oleksandr Lytvynenko über mögliche Konsequenzen, die der Kreml aus einem Scheitern in der Ukraine ziehen könnte.

Die Aussagen folgen auf eine Stellungnahme der G7-Staats- und Regierungschefs bei ihrem Gipfel in Italien. Dort warnten sie, dass der Einsatz „chemischer, biologischer und nuklearer Waffen“ durch Russland „schwere Konsequenzen“ für Moskau nach sich ziehen würde. Auch China hatte bereits erklärt, dass jeder Einsatz von Atomwaffen inakzeptabel sei.

Wird Präsident Putin Atomwaffen einsetzen? Falls er eine vernichtende Niederlage in der Ukraine kassiert, ist das möglich. Sagt zumindest der Vorsitzende des Nationalen Sicherheitsrates in Kiew.
Wird Präsident Putin Atomwaffen einsetzen? Falls er eine vernichtende Niederlage in der Ukraine kassiert, ist das möglich. Sagt zumindest der Vorsitzende des Nationalen Sicherheitsrates in Kiew. © Mikhail Metzel/dpa

Kiew: Einsatz taktischer Atomwaffen hängt vom Kriegsausgang ab

Seit dem Angriff Russlands im Jahr 2022 haben Kreml-Politiker wiederholt damit gedroht, Atomwaffen gegen die Ukraine oder westliche Länder einzusetzen. Aufgrund der häufigen Drohungen nehmen viele westliche Politiker die Aussagen aber nicht mehr ernst. Man vermutet einen Bluff, um die Verbündeten Kiews einzuschüchtern.

Auf die Frage, ob es Umstände gebe, unter denen Putin taktische Atomwaffen einsetzen könnte, antwortete Lytwynenko: „Wir können nichts ausschließen, wenn Russland am Rande einer katastrophalen Niederlage steht.“ Eine solche Niederlage könnte den Zusammenbruch der russischen Frontlinien, Fahnenflucht von Soldaten und Proteste in Moskau auslösen. Solange Russland die Oberhand im Krieg habe, müsse nicht mit einem Atomwaffeneinsatz gerechnet werden, sagte Lytwynenko.

Ukraine-Krieg: Putin muss unbedingt sein Gesicht wahren

Taktische Atomwaffen sind für den Einsatz auf dem Schlachtfeld oder für begrenzte Angriffe konzipiert und haben eine viel geringere Sprengkraft als strategische Atomwaffen, die Städte dem Erdboden gleichmachen können. Seit 1945 wurde in keinem Konflikt mehr eine Atomwaffe gezündet.

Lytwynenko glaubt nicht, dass Putin jemals strategische Atomwaffen einsetzen würde, anders als vielleicht taktische. Denn strategische Atombomben würden einen Dritten Weltkrieg auslösen, und das wolle Putin nicht, erklärt der ukrainische Beamte. „Er will leben“, sagte der Vorsitzende des Nationalen Sicherheitsrates. Eine stückweise Niederlage Russlands in der Ukraine führe aber nicht zwangsläufig zu einem Atomwaffeneinsatz. Wenn Putin das russische Volk die Aktion als einen Sieg verkaufen könne, bliebe das Gesicht des Präsidenten gewahrt. Da das Fernsehen in Russland in staatlicher Hand liegt, ist eine solche Beeinflussung der Menschen nicht unwahrscheinlich.

Ukrainische Opposition nimmt Aussagen skeptisch auf

Oleksandra Ustinova, eine Oppositionsabgeordnete, die den ukrainischen Parlamentsausschuss für Waffen und Munition leitet, reagierte laut Bericht von NPR skeptisch auf Lytvynenkos Kommentare. „Putin ist verrückt, aber er versteht trotzdem, dass es Dinge gibt, die man tun kann, und Dinge, die man nicht tun kann“, sagte sie.

Lytvynenko, der frühere Chef des ukrainischen Auslandsgeheimdienstes, wurde im März zum Chef des Nationalen Sicherheitsrates ernannt. Er studierte von 1989 bis 1994 Kryptographie an der KGB-Akademie in Moskau und verfügt über Berufserfahrung am Royal College of Defence Studies in London.

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