Umfrage in Russland: Mehrheit hofft auf Ende des Ukraine-Kriegs
Die russische Armee kämpft mit hohen Verlusten. Putin verliert den Rückhalt in der russischen Bevölkerung. Könnte ein Ende des Ukraine-Kriegs bevorstehen?
Moskau – Der russische Präsident Wladimir Putin sieht sich mit Blick auf den anhaltenden Ukraine-Krieg zunehmend unter Druck. Das ukrainische Militär meldet enorme Verluste der russischen Armee. Wie das US-Magazin Newsweek im August berichtete, hat Putin bereits zwei Drittel der Truppen verloren, die ihm vor dem Krieg noch zur Verfügung gestanden haben. Jetzt verliert er wohl auch den Rückhalt in seiner Bevölkerung.
Für ein Ende des Ukraine-Kriegs: Umfragehöchststand in der russischen Bevölkerung
Nach über zwei Jahren Krieg wollen offenbar viele Menschen in Russland ein Ende des Ukraine-Kriegs. Das russische Medienunternehmen Holod veröffentlichte am 1. Oktober die Ergebnisse von Umfragen des Chronicle Researche Projects und ExtremeScan. Demnach hat die Zahl derjenigen, die einen Waffenstillstand befürworten, einen Höchststand erreicht.
49 Prozent der Befragten würden ein Friedensabkommen unterstützen, 33 Prozent seien dagegen und 18 Prozent könnten die Frage nicht beantworten, schreibt Holod. Es sind Ergebnisse von Telefonumfragen des Chronicle Researche Projects vom 10. bis 17. September, durchgeführt mit 800 Personen über 18 Jahren. Im Vergleich zu Januar 2024 sei die Zahl der Befürworter eines Friedensabkommens um neun Prozent gestiegen. Damals waren es noch 40 Prozent, die für ein Friedensabkommen waren und 39 Prozent dagegen; 21 Prozent gaben an, dass es ihnen schwerfalle zu antworten.
Unterstützung für Ukraine-Krieg in Russland in der Nähe der Kampfgebiete höher
Die vom 29. Juli bis 6. September durchgeführte Umfrage von ExtremeScan konzentrierte sich neben einer gesamtrussischen Befragung auf zehn Regionen des Landes: Moskau, St. Petersburg, Gebiet Swerdlowsk, Gebiet Krasnodar, Gebiet Belgorod, die Republiken Baschkortostan, Dagestan, Tschetschenien, Tyva und Burjatien. Insgesamt wurden 5500 Menschen befragt.
Das Ergebnis zeigt laut Holod, dass die Unterstützung für den Krieg am stärksten in den Regionen ist, die näher an den Kampfgebieten liegen. In Tschetschenien ist die Unterstützung jedoch am geringsten: Nur 39 Prozent der Befragten dort sind für den Krieg, gefolgt von der Volksrepublik Tuwa mit 48 Prozent. Elena Koneva, eine Soziologin von ExtremeScan, erklärte laut Holod, dass Tschetschenien eines der ärmsten Gebiete sei und weniger von der Propaganda des Kremls beeinflusst werde. Dadurch hätten die Menschen das Gefühl, dass dieser Krieg ihnen fremd und nicht ihr eigener sei.
Holod verweist darauf, dass in dieser Regionen viele Befragte die Frage nicht beantworten wollten. Das Ergebnis soll zeigen, dass die Unterstützung für den Ukraine-Krieg in diesen Regionen noch geringer sei. In Kriegszeiten könne man den Ergebnissen von Meinungsumfragen nicht uneingeschränkt vertrauen, da „die Russen möglicherweise Angst haben, sich der vom Staat und der Propaganda diktierten Position zu widersetzen“.
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Weniger russische Truppen für den Ukraine-Krieg?
Darüber hinaus soll die Bereitschaft der Russen, in den Krieg zu ziehen, sinken. Zwischen Februar 2023 und September 2024 stieg die Zahl derjenigen, die weder freiwillig noch auf Befehl mobilisiert werden wollen, um neun Prozent, schreibt Holod mit Verweis auf die Chronicle Researche Projects-Umfrage. Während Männer im Alter von 50 bis 60 Jahren die größte Mobilisierungsbereitschaft zeigen, seien laut Umfrage nur sechs Prozent der 18- bis 24-Jährigen bereit, im Falle eines Befehls zu kämpfen.
Zudem äußern 50 Prozent der Russen den Wunsch nach einer Wiederherstellung der Beziehungen zu westlichen Ländern, 63 Prozent einen Friedensvertrag mit der Ukraine und 65 Prozent die Aufhebung der Sanktionen. Ob die Wünsche der russischen Bevölkerung auch mit dem „Siegesplan“ des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj übereinstimmen?
Selenskyjs „Siegesplan“ für ein Ende des Ukraine-Kriegs
Während seiner USA-Reise hatte Selenskyj dem US-Präsidenten Joe Biden seinen „Siegesplan“ im Krieg gegen Russland vorgestellt. Der Plan des ukrainischen Präsidenten enthalte, Berichten zufolge, vier bis fünf Punkte – insbesondere Wünsche an die westlichen Unterstützer.
Laut Bericht der Sunday Times sehe der Plan Sicherheitsgarantien des Westens für die Ukraine in Form einer Einladung für die Aufnahme in die Nato, die Erlaubnis des Einsatzes von Langstreckenraketen auf russischem Territorium sowie weitere finanzielle Unterstützung vor. Auch soll es in dem Plan um Lieferungen spezifischer Waffen an die Ukraine gehen.
Trotz großer Ankündigung des „Siegesplans“ sollen sich laut Bericht des Wall Street Journal hochrangige amerikanische und europäische Beamte „unbeeindruckt“ gezeigt haben. Der ehemalige US-Botschafter bei der Nato und US-Sondergesandte für die Ukraine, Kurt Volker, erklärte gegenüber dem Redaktionsnetzwerk Deutschland, „der Siegesplan wurde völlig überbewertet“. Er fügte hinzu: „Dieser Krieg wird so lange andauern, wie Putin an diesem Plan festhält.“ (lw)