Signale an die Union: Schwarz-Grün eine Option für 2015
Signale an die Union: Schwarz-Grün eine Option für 2025
Der grüne Ministerpräsident Winfried Kretschmann bringt für 2025 eine Koalition mit der Union ins Gespräch. Und Robert Habeck als Spitzenkandidaten.
Berlin – Auch als Schwarzer kommt man den Grünen manchmal ganz nah, sogar dem grünen Lieblingsfeind. Auf dem CDU-Parteitag hat Daniel Günther neulich von einem Besuch bei der Handball-EM im Januar erzählt, sein Tribünennachbar sei Robert Habeck gewesen. Der Ministerpräsident von Schleswig-Holstein schwärmte von dem Abend, den Emotionen, und er meinte nicht nur den Sport. Habeck war einst sein Koalitionspartner und Stellvertreter in Kiel, jetzt waren sie wieder ein Team. Seite an Seite, gemeinsam für Deutschland.
Für einen Teil der Christdemokraten ist das – trotz diverser Vorbilder in den Landesregierungen – ein befremdlicher Gedanke, umgekehrt sind die Berührungsängste weniger ausgeprägt. Winfried Kretschmann, der bis heute einzige grüne Ministerpräsident, hat im Spiegel Schwarz-Grün jetzt als „realistische Option“ für die Bundestagswahl im nächsten Jahr bezeichnet. Baden-Württembergs Regierungschef argumentiert, auf diese Weise ließen sich „Ökonomie und Ökologie verflechten“, und er verweist auf persönliche Erfahrungen. 2021 habe er für eine Koalition mit der CDU viele Widerstände überwinden müssen. „Ein Jahr später haben mich alle umarmt, die damals die Ampel wollten.“
Für die Grünen ist ein Bündnis mit der Union die wohl einzige Option, an der Regierung beteiligt zu sein
Tatsächlich scheint absolut niemand deren Fortsetzung zu wollen, am allerwenigsten die Ampel-Parteien selbst. Für die Grünen ist ein Bündnis mit der Union aktuell die wohl einzige Option, um über 2025 hinaus an der Regierung beteiligt zu sein. Und der Hinweis auf bestehende Bündnisse in den Landesparlamenten ist berechtigt. Nicht nur in Baden-Württemberg und Schleswig-Holstein, auch in Nordrhein-Westfalen ist die Ökopartei Teil einer durchaus harmonischen Beziehung mit der CDU.
Was Kretschmann nicht sagt: Auf den Bund, wo die Herausforderungen vielfältiger und die Schnittmengen geringer sind, lässt sich das nicht so einfach übertragen, und seine Partei wäre für die Union nicht die erste Wahl. Bisher gilt eine Neuauflage der Großen Koalition als wahrscheinlichste Konstellation. Erst in jüngster Zeit brachte CDU-Chef Friedrich Merz auch die Grünen, die er vor einem Jahr noch als „Hauptgegner“ innerhalb der Ampel erachtete, als Alternative ins Gespräch. Ob aus Überzeugung oder Wahlkalkül, muss sich aber erst noch zeigen. Umgekehrt galt der CDU-Chef schon häufiger unfreiwillig als Beziehungskitt. „Wollt ihr lieber mit Merz verhandeln?“, hieß es, wenn es mal wieder besonders knirschte.
Ob Schwarz-Grün eine Option ist, ist aktuell der einzige große Dissens zwischen Merz und Söder
Unterhalb des öffentlichen Radars sind die Bande stabiler. Geknüpft wurden sie erstmals in den 90er-Jahren, damals als „Pizza-Connection“ bekannt in Anlehnung an den Treffpunkt, ein italienisches Restaurant. Auch heute kommt man im Stillen zusammen. Auf Unionsseite gehört Fraktionsvize Jens Spahn zu den Teilnehmern, was ihm im Bundestag aber nicht anzumerken ist. Erst am Mittwoch hielt er zum Atomausstieg eine feurige, zum Teil polemische Rede gegen die Grünen und besonders Robert Habeck.
Ernsthaft abschreckend wirkt so was nicht. Nebenbei sät Kretschmann mit seiner Botschaft ein bisschen Unfrieden in der Union. Ob Schwarz-Grün eine Option ist, ist ja der aktuell einzige große Dissens zwischen Merz und CSU-Chef Markus Söder. Merz hat zu Realo-Grünen wie Omid Nouripour einen engeren Draht als zu manchen Liberalen.
Der Wahlkampf und die folgende Regierungsbildung könnten lustig werden
Anders sieht es zwischen ihm und Habeck aus. Vielsagend war in diesem Zusammenhang nicht nur Merz‘ jüngstes Lob für Außen- und Sicherheitspolitik der Grünen („sehr vernünftig“), sondern auch das Abkanzeln ihrer Wirtschafts-, Energie- und Klimapolitik: „Da läuft zurzeit fast alles aus dem Ruder.“ Das zielt frontal auf den Vizekanzler.
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Der Wahlkampf und die folgende Regierungsbildung könnten lustig werden. Kretschmann hält Habeck für den natürlichen Spitzenkandidaten. Er lobt dessen Tatkraft in der Energiekrise ebenso wie seine Bereitschaft, sich Argumenten zu öffnen und dazuzulernen. Einfach würden die Gespräche wohl trotzdem nicht.
Als Angela Merkel diese Woche das grüne Urgestein Jürgen Trittin verabschiedete, bedauerte sie, dass Schwarz-Grün 2013 nicht zustande kam. Ob das in der heutigen CDU, mit der sie nicht mehr viel zu tun haben will, aber ein Argument für oder gegen eine Koalition ist, wäre noch mal eine ganz andere Frage. (Marc Beyer)
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