Trumps Verbündete verwandeln New Yorker Gericht in bizarre Showbühne

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Das Lager rund um Donald Trump nutzt den Prozess gegen den Ex-Präsidenten in New York für seine eigene Zwecke und auf seine ganz eigene Art.

New York - „Idioten. Alle von ihnen. Selbstüchtige Idioten.“ So soll ein hochrangiges Mitglied der Republikaner die Szenen beschrieben haben, die sich im und vor dem Gerichtssaal im New Yorker Stadtteil Manhattan am Donnerstag abgespielt hatten. Zitiert wurde der unbekannte Vertreter der „Grand Old Party“ vom US-Nachrichtenportal Daily Beast. Gemeint waren die Unterstützerinnen und Unterstützer des ehemaligen US-Präsidenten Donald Trump.

Trump ist der Angeklagte in einem Strafprozess in New York, der allgemein und nicht ganz korrekt als „Schweigegeldprozess“ bezeichnet wird. Denn dem designierten Kandidaten der Republikaner für die US-Wahl 2024 wird nicht vorgeworfen, Schweigegeld an die Erotik-Darstellerin Stormy Daniels gezahlt zu haben. Vielmehr soll er mit den Zahlungen gegen Regeln der Wahlkampffinanzierung verstoßen haben. Um diesen Vorgang zu verschleiern, soll Trump außerdem Geschäftsbücher gefälscht haben. Insgesamt hat die Staatsanwaltschaft in 34 Punkten Anklage gegen den Ex-Präsidenten erhoben. Es ist das erste Mal in der Geschichte der USA, dass ein ehemaliges Staatsoberhaupt sich in einem Strafprozess wiederfindet.

Protest gegen Trump-Prozess in New York

Für die Welt rund um Donald Trump selbst ist die Sache klar: Der Strafprozess in New York ist in ihren Augen ein politisches Manöver der Demokraten und ihres Kandidaten, dem amtierenden US-Präsidenten Joe Biden. Mithilfe der Justiz soll Trump diskreditiert und sein Sieg im November verhindert werden.

Aus Protest gegen den angeblich politisch motivierten Prozess reisten deshalb gleich mehrere schillernde Persönlichkeiten aus dem Umfeld Trumps nach New York – wohl auch, um die eigenen Chancen auf hochrangige Posten nach der US-Wahl 2024 zu verbessern. Die Liste der Anwesenden liest sich wie ein „Who’s who“ der letzten Garde der MAGA-Welt („Make America Great Again“), wie die Blase, die sich in den vergangenen acht Jahren um den Ex-Präsidenten bildete, in den USA genannt wird. Gesichtet wurden:

Trump-Verbündete sammeln sich in New York - die Liste der Anwesenden

  • Lauren Boebert: Die Kongressabgeordnete des Bundesstaates Colorado war zuletzt in den Schlagzeilen, weil sie offensichtlich berauscht eine Musical-Aufführung in Denver derart störte, dass sie des Saales verwiesen wurde.
  • Matt Gaetz: Der Abgeordnete aus Florida war an der Absetzung von Kevin McCarthy, Sprecher des Repräsentantenhauses, beteiligt und gilt selbst bei den Republikanern als radikal und unkontrollierbar. Ihm wird unter anderem Sex mit einer Minderjährigen und Drogenmissbrauch vorgeworfen.
  • Anna Paulina Luna: Ebenfalls aus Florida forderte das ehemalige Model und die jetzige Abgeordnete zuletzt umfassende Ufo-Untersuchungen vom US-Verteidigungsministerium.
  • Andy Biggs: Der Abgeordnete aus Arizona sieht sich aktuell Vorwürfen gegenüber, Donald Trump bei dessen Versuch, das Wahlergebnis des Bundesstaates bei der US-Wahl 2020 zu manipulieren, geholfen zu haben.
  • Eli Crane: Ebenfalls aus Arizona war auch Crane am Sturz des Republikaner-Chefs McCarthy beteiligt. Er gilt in seiner Partei als Außenseiter.
  • Bob Good: Der Abgeordnete aus Virginia kämpft ums politische Überleben, weil er im Vorwahlkampf der Republikaner Trumps Rivalen Ron DeSantis unterstützte. Laut der New York Times soll Trump Rache an Good geschworen haben. Sein Auftritt in New York dürfte eng damit verbunden sein, die Gunst des Ex-Präsidenten zurückzuerobern.

