Rauchverbot-Welle erfasst deutsche Freibäder – „Einfach mal woanders hingehen“

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Deutsche Freibäder werden zunehmend rauchfrei. Für rauchende Eltern entsteht dadurch das Problem zwischen Kindbetreuung und dem Gang zur Raucherzone.

Witten – In Deutschland setzen immer mehr Freibäder auf Rauchverbote oder strikte Raucherzonen, was zwar dem Gesundheitsschutz dient, aber rauchende Eltern in eine schwierige Lage bringt.

Immer mehr rauchfreie Freibäder – Rauchende Mütter in der Zwickmühle

Bereits in Städten wie Wien, Gemmingen, Halle an der Saale, Mainz, Gnarrenburg und Heroldsberg sind Bäder komplett rauchfrei, wie pro-rauchfrei.de berichtet. Im Gegensatz dazu haben Frankfurt, München, Mühlacker, Dachau und Dorfen spezielle Raucherbereiche eingerichtet. Auch in Witten gibt es nun, laut waz.de, zwei neu eingeführte Raucherzonen. Diese Zonen sind „relativ weit abseits“, nämlich „oben an den Bänken, noch über den Liegewiesenterrassen“, was für rauchende Mütter wie Johanna (47) und Denise (36) eine Herausforderung darstellt.

Johanna erinnert sich: „Als meine Tochter noch kleiner war, konnte ich unten auf der Decke liegen und eine rauchen, während sie im Wasser war.“ Sie betont: „Wenn etwas war, war ich in einer Sekunde bei dem Kind. Ich hatte es ja ständig im Blick.“ Für sie ist die neue Regelung „Unmöglich!“. Denise, deren Kinder zwölf und fünf Jahre alt sind, sieht die Sache differenzierter: „Das mit den Raucherzonen ist ja eigentlich eine ganz nette Idee. Aber was machen die jungen Mütter, die alleine kommen und auch mal eine rauchen wollen?“

Hinweisschilder verweisen auf die Regeln im Schwimmbad.
Freibäder führen immer mehr Rauchverbote ein. (Symbolfoto) © Karina Hessland/IMAGO/Symbolfoto

Der Betreiber des Freibads erklärt: „Die Raucherzonen wurden extra in die Ecken gelegt, wo sich andere Badegäste am wenigsten gestört fühlen. Unten am Becken sei halt am meisten los – also kein geeigneter Platz zum Qualmen.“

Rauchfreie Freibäder bekommen größtenteils Zustimmung: „Einfach mal woanders zum Rauchen hingehen“

Viele Besucher begrüßen die rauchfreien Zonen – zumindest in den Kommentaren unter dem Post auf Facebook. Ein Mann kommentiert: „Sollen sie doch zu Hause rauchen. Ich will im Schwimmbad auch nicht immer in ausgetretene Zigarettenstummel treten.“ Ein anderer Besucher empfindet die Änderung als unwesentlich, da er selbst nicht raucht: „Ich persönlich empfinde die Änderung im Freibad als unbedeutend, da ich selbst nicht rauche. Mich betrifft es halt nicht. [...] Ich kann mich zumindest nicht daran erinnern, dass ich mich durch Tabakrauch im Freibad jemals belästigt gefühlt hätte, daher empfinde ich die Maßnahme von dem her als überzogen.“ Auch einige Raucher stimmen zu: „Das finde sogar ich als Raucherin gut, davon abgesehen sollte man sowieso, sobald Kinder in der Nähe sind, einfach mal woanders zum Rauchen hingehen.“

Ein FDP-Politiker betont: „Grundsätzlich sollte niemand von der gesellschaftlichen Teilhabe ausgeschlossen werden. Und auch hierfür haben die Stadtwerke eine adäquate Lösung geschaffen. Ein Raucherbereich ist an vielen Stellen schon völlig normal. Deshalb findet hier auch keine Ausgrenzung statt, auch wenn das einige vielleicht so sehen mögen.“ Auch die Speisen in Freibädern sorgten zuletzt für Diskussionen.

EU plant Ausweitung von Rauchverboten – Viele Urlaubsländer machen es schon vor

Der Druck auf Raucher nimmt nicht nur in Freibädern zu. Die EU-Kommission strebt europaweite Rauchverbote an, auch im Freien. Ende November 2024 stimmte das EU-Parlament über erweiterte rauchfreie Zonen ab, die Freibäder, Spielplätze und Bahnhöfe umfassen. Frankreich hat bereits im Juli 2025 das Rauchen an öffentlichen Orten, an denen sich Kinder aufhalten, verboten, einschließlich Stränden, Parks und Sportplätzen. Verstöße kosten 135 Euro, wie die dpa berichtet. Italien und andere Urlaubsländer ziehen nach.

Deutsche Politiker fordern ähnliche Maßnahmen. SPD-Politikerin Dagmar Schmidt lobt Frankreichs Vorgehen als „mutigen Schritt“ für den „Gesundheits- und Kinderschutz“ und sieht es als Vorbild für Deutschland. Jan Mücke, Hauptgeschäftsführer des Bundesverbands der Tabakwirtschaft und neuartiger Erzeugnisse (BVTE), kritisiert hingegen, dass es nicht mehr um den Schutz von Nichtrauchern gehe, sondern „um die Bevormundung von Rauchern und ihre Verdrängung aus dem öffentlichen Raum“.

Die EU strebt eine „tabakfreien Generation“ bis 2040 an, was erreicht wäre, wenn weniger als fünf Prozent der EU-Bevölkerung regelmäßig Tabak konsumieren. Dies wird nicht nur die Tabakpreise erhöhen, sondern auch den Druck auf rauchende Eltern verstärken.

Trotz dieser Entwicklungen bleiben viele Freibad-Besucher gelassen. Ein Sprecher der Stadtwerke in Witten zieht eine positive Bilanz: „Wir sind mit dem Start eigentlich sehr zufrieden. Die meisten Gäste sind sehr verständnisvoll.“ (jh)

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