Er gab seiner Frau ein Bussi und wollte in die Arbeit: Familienvater bei tragischem Unfall getötet

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Marc Zinka starb fünf Tage vor seinem 52. Geburtstag. Ein Lkw-Fahrer nahm ihm auf der B11a die Vorfahrt. Der Familienvater war mit seinem Motorrad auf dem Weg nach Wolfratshausen gewesen. © Privat

Das gemeinsame Frühstück war ihr letztes. Marc Zinka kam bei einem Verkehrsunfall ums Leben. „Die Trauer frisst einen auf“, sagt die Witwe.

Marc Zinka war ein Sonnenschein. Für seine Frau, seine Töchter, seine Mandanten und seine Sportgruppen. Der renommierte Strafverteidiger starb am 18. September bei einem Verkehrsunfall auf dem Autobahnzubringer in Wolfratshausen. Fünf Tage vor seinem 52. Geburtstag. Ein Lkw-Fahrer hatte ihm wie berichtet die Vorfahrt genommen. Zinka wollte sein Motorrad ausführen. Die Triumph stand viel zu oft nur herum. Und eigentlich war der Tag, an dem er frei hatte, ganz anders geplant gewesen. Der Familienvater wollte sich ein großes Tattoo stechen lassen. Der Termin wurde kurzfristig verschoben. Zinka entschied sich, doch in die Kanzlei in Wolfratshausen zu fahren. Dort wartete ein Kollege auf ihn – vergeblich.

Mit einem Kuss am Morgen verabschiedet

Seine Frau, Bettina Zinka, eine Rechtsmedizinerin, erinnert sich noch gut an diesen Tag. Beide hatten sich morgens verabschiedet wie immer. „Marc kam noch aus dem Bad, um mir ein Bussi zu geben.“ Dann fuhr die 52-Jährige nach München zur Arbeit. Irgendwann holten sie drei Polizisten aus dem Sektionssaal. Erst wollte sie die Beamten abwimmeln, auf einen anderen Tag vertrösten. Doch als die drei sie baten, sich hinzusetzen, wurde ihr klar, dass etwas Schreckliches passiert sein musste. Mit Blaulicht und Tempo 200 raste sie im Polizeiauto zur Unfallklinik nach Murnau, wo die Ärzte versucht hatten, den Juristen zu reanimieren – vergeblich.

Mit seiner Frau seit der 10. Klasse zusammen

Der Tod ihres Mannes traf die Ärztin, die in ihrem Leben zwischen 6000 und 7000 Leichen obduziert hat, völlig unvorbereitet. Die beiden waren seit der zehnten Klasse zusammen. „Ich bin immer davon ausgegangen, dass ich einmal als erste sterbe“, sagt sie im Gespräch mit unserer Zeitung. „Die Trauer zerfrisst einen, sie hat eine zerstörerische Gewalt“, sagt Bettina Zinka und fügt hinzu: „Man lässt sich ja nicht gehen, man benimmt sich ja.“

Aus dem Sonnenscheinhaus Zinka im Landkreis Starnberg wurde ein Trauerhaus. Und auch die Mandanten waren schwer geschockt. Tag und Nacht hatte sich der Anwalt für sie Zeit genommen. Er holte sie aus der U-Haft, verteidigte sie vor Gericht, schützte sie als Nebenkläger. „Die Mandanten haben uns die Bude eingerannt“, erinnert sich seine Witwe.

Für seine Töchter war Marc Zinka ein Held. Er beherrschte mehrere Fremdsprachen, liebte Autos, konnte blendend kochen und grillen. Seine Vernarrtheit in Autos war auf die Töchter übergegangen. Wenn der Papa sie mit dem roten Kanzlei-Auto abholte und bei Rap-Musik den Motor aufheulen ließ, zauberte er ihnen ein Strahlen ins Gesicht. Auf den langen Ferienfahrten an die französische Cote d‘Azur hielten sie nach Luxusautos Ausschau, ratschten über PS-Stärken und Verkaufspreise.

Die Zinkas hatten sich in Südfrankreich eine zweite Heimat aufgebaut. Sie kauften ein Haus, das sie liebevoll renovierten. Hier plante das Ehepaar, seinen Lebensabend zu verbringen. Hier verbrachte die Familie jeden Urlaub. Als die französischen Freunde vom Tod des Juristen erfuhren, legten sie am Haus Blumen ab.

Eine Kerze für den „Herzenstrainer Marc“

Am Unfallort in der Loisachstadt stellten Frauen ein Glas mit einer Kerze auf. In das Glas eingraviert waren die beiden Worte „Herzenstrainer Marc“. Jeden Donnerstag hatte Zinka mit Mädchen und Frauen in Geretsried Selbstverteidigung geübt. Zu diesem Sport war er nach einer schweren Knieverletzung beim Football gekommen. Außerdem riet ein Kardiologe dem 51-Jährigen, joggen zu gehen. Fortan zog der Strafverteidiger tagtäglich seine Runden. Die Hunde liefen begeistert mit.

Nach dem Tod bekam eine Hündin Depressionen. Mit traurigen Augen schaute sie Bettina Zinka jeden Morgen an. Die übernahm die Gassirunden, mehr aus Pflicht als aus Lust. Die fröhlichen Norwegisch-Runden daheim konnte sie leider nicht ersetzen. Ihr Mann, ein Sprachtalent, hatte als Jugendlicher zwei Jahre mit seinen Eltern in Norwegen gelebt und dort rasch die Landessprache gelernt. Immer wieder musste er für seine Mädels auf deren Bitte Begriffe auf Norwegisch übersetzen. Mutter Bettina versuchte, ihren Beitrag wenigstens durch das Aufzählen von schwedischen „Möbelnamen von Ikea“ zu leisten. Darüber lachten alle herzlich.

Nach Norwegen wollte Marc Zinka aber nie mehr zurückkehren, weil es dort so dunkel sei. Seine drei Mädels wollen sich aber eines Tages in den hohen Norden aufmachen, um Papas lustige Sprache wieder live zu hören.