Zum Ärger von Millionen Rentnern: Viele zahlen doppelt Beiträge in die Krankenkasse
Rentner zahlen oft doppelt Krankenkassenbeiträge, eine Belastung für viele. Doch die Parteien scheinen das Thema zu ignorieren.
Berlin – Mit der verlorenen Vertrauensfrage von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) kurz vor Weihnachten hat der Wahlkampf für die Wahl am 23. Februar 2025 offiziell begonnen. Die Parteien haben ihre Wahlprogramme präsentiert, die während der Feiertage von interessierten Wählern durchgelesen werden könnten. Ein genauerer Blick auf die Programme offenbart, dass der Kampf um die Stimmen der etwa 22 Millionen Rentner in Deutschland intensiv geführt wird. Allerdings fehlen Reformpläne für ein Thema, das vielen Rentnern ein Dorn im Auge ist.
Doppelte Beiträge für Rentner: Viele müssen auf mehrere Einkommen Krankenkassenbeiträge zahlen
Das deutsche Rentensystem basiert auf einem Drei-Säulen-Modell: die gesetzliche Rente, die betriebliche Altersvorsorge und die private Vorsorge. Diese drei Säulen sollen zusammen sicherstellen, dass die Bürger im Alter finanziell abgesichert sind. Wer sich jedoch nur auf die gesetzliche Rente verlässt, kann schnell in finanzielle Not geraten. Im Durchschnitt können Rentner nur mit einer monatlichen Rente von 1.500 Euro rechnen.
Es ist daher nicht überraschend, dass der deutsche Staat darauf setzt, dass die Menschen im Alter auf mehrere Einkommensquellen zurückgreifen. Daher ist die sogenannte „Doppelverbeitragung“ seit Jahren ein Ärgernis für viele Rentner, die genau das tun. Wer neben einer gesetzlichen Rente auch eine Betriebsrente erhält, muss derzeit sowohl auf die gesetzliche Rente als auch auf die Betriebsrente Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung zahlen.

Dies liegt daran, dass laut Sozialgesetzbuch (SBG) Krankenkassenbeiträge auf alle Einkünfte einer Person gezahlt werden müssen. Es gibt jedoch eine jährlich anzupassende Obergrenze, die Beitragsbemessungsgrenze. Im Jahr 2024 beträgt diese 62.100 Euro, im Jahr 2025 steigt sie auf 66.150 Euro. Das entspricht einem monatlichen Betrag von 5512,50 Euro, den eine Person maximal zahlen kann.
Alle Einkünfte einer Person werden addiert und wenn die Gesamtsumme unter der Beitragsbemessungsgrenze liegt, müssen auf alle Einkünfte Beiträge gezahlt werden. Alles, was darüber hinausgeht, ist beitragsfrei.
Rentner werden doppelt zur Kasse gebeten: Reform sollte Abhilfe schaffen
Renten jeglicher Art sind von diesen Regeln nicht ausgenommen. Da Rentner in der Regel weniger Einkommen als die Beitragsbemessungsgrenze haben, zahlen sie auch auf alle Einkünfte ihre Beiträge - und das eben auch doppelt.
Um dieses Problem zu lösen, hat die Bundesregierung vor einigen Jahren einen Freibetrag für Betriebsrenten eingeführt. Bis zu 176,75 Euro im Monat sind beitragsfrei. Dies entlastet Rentner mit einer kleinen Betriebsrente zumindest etwas. Laut Bundesgesundheitsministerium entspricht dies einer jährlichen Entlastung von 1,2 Milliarden Euro.
Diese Entlastung ist jedoch für die Millionen von Rentnern nicht ausreichend. Besonders ärgerlich ist die „Doppelverbeitragung“ bei Direktversicherungen, die bereits Jahrzehnte vor der Einführung der Regelung im SGB abgeschlossen wurden. Denn auch wer eine Einmalzahlung aus einer Direktversicherung erhält, die über den Arbeitgeber abgeschlossen wurde, muss Krankenkassenbeiträge zahlen.
