Bürgergeld-Reform: CDU will Totalverweigerern alle Bezüge streichen – deren Zahl ist verschwindend gering
Die CDU will Totalverweigerern das Bürgergeld komplett streichen. Rechtlich ist das unzulässig - außerdem ist die Zahl der Arbeitsunwilligen gering.
Berlin – 2023 löste das Bürgergeld das Arbeitslosengeld II ab, besser bekannt als Hartz IV. Schon vor seiner Einführung hatte die Union damit begonnen, Stimmung gegen die Sozialhilfe zu machen. Jetzt hat sich CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann dafür ausgesprochen, das Bürgergeld für Arbeitsunwillige komplett zu streichen - und zwar noch in diesem Jahr. „Es wird ein Herbst, der sich gewaschen hat“, sagte er dem Sender Welt TV.
Weiter erklärte Linnemann: „Jemand, der partout nicht arbeiten will, der wiederholt Arbeit ablehnt - da muss der Staat davon ausgehen, dass der gar nicht bedürftig ist.“ In so einem Fall müssten die Gelder komplett gestrichen werden. Wer Sozialleistungen erhalte und arbeiten könne, „kann einfach nicht erwarten, dass das Menschen bezahlen, die jeden Tag arbeiten gehen“, so Linnemann weiter.

CDU-Generalsekretär Linnemann will mehr Bürgergeld-Empfänger in Arbeit sehen
In ihrem Koalitionsvertrag haben Union und SPD vereinbart, das Bürgergeld zu einer „neuen Grundsicherung für Arbeitssuchende“ umzugestalten. Geplant ist einerseits, die Vermittlung in Arbeit und die Betreuung Arbeitssuchender zu stärken. Andererseits sollen aber auch die Mitwirkungspflichten und Sanktionen verschärft werden.
Linnemann machte deutlich, dass die Regierung auch die Bundesagentur für Arbeit verstärkt in die Pflicht nehmen will. Diese müsste ihre Vermittlungsanstrengungen erhöhen und die Verwaltung straffen. „Wir haben mehr Mitarbeiter, die sich mit Verwaltung beschäftigen, als Mitarbeiter, die Menschen in Arbeit bringen. Es muss andersrum sein“, forderte er.
SPD verteidigt Großteil der Bürgergeld-Beziehenden
Eine soziale Hängematte, als welche es oft dargestellt werde, sei das Bürgergeld jedoch nicht, sagte SPD-Generalsekretär Tim Klüssendorf ebenfalls Welt TV. Zwar gebe es Missbrauchsfälle im Zusammenhang mit Schwarzarbeit, doch dabei handle es sich um den „kleinsten Teil“.
Außerdem stellte Klüssendorf klar: „Wir haben einen großen Teil von Menschen im Bürgergeldbezug, die arbeiten gehen, die Aufstockerinnen und Aufstocker sind.“ Als Beispiel nannte er die vielen Alleinerziehenden, bei denen das Einkommen nicht reicht.
Nur wenige Totalverweigerer - 100 Prozent-Kürzungen laut Bundesverfassungsgericht unzulässig
Die Debatte über das Bürgergeld konzentriert sich oft auf die sogenannten Totalverweigerer, die nicht arbeiten gehen, obwohl sie es eigentlich könnten. Aber: Der Bundesagentur für Arbeit zufolge trifft das nur auf einen Bruchteil der Leistungsbezieher zu. Wegen Ablehnung von Arbeitsangeboten oder der Nicht-Fortführung einer Arbeit sei im Jahr 2023 rund 16.000 Empfängern der Regelsatz gekürzt worden. Insgesamt beziehen rund 5,5 Millionen Menschen Bürgergeld.
Zudem entschied das Bundesverfassungsgericht schon im Jahr 2019, dass eine Kürzung von 100 Prozent, wie von der CDU gewollt, nicht zulässig ist. Um das vom Grundgesetz geschützte Existenzminimum zu sichern, dürfen die Sanktionen nicht zu weit gehen. Vertretbar sind dem Urteil zufolge Kürzungen in Höhe von 30, aber nicht 60 oder gar 100 Prozent. (grmo)