Autozulieferer aus Baden-Württemberg eröffnet weiteres Werk und schafft 1.500 Arbeitsplätze – mit einem Haken
Der Autozulieferer Marquardt hat einen weiteren Standort eröffnet, in dem bis Ende des Jahrzehnts 1.500 Arbeitsplätze entstehen sollen. Es gibt allerdings einen Haken.
Rietheim-Weilheim - Während der Autozulieferer ZF Friedrichshafen Ende des Jahres erstmals einen deutschen Standort schließen wird, expandiert das Familienunternehmen Marquardt mit Stammsitz in Rietheim-Weilheim (Baden-Württemberg) trotz der angespannten Wirtschaftslage weiter. Nachdem der Autozulieferer jüngst einen Standort nahe der Stadt Erfurt (Thüringen) eröffnet hatte, erfolgte nur wenige Tage später die Eröffnung eines neuen Werkes für Bedienfelder für Premium-Fahrzeuge, in dem bis zum Ende des Jahrzehnts rund 1.500 Menschen beschäftigt sein sollen.
Die Marquardt-Gruppe stellt mechatronische Schalt- und Bediensysteme für die Autoindustrie, aber auch Hausgeräte und industrielle Anwendungen her. Als Zulieferer der Autoindustrie müsste das Familienunternehmen aus Baden-Württemberg ebenfalls von der aktuellen Schieflage der Branche betroffen sein; den Expansionsplänen steht das aber offenbar nicht im Weg. „Inmitten einer wirtschaftlich sehr herausfordernden Zeit setzen wir mit der Eröffnung dieses neuen Werks ein klares Zeichen für die Zukunft“, erklärte der Vorstandsvorsitzende Harald Marquardt bei der Einweihung.
Marquardt will bis 2030 zusätzliche 1.500 Arbeitsplätze schaffen – aber nicht in Deutschland
Der mehr als angespannten Wirtschaftslage in Deutschland kommt der neue Standort von Marquardt und die entstehenden Arbeitsplätze allerdings nicht direkt zugute. Das am 26. September eingeweihte hochmoderne Produktionswerk steht nämlich nicht in Deutschland oder Europa, sondern in El Feija, nahe der tunesischen Hauptstadt Tunis. „Tunesien ist und bleibt ein zentraler Standort für uns, und die Region bietet ideale Bedingungen für unsere Wachstumspläne“, begründete Marquardt-Chef Harald Marquardt die Wahl des Standorts. „Hier fertigen wir Bedienelemente, die den Fahrzeuginnenraum von morgen prägen werden.“
Name | Marquardt GmbH |
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Gründung | 1925 |
Sitz | Rietheim-Weilheim, Baden-Württemberg |
Branche | Autozulieferer, Haushaltsgeräte, Elektrowerkzeuge |
Mitarbeiter | rund 10.000 (2023) |
Umsatz | 1,4 Milliarden Euro (2023) |
Konkret hat das 1925 gegründete Familienunternehmen einer Pressemitteilung zufolge mehr als 50 Millionen Euro in das neue Werk in Tunesien investiert, in dem die Produktion von Bedienoberflächen für den Fahrzeuginnenraum von Premiumfahrzeugen bereits begonnen hat. Bis 2030 plant Marquardt nach eigenen Angaben zusätzliche 1.500 Arbeitsplätze für Ingenieure, Techniker und Produktionsmitarbeiter. Der Autozulieferer aus Baden-Württemberg hatte bereits im vergangenen Jahr erklärt, künftig mehr Arbeitsplätze im Ausland schaffen zu müssen, um wettbewerbsfähig zu bleiben.
Marquardt-Chef bemängelte bereits zuvor Standortnachteile in Deutschland
Dass Unternehmen aufgrund von stark gestiegenen Kosten und dem anhaltenden Fachkräftemangel immer deutlicher im Ausland investieren, ist keine neue Entwicklung. „Wir sind das Schlusslicht in Europa bei Steuerbelastung, Energiekosten, behördlichen Auflagen und sogar der Bildungsqualität der Berufsanfänger“, hatte Harald Marquardt im vergangenen Jahr dem Handelsblatt erklärt. In diesem Zuge kündigte er den Bau des neuen Werkes, dem zweiten des Unternehmens in dem nordafrikanischen Land, an. Die Politik müsse seiner Meinung nach dringend entgegensteuern, um den Wohlstand zu erhalten.

Mit dem vor wenigen Tagen am Erfurter Kreuz eröffneten neuen Produktionswerk für die Elektromobilität investiert Marquardt allerdings auch weiterhin in Deutschland. Dort sollen im Vergleich zum Standort in Tunesien aber „nur“ rund 200 neue Arbeitsplätze entstehen. Ein Messtechnik-Unternehmen aus dem Schwarzwald baut derzeit ebenfalls ein neues Werk, das im kommenden Jahr den Betrieb aufnehmen soll. Allerdings befindet sich auch dieser Standort nicht in Deutschland.