Besonders heikel ist die Situation für Rentner, die auch im Alter noch arbeiten. Auch auf dieses Einkommen werden KV-Beiträge erhoben, die der Arbeitgeber zur Hälfte auch noch zahlt.
Beispiel zeigt wie sich die doppelten Beiträge zur Krankenkasse auswirken können
Ein Beispiel verdeutlicht, wie sich die Doppelverbeitragung auswirken kann:
Thomas L. ist Rentner. Aus der gesetzlichen Rentenversicherung bekommt er eine monatliche Rente von 1.500 Euro. Dazu hat er noch eine betriebliche Rente in Höhe von 600 Euro im Monat. Er hat auch noch einen sozialversicherungspflichtigen Nebenjob, den er in Teilzeit ausübt und für das er monatlich 1000 Euro bekommt Seine jährlichen Einkünfte belaufen sich also auf 37.200 Euro (brutto). Das liegt deutlich unter der Beitragsbemessungsgrenze von 66.150 Euro im Jahr 2025, deshalb muss Thomas auf alle Einkünfte Beiträge zahlen.
Auf die Betriebsrente gilt ein Freibetrag von 176,75 Euro. Thomas muss also nur auf 423,25 Euro KV-Beiträge zahlen. Seine Krankenkasse fordert einen Beitrag in Höhe von 14,6 Prozent, auf die Betriebsrente zahlt er also 61,79 Euro für die Krankenkasse im Monat.
Bei der gesetzlichen Rente gilt ein einheitlicher Satz von 14,6 Prozent, den Rentner nur zur Hälfte zahlen müssen. Die Rentenversicherung überweist diesen zusammen mit ihrem Anteil direkt an die Krankenkasse. Thomas L. zahlt auf die gesetzliche Rente monatlich 109,50 Euro als KV-Beitrag.
Für das Einkommen aus seiner Nebentätigkeit teilt er sich den Beitrag mit dem Arbeitgeber. Auch hier gilt der Rentner-Satz von 14,6 Prozent, also 146 Euro im Monat bzw. 73 Euro für Thomas L.
Insgesamt zahlt Thomas jeden Monat also 251,07 Euro an seine Krankenkasse. Das sind aufs Jahr gerechnet 3012,84 Euro.
Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hatte während seiner Amtszeit eigentlich eine Lösung für das von vielen Rentnern als unfair empfundene Problem angekündigt. Daraus ist jedoch nichts geworden. Und auch in den Wahlprogrammen von SPD, CDU, Grüne, FDP, AfD und Linke findet sich zu diesem Thema nichts.
Keine Partei plant das Ende der doppelten Beiträge für Rentner: Krankenkassen brauchen das Geld
Die Abschaffung der „Doppelverbeitragung“ bei Renten dürfte bei den Krankenkassen auf wenig Verständnis stoßen. Die Kassen sehen sich immer mehr gezwungen, die Beiträge zu erhöhen – 2025 wird voraussichtlich ein Rekord gebrochen. Dies hat auch mit der Krankenhausreform des Gesundheitsministers zu tun. Demnach müssen die gesetzlichen Kassen einen Teil der Reform finanzieren, was zu einer Erhöhung der Beiträge führen wird. Aber auch die Beiträge von Bürgergeld-Empfängern, die der Staat nicht auskömmlich aus Steuermitteln finanziert, setzen den Kassen zu. In dieser angespannten finanziellen Situation kann die Bundesregierung den Kassen keine Einnahmeverluste zumuten.
Es muss also eine andere Lösung gefunden werden, wenn dies politisch gewünscht ist. Eine Möglichkeit könnte sein, die „Doppelverbeitragung“ über die Steuer der Rentner abzurechnen – doch dafür müssten die Betroffenen erst eine Steuererklärung abgeben.
Dies steht jedoch im Widerspruch zu den Plänen der CDU, die die Steuererklärungspflicht für Rentner abschaffen wollen. Dadurch sollen die Finanzämter entlastet werden, so heißt es im Wahlprogramm der Christdemokraten.