Die Doku über Rapper Haftbefehl sorgt für Aufsehen. Sie zeigt, dass der Rapper, sein Vater und weitere Verwandte mit Depressionen zu kämpfen hatten – und zum Teil noch immer haben. Mimoun Azizi, Psychiater und Neurologe, erklärt im Interview mit FOCUS Online, wie Depressionen über Generationen weitergegeben werden und wie man sie erkennen und vorbeugen kann.
Depressionen in der Familie: Genetik und Sozialisation spielen eine Rolle
"Tatsächlich sehen wir bei Haftbefehl, dass sich diese Problematik über mehrere Generationen erstreckt", sagt Azizi. Ursachen seien multifaktoriell: "Die Sozialisation spielt eine Rolle. Lernen am Modell, also das Abgucken: Was macht der Vater, wenn er in Schwierigkeiten gerät? Genetische Prädispositionen spielen eine Rolle. Wir sehen hier mehrere Faktoren: Sozialisation, Lernen am Modell, genetische Prädisposition."
Man ist den Genen nicht ausgeliefert
Doch man sei den Genen nicht vollständig ausgeliefert: "Wir haben natürlich durch diese genetische Prädisposition eine gewisse Vulnerabilität, die getriggert werden kann durch äußere Einflüsse. Aber nicht alle erkranken an Depressionen, die eine genetische Prädisposition haben." Entscheidend seien Umfeld, Ernährung, Bewegung, soziale Kontakte und frühzeitige Therapie.
Gesellschaftliche Verantwortung: Lernen von Haftbefehl
Azizi betont die gesellschaftliche Bedeutung der Doku: "Wenn wir daraus lernen, diesen Menschen zu helfen, entsprechende Strukturen zu stärken, mehr Therapieplätze, mehr Fachkräfte, mehr Prävention und Aufklärungsarbeit zu leisten, dann ist diese Dokumentation hervorragend und wirklich eine wunderbare Sache, die wir nutzen können, um auf dieses Krankheitsbild aufmerksam zu machen."