Wegen Trump-Zöllen: EU treibt im Hintergrund Konter-Deal voran – Sorge vor „weiterem Chaos“

  1. Startseite
  2. Wirtschaft

Kommentare

Die EU ringt um das Mercosur-Abkommen: Während Paris auf die Bremse tritt, werben Helsinki und Stockholm für neue Allianzen jenseits der USA.

Brüssel – US-Präsident Donald Trump kündigte vergangene Woche Zölle gegen fast alle Handelspartner an – die Börsen quittierten das mit Kurseinbrüchen. Die Märkte in Deutschland, Japan oder den USA fielen teils um bis zu 20 Prozent. Während China direkt mit Gegenzöllen reagierte, blieb es in Europa vergleichsweise still. Doch hinter den Kulissen diskutiert die Europäische Union über eine passende Reaktion.

Freihandelsordnung vor dem Umbruch? Trump ignoriert europäische Gesprächsangebote

Statt Amerika „great again“ macht Trump die Welt mit seiner Zollpolitik ärmer, glauben Wirtschaftsexperten. Sollte er seine Drohungen tatsächlich wahr machen, hebelt der US-Präsident damit die bisherige Wirtschaftsordnung des Freihandels aus. Noch besteht allerdings Hoffnung auf Verhandlungen. „Länder aus der ganzen Welt sprechen mit uns. Harte, aber faire Rahmenbedingungen werden gesetzt“, schrieb der US-Präsident dazu auf seiner Plattform „Truth Social“. Den Vorschlag der EU-Kommission, Gespräche über die Abschaffung aller Zölle auf Industriegüter zu führen, hatte Trump allerdings bereits abgeschmettert.

Nun untersucht die EU-Kommission mögliche Gegenzölle, ließ die Tür für Verhandlungen aber offen. Indes werben Finnland und Schweden dafür, sich nach anderen Handelspartnern umzusehen. Die Außenministerinnen der beiden Länder betonten am Dienstag (8. April) bei einer gemeinsamen Pressekonferenz die Dringlichkeit, angesichts des Handelsstreits mit den USA das Mercosur genannte Freihandelsabkommen mit Argentinien, Brasilien, Paraguay und Uruguay schnell umzusetzen. Nach jahrzehntelangen Verhandlungen hatte die EU im Dezember ein Abkommen mit den vier lateinamerikanischen Ländern geschlossen. Der Deal ist allerdings noch nicht von den EU-Staaten und dem EU-Parlament ratifiziert.

US-Präsident Donald Trump kündigte Anfang April 2025 neue Zölle gegen fast alle Handelspartner der USA an. Nun berät die EU über eine Reaktion. ©  Montage von IMAGO / ABACAPRESS/ Christian Ohde

Mercosur sorgt für Spannungen: Frankreich will Abkommen mit Sperrminorität stoppen

„Als Finnland sind wir dafür, neue Handelskanäle zu öffnen und neue Freihandelsabkommen mit anderen Teilen der Welt zu prüfen“, sagte die finnische Außenministerin Elina Valtonen. Die EU leiste auf dem Gebiet „fantastische Arbeit“. Ihre schwedische Amtskollegin Maria Malmer Stenergard forderte die „volle Anwendung“ des Mercosur-Abkommens. Auch Deutschland, die größte Volkswirtschaft der EU und drittgrößte der Welt, ist für das Abkommen. Befürworter sind auch Portugal und Spanien.

Frankreich hingegen tut alles, um Mercosur zu verhindern. Paris versucht derzeit, eine Sperrminorität zu organisieren, müsste dafür aber vier Mitgliedstaaten überzeugen, die mindestens 35 Prozent der EU-Bevölkerung vertreten. Das Mercosur-Abkommen würde „dem Chaos durch die von Donald Trump angekündigten Zölle noch weiteres Chaos hinzufügen“, sagte Frankreichs Landwirtschaftsministerin Annie Genevard dem Sender Radio J. „Mercosur war gestern ein schlechtes Abkommen und ist es immer noch“, so die Ministerin.

Amazonas in Gefahr? EU-Deal könnte Rodung vorantreiben

Kritik an dem Abkommen kommt vor allem von Landwirten, die argumentieren, dass in Südamerika weniger strenge Vorschriften und Umweltauflagen herrschen als in der EU, insbesondere mit Blick auf Pestizide. Zudem befürchten sie den Import von günstigeren Produkten wie Fleisch, Zucker, Reis, Honig und Soja. „Das Abkommen treibt die Abholzung des Amazonas-Regenwaldes weiter voran“, kritisiert das Umweltinstitut München. Über 60 Prozent der abgeholzten Flächen im Amazonasgebiet gehen auf die Weidehaltung zurück, die für die Exporte nach Europa weiter ausgedehnt würden, hieß es weiter. Zudem würde der Deal „auf dem europäischen Markt zu Preisdumping und damit wohl dem Sterben weiterer Bauernhöfe“ führen.

Die USA sind der wichtigste Handelspartner der EU. Im vergangenen Jahr wurden laut Daten des Statistischen Bundesamtes Waren im Wert von 865 Milliarden Euro gehandelt – das sind 17 Prozent des EU-Außenhandelsumsatzes. Der Handel mit den Mercosur-Staaten Argentinien, Brasilien, Paraguay und Uruguay lag laut EU-Daten im Jahr 2023 bei 109,4 Milliarden Euro. Sollte das geplante Abkommen zustande kommen, entstünde mit 720 Millionen Menschen die größte Handelszone weltweit. Dies entspräche 20 Prozent der globalen Wirtschaft und über 31 Prozent der weltweiten Warenexporte.

Trumps Trumpf: Uneinigkeit in der EU

Neue US-Zölle für Europa in Höhe von 20 Prozent sollen ab Mittwoch wirksam werden. Welche Gegenzölle Brüssel erheben will, wird derzeit noch beraten. Anders als bislang angekündigt, soll es voraussichtlich keine Zusatzzölle auf amerikanischen Whiskey geben. Denn die USA hatten im Gegenzug mit der Einführung von 200-prozentigen Zöllen auf Wein, Champagner und andere alkoholische Getränke aus EU-Staaten gedroht. Das rief wiederum Länder wie Frankreich und Italien auf den Plan, die in Brüssel mit Lobbyarbeit dafür sorgten, dass die EU von Gegenzöllen auf Whiskey absah. Diese Uneinigkeit innerhalb Europas spielt Washington in die Karten und schwächt die Verhandlungsposition der EU (bme mit AFP)

Auch interessant

Kommentare