„Abstellgleis“ – Faber auf der Flucht

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Gut getarnt: Kommissar Faber (Jörg Hartmann) mit Kollegin Herzog (Stefanie Reinsperger). © Thomas Kost/WDR

Wer im aktuellen Dortmund-„Tatort: Abstellgleis“ (30.3.) nicht nur Bahnhof verstehen will, muss sich in der Geschichte der Ermittler gut auskennen.

Wer ist Haller? Warum hasst Faber ihn? Und was hat es mit der Kassette von Rosa Herzogs RAF-Terroristen-Mutter auf sich? Fragen, die sich stellen, wenn man den ARD-„Tatort“ nur hin und wieder schaut oder den meist deprimierenden Episoden aus Dortmund bislang aus dem Weg gegangen ist. Wer im aktuellen Ruhrpott-Krimi „Abstellgleis“ nicht nur Bahnhof verstehen will, muss weit zurückgehen.

Sieben Jahre, um genau zu sein. Da ermittelte nämlich noch Daniel Kossik (Stefan Konarske) im Team von Hauptkommissar Peter Faber (Jörg Hartmann) und verließ die Dienststelle nach aufreibenden Auseinandersetzungen „mit dem Sarggesicht“ (O-Ton Kossik) im Streit. Jetzt kehrt er als LKA-Ermittler aus Düsseldorf zurück, um einen Mord aufzuklären, bei dem sein ehemaliger Vorgesetzter Hauptverdächtiger ist.

Faber im Fokus sozusagen. Der Systemsprenger der Polizei ist auf der Flucht vor Falschanschuldigungen und ermittelt auf eigene Faust. Mehr als einmal hätte er dem KTU-Leiter Haller (Tilman Strauß), dem narzisstischen Ex-Freund seiner Langzeitliebe Böhnisch (Anna Schudt), gern den Hals umgedreht – doch Mord? Fast scheint es, als habe Autor Jürgen Werner noch mal die alten Drehbücher durchgeackert, um in dieser „Tatort“-Folge ein paar lose Enden miteinander zu verknüpfen. Dass Ahnungslose dabei ein wenig in die Röhre schauen, nimmt er in Kauf. Für Fans geht das Konzept auf. Die Episode „Abstellgleis“ hat Tempo und eine gewisse Doppelbödigkeit. Wem ist zu trauen? Wer arbeitet für und wer gegen wen auf der Dienststelle von Rosa Herzog (Stefanie Reinsberger), Peter Faber und ihrer Chefin Ira Klasnic (Alessija Lause)? Und was verbirgt der freundliche neue Kollege Otto Pösken (wunderbar: Malick Bauer aus „Sam – Ein Sachse“)?

Regisseur Torsten C. Fischer schafft einen wendungsreichen, unterhaltsamen Krimi, der streckenweise etwas überkonstruiert wirkt, aber niemals langweilig ist.

Jörg Hartmann darf dabei einmal mehr schauspielerisch aus dem Vollen schöpfen. Sein Faber, ein Zyniker dessen Lebensgeschichte aus Schmerz geboren ist, legt sich auf der Flucht eine bemerkenswerte Tarnung zu: Er wäscht und kämmt sich. Und tauscht den Schmuddel-Parka gegen ein Sakko. Es steckt also auch eine gute Prise Humor in diesem Fall, der das Krimipublikum abermals mit einem Cliffhanger verabschiedet – fürs nächste Drehbuch sozusagen.

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