„Man kann sich keine bessere Trottel-Versammlung vorstellen“, sagte ein Vertrauter aus dem Lager von Donald Trump gegenüber dem Daily Beast und führte aus: „Ehrlich gesagt, wenn ChatGPT eine F-Liste aufstellen könnte, dann wäre es diese.“

Vor allem im Vergleich zu den vorigen Prozesstagen in New York hat sich der Kreis der Trump-Unterstützer personell deutlich verändert. Denn zunächst waren vor allem republikanische Schwergewichte aus dem Lager Trumps nach Manhattan gekommen, darunter Mike Johnson, Sprecher des Repräsentantenhauses, sowie die Senatoren Tim Scott und J. D. Vance. Beide gelten als Mitfavoriten auf den Posten als Trumps Vizepräsident.

Skandal-Republikaner Matt Gaetz (l.) ist sichtlich erfreut, Donald Trump in New York zu treffen.
Skandal-Republikaner Matt Gaetz (l.) ist sichtlich erfreut, Donald Trump in New York zu treffen. © POOL/AFP

Druck auf zweite Reihe der Republikaner vor US-Wahl steigt

Nun aber scheint auch die zweite Reihe der Republikaner den Druck zu verspüren, ihre Solidarität mit Trump deutlich zu machen. Dafür gibt es neben der Aussicht auf Kabinettsposten im Falle eines Sieges Trumps noch profanere Gründe. Denn neben der Präsidentschaft wählen die USA am 5. November auch große Teile des Kongresses, darunter das gesamte Repräsentantenhaus. Alle der in der obigen Liste genannten Personen sitzen in dieser Kongresskammer und müssen sich zur Wahl stellen. Die Öffentlichkeit, die der Prozess gegen den wohl berühmtesten Menschen der Welt garantiert, dürfte ihnen deshalb durchaus willkommen sein.

Neben den politischen Persönlichkeiten, die ihre Solidarität mit Donald Trump in New York zum Ausdruck brachten, erschien auch das Fußvolk des Ex-Präsidenten vor dem Gerichtssaal – bestückt mit jeder Menge US-Flaggen und Trump-Devotionalien. Den Preis für die obszönste Form der Unterstützung gewann dabei Scott Lobaido. Der Künstler aus Staten Island, einem Stadtbezirk in New York, brachte 100 Helium-Ballons in Penis-Form mit nach Manhattan.

Aufblasbare Geschlechtsteile prägen den Protest rund um den Prozess gegen Donald Trump in New York.
Aufblasbare Geschlechtsteile prägen den Protest rund um den Prozess gegen Donald Trump in New York. © IMAGO/Andrea Renault

Auf die Ballons hatte er Fotos von den Staatsangestellten geklebt, die in Ermittlungen gegen Trump beteiligt sind, darunter unter anderem Richter Juan Merchan und Staatsanwalt Alvin Bragg. Laut der New York Post gab Lobaido dafür rund 1500 US-Dollar aus. „So reden wir New Yorker nun mal“, sagte der Künstler dem Boulevardblatt.

Urteil im Prozess gegen Donald Trump steht kurz bevor

Für Donald Trump aber wird aber nicht entscheidend sein, wie die New Yorker reden, sondern wie sie urteilen. Konkret, wie die zwölf Personen aus dem Stadtbezirk Manhattan, die die Jury im Prozess gegen den Ex-Präsidenten bilden, den Fall bewerten werden. Das Urteil soll bereits Ende Mai, spätestens Anfang Juni feststehen. (Daniel Dillmann)

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