Putins freut’s: EU importiert viel mehr russischen Weizen – trotz Ukraine-Krieg

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Wladimir Putin im Jahr 2007 mit seinem damaligen Agrarminister auf einem Weizenfeld in Rostov. © IMAGO / ITAR-TASS

Die EU füttert Putins Kriegskasse mit Weizenimporten. Seit Beginn des Ukraine-Kriegs steigt die Menge deutlich, wie aktuelle Daten zeigen. Die Union fordert Konsequenzen.

Russische Bauern erwirtschafteten in den vergangenen Monaten eine Rekordernte an Getreide. Läuft es wie im Vorjahr, dann wird ein überraschend ansehnlicher Teil davon in die EU gehen: Die Einfuhr von russischem Weizen in die Mitgliedsstaaten hat sich im Jahr 2023 im Vergleich zum Vorjahr fast verdoppelt.

Das geht aus einer Antwort der Bundesregierung auf eine Anfrage der CDU/CSU hervor, die IPPEN.MEDIA exklusiv vorliegt. Demnach fuhr die EU 2022 – dem Jahr, in dem Russland in die Ukraine einmarschiert war – rund 415.000 Tonnen russischen Weizen ein. Ein Jahr später waren es schon 818.000 Tonnen. In den vergangenen zehn Jahren lag dieser Wert nur einmal höher: im Jahr 2018 mit 1,3 Millionen Tonnen. Das importierte russische Getreide hatte 2023 einen Gesamtwert von 275 Millionen Euro.

Aktuelle Daten: Einfuhr von russischem Weizen in die EU

2021 482.830 Tonnen (entsprach 150 Millionen Euro)
2022 415.250 Tonnen (entsprach 158 Millionen Euro)
2023 818.220 Tonnen (entsprach 275 Millionen Euro)

Klar ist damit: „Trotz der Invasion Russlands in die Ukraine im Februar 2022 haben die Getreideexporte Russlands weiter zugenommen“, wie Forscher des Leibnitz-Instituts für Agrarentwicklung jüngst bilanzierten. Darin wird sich so schnell wohl auch nichts ändern. „Die Prognosen deuten darauf hin, dass Russland ein dominierender Weizenlieferant auf dem Weltmarkt bleiben wird“, hieß es von den Wissenschaftlern.

Ähnlich äußerte sich die Bundesregierung in ihrer Antwort: „Seit dem Wirtschaftsjahr 2014/2015 sind die russischen Weizenexporte laut Daten des Internationalen Getreiderates (IGC) insgesamt von 22,22 Mio. Tonnen auf 51 Mio. Tonnen (+130 Prozent) angestiegen.“ Kremlchef Wladimir Putin hat Getreide-Abkommen mit mehreren Ländern geschlossen. Die größte Menge Weizen geht in die Türkei oder nach Ägypten.

Deutschland importiert kaum russisches Getreide. Wie das Portal Topagrar unter Berufung auf EU-Zahlen berichtet, hat die Bundesrepublik seit Kriegsbeginn lediglich vier Tonnen Mais und fünf Tonnen Weizen aus Russland importiert.

Keine Getreide-Sanktionen für Russland: „Das dürfen wir nicht weiter zulassen“

Andere Länder sind weniger zurückhaltend. Das liegt vor allem daran, dass die EU russischem Weizen keinerlei Sanktionen auferlegt hatte. Die CDU/CSU will das ändern. „Die russischen Agrarexporte in die EU spülen viele hunderte Millionen von Euro direkt in die Kriegskasse von Putin. Das dürfen wir nicht weiter zulassen“, sagt der agrarpolitische Sprecher der Union, Albert Stegemann, IPPEN.MEDIA. „Die Bundesregierung sollte sich für ein umfassendes europäisches Importverbot gegenüber russischen Agrargütern einsetzen.“

Denn: „Wir sind weder auf diese Produkte angewiesen, noch hätte dies negativen Einfluss auf die Welternährung“, sagt Stegemann. „Ein Importverbot hätte zudem auch positive Auswirkungen für die europäischen Bauern, die unter den schlechten Weltmarktpreisen leiden.“

Albert Stegemann (CDU) im Deutschen Bundestag
Albert Stegemann (CDU) sitzt seit 2013 im Deutschen Bundestag. Der agrarpolitische Sprecher der Union ist selbst Landwirt und übernahm den Betrieb seiner Eltern im niedersächsischen Emsland. © IMAGO/dts

Russland gilt als einer der größten Getreideexporteure – neben der Ukraine. Ein Ziel des Krieges ist es auch, die Wirtschaft des Nachbarlandes zu schwächen. So hat Russland der Ukraine 2,8 Millionen Tonnen Getreide „abtransportiert oder unbrauchbar gemacht“, wie die Bundesregierung schreibt. Zudem blockierte Russland zeitweise ukrainische Häfen.

Die Folge laut Leibnitz-Institut: „Die ukrainischen Agrarexporte brachen ein und es wurden nur noch geringe Mengen Getreide über die neu eingerichteten EU-Ukraine-Solidaritätsrouten exportiert.“ Russland ist und bleibt damit der „global dominierende Weizenexporteur“.

Ukraine ringt um Exporte: Zollfreiheit in der EU könnte auslaufen

Bei der Ukraine dominiert vor allem die Mais-Produktion, die rund zwei Drittel der Exporte nach Europa ausmacht. Zuletzt wurde der Handel mit der EU erleichtert, doch das könnte sich bald ändern. Anfang April einigte sich Brüssel auf neue Zollregeln zulasten der Ukraine. Produkte wie Eier, Zucker oder Mais dürften dann nur noch bis zu einer bestimmten Menge zollfrei in die EU importiert werden. Wenn diese Menge erreicht ist, sollen wieder Zölle fällig werden. 

Hintergrund ist, dass die EU kurz nach Kriegsbeginn ukrainische Waren von Zöllen befreit hatte. Damit sollte die Wirtschaft des Landes gestärkt werden. Im Sommer laufen die derzeit geltenden Zollerleichterungen für die Ukraine aus. Wenn bis dahin keine neue Regelung abgesegnet wird, läuft die Maßnahme ersatzlos aus. Bauern, aus Deutschland aber vor allem aus östlichen EU-Ländern, fordern ein Ende der Zollfreiheit. Sie sehen sich durch günstige Agrarimporte aus der Ukraine unverhältnismäßiger Konkurrenz ausgesetzt (as)

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