Prognose-Guru sagt Ergebnis der US-Wahl voraus - er lag nur einmal daneben

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Der Politikwissenschaftler Allan Lichtman liegt bei seinen Vorhersagen fast immer richtig. Nun stellt er sein Ergebnis für die US-Wahl 2024 vor.

Washington, DC – Allan Lichtman, ein 77-jähriger Politikwissenschaftler und Historiker aus Washington, DC, ist seit vier Jahrzehnten eine Art Superstar in der Welt der Wahlprognosen. Seit 1984 hat er die Ergebnisse der US-Wahlen vorhergesagt, und das mit beeindruckender Genauigkeit. Er hat sowohl den Triumph von Donald Trump über Hillary Clinton als auch seine Niederlage gegen Joe Biden korrekt vorhergesagt. Nur einmal, im Jahr 2000, lag er mit seiner Prognose für Al Gore daneben.

Die Spannung war daher groß, als Lichtman seine Prognose für die US-Wahl 2024 bekannt gab. „Kamala Harris wird die nächste Präsidentin der Vereinigten Staaten von Amerika werden“, verkündete Lichtman in einem Video der New York Times. „Das zumindest ist meine Vorhersage für dieses Rennen.“

Allan Lichtman ist Politikwissenschaftler und Historiker, der mit seinen Prognosen für US-Wahlen fast immer richtig liegt.
Allan Lichtman ist Politikwissenschaftler und Historiker, der mit seinen Prognosen für US-Wahlen fast immer richtig liegt. (Archivbild) © PAUL J. RICHARDS/AFP

Allan Lichtman setzt bei Wahlprognose nicht auf Umfragen

Lichtman verlässt sich bei seinen Wahlprognosen nicht auf Meinungsumfragen. Während Meinungsforscher bei der Betrachtung des Duells zwischen Harris und Trump unschlüssig sind, wer letztendlich gewinnen wird, hat Lichtman einen anderen Ansatz. Anstatt sich auf Umfrageergebnisse zu stützen, die ein nahezu unvorhersehbares Kopf-an-Kopf-Rennen voraussagen, verlässt sich der Historiker auf ein völlig anderes Modell. Umfragen oder Meinungsforschung spielen für seine Prognose keine Rolle.

Zusammen mit dem Statistiker Jack Moshman hat Lichtman ein einzigartiges Prognosesystem entwickelt. Ihr Modell basiert auf 13 Aspekten, die den Ausgang der US-Wahl vorhersagen. Lichtman bezeichnet diese Aspekte als „Schlüssel“ und erläuterte ihre Bedeutung in seinem Buch „Schlüssel zum Weißen Haus“. Der Wissenschaftler ist von ihrer Genauigkeit absolut überzeugt. „Die Schlüssel werden auf jeden Fall funktionieren. Sie sind der konstante Nordstern der politischen Vorhersage“, betont Lichtman.

Lichtmans Prognose-Modell für die US-Wahl

Die 13 Aspekte der Lichtman-Vorhersage lauten:

  1. Die Partei, die den Präsidenten im Weißen Haus stellt, hat bei den Midterms genannten Zwischenwahlen Sitze im US-Repräsentantenhaus dazu gewonnen.
  2. Der amtierende Präsident kandidiert erneut für das Weiße Haus.
  3. Die Partei, die den Präsidenten im Weißen Haus stellt, hat einen Vorwahlkampf vermeiden können.
  4. Ein unabhängiger Kandidat tritt neben den Kandidaten der Demokraten und Republikaner an.
  5. Die kurzfristige Wirtschaftsetwicklung ist positiv.
  6. Das langfristige Wirtschaftswachstum ist genauso stark in den beiden vorangenenen Amtsperioden.
  7. Das Weiße Haus hat wichtige Änderungen in der nationalen Politik durchgesetzt.
  8. Es gibt keine sozialen Unruhen.
  9. Es gibt keine Skandale im Weißen Haus.
  10. Der Kandidat der Partei, die den Präsidenten im Weißen Haus stellt, hat Charisma.
  11. Der Herausforderer ist uncharismatisch.
  12. Das Weiße Haus hatte außenpolitische Erfolge.
  13. Das Weiße Haus hatte außenpolitische Misserfolge.

Es wird spannend im US-Wahlkampf

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Donald Trump oder Kamala Harris? Lichtmann erklärt Prognose Schritt für Schritt

Die Anzahl der als wahr und falsch bewerteten Thesen ist entscheidend. Jede korrekte These ist ein Punkt für Kamala Harris, jede falsche These ein Punkt für Donald Trump.

Lichtman erläutert das Modell Schritt für Schritt gegenüber der New York Times und kommt zu folgendem Ergebnis:

  1. Die Demokraten schnitten bei den Zwischenwahlen vor zwei Jahren zwar besser ab als erwartet, sie verloren aber Sitze. 1:0 für Donald Trump.
  2. Joe Biden kandidiert nicht erneut. Während man allgemein die Chancen der Demokraten seit der Kandidatur von Kamala Harris als größer einschätzt, bedeutet dieser Umstand im Modell von Lichtman das Gegenteil: 2:0 für Donald Trump.
  3. „Die Demokraten sind endlich clever geworden und haben sich hinter einer Kandidat vereint“, so Lichtman. Punkt für Harris und damit nur noch 2:1 für Donald Trump.
  4. Robert F. Kennedy Jr. zog seine Kandidatur wieder zurück. Auch wenn er nun Donald Trump unterstützt, geht der Punkt damit an Harris: 2:2 Unentschieden.
  5. Die Inflation in den USA scheint zu sinken, von einer Rezession ist längst nicht mehr die Rede. 3:2 für Harris.
  6. Die langfristige Wirtschaftsentwicklung unter Biden ist laut Lichtman ebenfalls zufriedenstellend und besser als die unter seinem Vorgänger Donald Trump. 4:2 für Harris.
  7. Auch diesen Punkt sieht Lichtman als bewiesen an. 5:2 für Harris.
  8. Zwar habe es „sporadische Proteste“ in der Biden-Administration gegeben, doch von sozialen Unruhen könne man nicht reden. 6:2 für Harris.
  9. Lichtman nennt es seinen „Lieblingsschlüssel“. Zwar hätten die Republikaner leidenschaftlich versucht, Biden Skandale anzudichten, seien damit aber auf voller Linie gescheitert. 7:2 für Harris.
  10. Damit diese These als wahr gelten könne, müsste Kamala Harris eine „inspirierende Persönlichkeit für eine ganze Generation sein“, so Lichtman. Dies sieht er nicht als erfüllt an. 7:3 für Harris.
  11. Zwar würden manche seiner Anhänger Donald Trump „für einen Gott halten“, so Lichtman. Doch dies gelte nur für seine Basis. Der Rest des Landes sei aber ganz anderer Meinung. 8:3 für Harris und damit der Sieg für die Demokratin.
  12. Selbst wenn nun die beiden Aspekte der Außenpolitik für eine Wahl von Donald Trump sprechen würden, würde Kamala Harris mit 8:5 gewinnen.

Lichtman ist sich sicher: Kamala Harris wird Präsidentin. Unabhängig davon, was die Umfragen zur US-Wahl auch ergeben mögen. Aber ein Modell allein reicht nicht aus, um eine Wahl zu gewinnen. Das weiß auch der Historiker. Deshalb schließt er seine Erläuterungen mit einem Aufruf an seine Mitbürger: „Rafft Euch auf und geht wählen!“ (dil)

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