China lässt Falle bei Seltenen Erden zuschnappen – so gefährdet sind westliche Kriegsgeräte
Ein neues Lizenzverfahren erschwert die Ausfuhr wichtiger Rohstoffe aus China. Das könnte E-Autos und Kampfjets betreffen. Der Westen sucht Antworten.
Peking – Seit Monaten schränkt China den Export von im Westen überlebensnotwendigen Rohstoffen ein. Ein im April aufgelegtes Lizenzverfahren soll Unternehmen dazu zwingen, sich für den Einkauf von kritischen Rohstoffen zu bewerben. Zuvor setzte die Regierung in Peking bereits verschiedene Beschränkungen ein, darunter auf Gallium, Antimon und Germanium. Für westliche Länder birgt dies erhebliche Probleme.
China-Dominanz bei kritischen Rohstoffen – „signifikante Schäden“ in der Produktion möglich
Neue Regeln in China zur Ausfuhr von sogenannten Seltenen Erden entwickeln sich zur Bedrohung für die globalen Lieferketten. Anfang April 2025 hatte Peking Exportbeschränkungen auf sieben Seltenerdelemente und Magnete verhängt, die für eine Bandbreite von Produkten (von Elektroautos bis Windturbinen) notwendig sind.

Exporteure, Industriegruppen aus China und auf die Lieferketten spezialisierte Ökonomen gaben nun an, dass das Handelsministerium in Peking damit begonnen habe, Lizenzen für den Export nach Europa zu vergeben. Allerdings sei das Tempo nicht hoch genug, um mit dem Bedarf mitzuhalten. „Das Zeitfenster, in dem wir signifikante Schäden zur europäischen Produktion verhindern können, schließt sich rapide“, zitierte die Financial Times dazu Wolfgang Niedermark, Mitglied der Hauptgeschäftsführung vom Bundesverband der Deutschen Industrie e.V. (BDI).
Die US-Hersteller (darunter Tesla, Ford und Lockheed Martin) äußerten bereits in ihren Investorengesprächen Bedenken über die neuen Schritte aus China. Ein Industrievertreter Europas, der sich in China befindet, gab an, die aktuellen Verspätungen seien „untragbar“ für ausländische Hersteller. „Ich sehe, dass es hier wirklich eine Inkompetenz gibt“, zitierte die FT. „Sie haben unterschätzt, welche Auswirkungen das alles haben würde und dass man sich hätte vorbereiten müssen.“
Kritische Rohstoffe als politisches Druckmittel – China will USA behindern
Es ist nicht das erste Mal, dass China die Ausfuhr von seltenen Rohstoffen beschränkt. Über Monate hinweg fügte die Regierung in Peking immer neue Rohstoffe einer Liste von ausfuhrbeschränkten Mineralien und Metallen hinzu. Weitere Beispiele dafür sind Phosphor (hier hatte China schon längst wegen hohen Eigenbedarfs die Schleusen geschlossen), Antimon und Wolfram. Wichtig dabei: Es sind nicht immer Seltene Erden, die China dabei anpeilt.
Im April 2025 dann beschloss das Handelsministerium strengere Exportkontrollen für sieben von insgesamt 17 Seltenen Erden. Ökonomen sehen hier auch ein politisches Motiv. China will die absolute Dominanz bei kritischen Rohstoffen dazu nutzen, um im Handelskrieg mit den USA Druck auszuüben. „Schwere Seltene Erden wie Dysprosium und Terbium kommen heute zu 100 Prozent aus China“, sagte Maren Liedtke, Geologin bei der Deutschen Rohstoffagentur, gegenüber der Zeit.
Dabei sind gar nicht so große Mengen an Seltenen Erden für die heimische Produktion notwendig. Europas Industrie hatte – zusammengenommen – im Jahr 2024 lediglich 13.000 Tonnen davon direkt importiert. Hinzu kamen dann noch aus Seltenen Erden gefertigte Produkte. Allerdings sind sie dort, wo diese Rohstoffe zum Einsatz kommen, unverzichtbar. Wo sie fehlen, steht die Produktion still.
Rüstungsindustrie braucht kritische Rohstoffe – EU steuert gegen Abhängigkeit
Auf EU-Ebene ist das Problem der chinesischen Dominanz bereits vor Jahren angekommen. Von „kritischen“ Rohstoffen ist vor allem darum die Rede, weil diese Rohstoffe in genau den Produkten und Technologien vorkommen, die im Zuge der Energiewende eine immer höhere Bedeutung haben. Die EU-Kommission nennt hier unter anderem Batterien (Lithium, Kobalt und Nickel), Solarpaneele (Gallium) oder Windkraft (Bor). Titan und Wolfram wiederum sind vor allem im Weltraum- und im Verteidigungssektor unverzichtbar. Seltene Erden gehören ebenfalls zu den kritischen Rohstoffen.
Darum hat die EU schon vor Jahren den sogenannten Critical Raw Materials Act angeheizt. Dieser identifiziert eine Liste von besonders kritischen Rohstoffen und schreibt vor, dass bis 2030 nur noch bestimmte Anteile des Recyclings, der Produktion und des Abbaus von kritischen Rohstoffen auf ein einzelnes außerhalb der EU liegendes Land entfallen dürfen. Damit will die Union Abhängigkeiten verhindern.
Seltene Erden kommen zudem in vielen Technologien vor, die die Infrastruktur moderner Länder überhaupt funktionstüchtig machen. Sie stecken auch in Computerfestplatten, Bildschirmen oder Radargeräten.
„Große Probleme“ beim Einkauf – war der Westen zu langsam?
Allerdings mahlen die Mühlen der EU langsam. Michael Wurmser, Gründer von Norge Mining, gab im Kontext des Abbaus von Phosphat-Gestein in Norwegen das Tempo der Behörden als zumindest kleine Hürde an. In anderen Fällen war der Westen schlichtweg zu langsam. Ein Beispiel dafür ist das für den Verteidigungssektor wichtige Element Antimon.
„Westliche Regierungen und Unternehmen haben die Erkundung von Antimon nicht ausreichend unterstützt – immerhin war China eine zuverlässige Quelle – aber nur einen Handelspartner zu haben, sorgt vorhersehbar für exakt solche Szenarien“, sagte Scott Eldridge dazu gegenüber IPPEN.MEDIA. Eldrige führt Military Metals, ein kanadisches Minenunternehmen. Käufer hätten jetzt „große Probleme“ damit, Antimon zu kaufen.
Der deutsche Rüstungskonzern Rheinmetall aus Nordrhein-Westfalen gab zumindest für Wolfram Entwarnung. Zwar brauche der Konzern diesen Rohstoff für Panzer- und Mittelkalibermunition – jährlich müssten es mehrere hundert Tonnen sein – allerdings sei die Lieferkette gesichert.