„Umweltzerstörung mit Ansage“: Kritiker der geplanten S7-Verlängerung schlagen diese Alternative vor

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Noch ist Wolfratshausen Endstation der S7. Doch die Gleisstrecke soll in die Nachbarstadt Geretsried verlängert werden. © Sabine Hermsdorf-Hiss

Die geplante S-Bahn-Verlängerung nach Geretsried kostet Stand heute 433 Millionen Euro. Kritiker plädieren für Alternativen – wie die sogenannte Ottobahn.

Wolfratshausen/Geretsried – Don Quijote kämpfte gegen Windmühlen, weil er sie für feindliche Riesen hielt. Ohne Erfolg. Der Wolfratshauser Heinz Wensauer stemmt sich gegen die geplante Verlängerung der S-Bahn nach Geretsried. „Kuckucksbahn“, nennt er das Projekt, unter diesem Stichwort betreibt er inzwischen eine Homepage. Dort sammelt er Argumente gegen das 433-Millionen-Euro-Vorhaben, zeigt Alternativen auf und sucht Mitstreiter. Zumindest einen Wolfratshauser Bürgermeister- sowie einen Landratskandidaten weiß er auf seiner Seite: Dr. Patrick Lechner und Manuel Tessun.

„Umweltzerstörung mit Ansage“: Kritiker der geplanten S7-Verlängerung schlagen alternatives Verkehrsmittel vor

Weder Wensauer noch der promovierte Mathematiker Lechner glauben an die Wirtschaftlichkeit der Gleisverlängerung. Zudem halten beide die Flächenversiegelung durch Schienen, Brücken und Zufahrten für unverantwortlich. „Wie lange wollen wir noch zuschauen, wie unsere Heimat Stück für Stück zubetoniert wird?“, fragt Wensauer. Der Bau der „Kuckucksbahn“, von der er beharrlich spricht, sei eine „Umweltzerstörung mit Ansage“. Wer im Jahr 2025 noch von Beton träume, „hat die Zukunft verpasst“.

In Taufkirchen soll Teststrecke für Ottobahn gebaut werden

Eben jene Zukunft, „fährt solar, autonom und klimaneutral – wie die Ottobahn“, so der Wolfratshauser. Dabei handelt es sich um ein Transportsystem, das einer Gondelbahn gleicht. Schon vor gut drei Jahren sollte auf Taufkirchner Flur eine Teststrecke, ein zirka 900 Meter langer Rundkurs, entstehen – doch die Investoren stehen nicht gerade Schlange. Nach dem ersten Spatenstich im März 2022 gab‘s keine Bautätigkeiten mehr.

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Für Geretsrieds Bürgermeister Michael Müller (CSU) und seinen Wolfratshauser Amtskollegen Klaus Heilinglechner (Bürgervereinigung) ist der Zug abgefahren. Müller wähnt die größte Stadt im Landkreis „so nah dran wie noch nie“ an der S-Bahn-Verlängerung – und Heilinglechner konstatiert: „Das Ding ist aufs Gleis gesetzt.“ Bei dem seit Jahrzehnten diskutierten Infrastrukturprojekt „gibt‘s nix mehr zu bremsen“.

FDP-Bürgermeisterkandidat will sich mit S7-Verlängerung nicht anfreunden

Hier und da bekommt Wensauer Beifall, wenn er seine Einwände öffentlich kundtut. Das Gros der Entscheidungsträger winkt dagegen ab. Nicht mit der Gleisverlängerung anfreunden will sich wie berichtet der Bürgermeisterkandidat der Wolfratshauser FDP, Stadtrat Lechner. Wie Wensauer führt er die Flächenversiegelung als Gegenargument ins Feld, darüber hinaus zweifelt er die Nutzen-Kosten-Rechnung des Vorhabens an. Lechner schlägt Elektrobusse beziehungsweise die besagte Ottobahn als Alternative vor. Die favorisiert auch der Landratskandidat der ÖDP, Manuel Tessun. Die Ottobahn sei ein „minimalinvasives und innovatives Nahverkehrssystem“, so der Eglinger. Auf die Tagesordnung einer politischen Sitzung gelangte das Transportmittel bis dato nicht.

Man müsste völlig von vorne anfangen zu planen.

Als „utopisch“ bezeichnet die Ortsvorsitzende der Wolfratshauser CSU, in Personalunion Sprecherin der fünfköpfigen CSU-Stadtratsfraktion, die Gedankenspiele Lechners. Er ignoriere Tatsachen, sagte Claudia Drexl-Weile kürzlich bei der Nominierung der Stadtratskandidaten ihrer Partei (wir berichteten). Wer die S-Bahn-Verlängerung verhindern wolle, müsse „auch Stellung nehmen zu den Geldern, die bisher ausgegeben wurden und dann in den Wind zu schreiben sind“.

Lechner müsse zudem einen Zeitplan vorstellen, wenn er den Personenverkehr zwischen den Nachbarstädten mittels einer Ottobahn organisieren wolle. Drexl-Weile: „Man müsste völlig von vorne anfangen zu planen.“ (cce)

Info: Auf seiner Homepage kuckucksbahn.de sammelt der Wolfratshauser Bürger Heinz Wensauer Argumente gegen die geplante Verlängerung der S-Bahn nach Geretsried.