Putin greift nach deutschen Firmen – und enteignet Maschinenbaukonzern

  1. Startseite
  2. Wirtschaft

KommentareDrucken

Erst vor ein paar Wochen hatte Deutschland die Enteignung eines russischen Großkonzerns geplant. Jetzt macht Russland Ernst. Ein Maschinenbauer gerät zwischen die Fronten.

Bielefeld – Seitdem Russland aktiv Krieg gegen die Ukraine führt, versuchen westliche Länder, mittels wirtschaftlicher Sanktionen Druck auf Wladimir Putin auszuüben. Auch die Enteignung des russischen Rosneft-Konzerns stand bereits zur Debatte. Russland wiederum sucht nach Optionen, um dem Westen wirtschaftlich zu schaden – und enteignet den Maschinenbaukonzern DMG Mori.

Unternehmensname DMG MORI Aktiengesellschaft
Auftragseingang 2023 (DMG MORI) 2,58 Milliarden Euro
Umsatzsteigerung 2023 6,0 Prozent
EBIT-Marge 8,8 Prozent

Wladimir Putin bringt Werk von DMG Mori unter seine Kontrolle

Das betroffene Werk existiert bereits seit 2015. Ein Jahr nach dem völkerrechtswidrigen Einmarsch Russlands auf die Krim hatte DMG Mori ein Werk im russischen Ulyanovsk eröffnet. Dort wollte der Maschinenbauer Dreh- und Fräsmaschinen herstellen – „Made in Russia for Russia“. Laut dem Magazin Schweizer MaschinenMarkt lag das Investitionsvolumen bei rund 70 Millionen Euro. Weniger als neun Jahre später brachte die russische Regierung das Werk unter ihre Kontrolle.

Wladimir Putin in Moskau.
Wladimir Putin in Moskau. Erst vor ein paar Wochen hatte Deutschland die Enteignung eines russischen Großkonzerns geplant. Jetzt macht Russland Ernst. DMG Mori gerät zwischen die Fronten.  © IMAGO/Mikhail Metzel ITAR-TASS

Dabei soll die Kontrollübernahme zunächst vorläufig sein, sagten russische Offizielle dazu. DMG Mori zeigte sich pessimistisch. „Wir gehen jedoch davon aus, dass die Entscheidung der russischen Regierung final ist und eine vollständige Enteignung folgen wird“, zitierte die Wirtschaftswoche die Unternehmenssprecherin Katharina Contu. Der Schaden soll sich auf mehr als 90 Millionen Euro belaufen – den der deutsch-japanische Maschinenbauer jetzt bei der Bundesregierung geltend macht.

Der Hintergrund dazu: Mittels einer Investitionsgarantie hatte sich DMG Mori bei der Bundesregierung abgesichert, bevor das Werk überhaupt entstanden war. Solche Verträge gewährt die Bundesregierung, um deutsche Direktinvestitionen im Ausland gegen finanzielle Verluste wegen politischer Risiken abzusichern. Laut dem Bundesministerium für Wirtschaft hatte sich Deutschland allein 2023 mit rund 28,5 Milliarden Euro verbürgt, um solche Investitionen zu schützen.

DMG Mori-Werk stand angeblich schon lange still

Am Geschäftsbetrieb von DMG Mori dürfte das nur wenig ändern. Wie der Konzern selbst angab, hatte er bereits im Frühjahr 2022 – also fast mit Beginn des Ukraine-Kriegs – sämtliche Aktivitäten in Russland eingestellt. „Im Moment wird der Eindruck erweckt, wir hätten unser Versprechen gebrochen“, schrieb ein Unternehmenssprecher im Herbst 2023. „Dieser Vorwurf gegen DMG Mori ist zu 100 Prozent falsch und wir weisen ihn mit aller Kraft zurück.“

Nach dem 24. Februar 2022 habe der Konzern keine Maschinen oder Komponenten mehr nach Russland geliefert. „Darüber hinaus haben wir jegliche IT-Verbindung von außen nach Russland komplett gekappt, um den Betrieb vor Ort unmöglich zu machen“, erklärte der Konzern. Es sei allerdings „sehr wahrscheinlich“, dass bereits vor dem Ukraine-Krieg hergestellte Maschinen „ohne das Wissen oder die Zustimmung“ des verantwortlichen Managements im Verkauf landeten. Der Konzern habe prüfen wollen, wie das geschehen konnte.

Eskalation im Enteignungsstreit

Die russische Enteignung schafft im wirtschaftlichen Konflikt mit Deutschland eine neue Eskalationsstufe. Auch in der Bundesrepublik liegen Pläne zu Enteignungen von russischen Unternehmen auf dem Tisch, zum Beispiel, was den russischen Konzern Rosneft angeht. Noch vor wenigen Wochen hatte Russland auf eine mögliche Enteignung von Rosneft heftig reagiert, von einer „Entwertung“ von Deutschlands Attraktivität als Wirtschaftsstandort gesprochen. Auch zog Kreml-Sprecher Peskow Vergeltung in Betracht, zum Beispiel eine Konfiszierung deutschen Vermögens.

Der Unterschied: Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) hatte am Ende doch von einer Enteignung abgesehen – vorerst. Außerdem sucht die Europäische Union (EU) derzeit nach Mitteln und Wegen, um eingefrorene russische Vermögenswerte in Milliardenhöhe zu beschlagnahmen. Wie die westliche Reaktion auf Russlands Enteignung von DMG Mori ausfallen wird, bleibt abzuwarten.

Auch interessant

Kommentare