Deutsche Bank-Analyst zu Trumps Zöllen: „Selten waren die nächsten paar Tage so wichtig“

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Trumps Zölle schockieren die Weltmärkte. China reagiert – und Wirtschaftsexperten warnen vor einer weltweiten Rezession.

Frankfurt – Wirtschaftsexperten sind in Aufruhr, die Börsen weltweit auf Talfahrt: US-Präsident Donald Trump scheint mit seiner Ankündigung weltweiter Zölle das bisherige Wirtschaftssystem des Freihandels aushebeln zu wollen. Bleibt der Republikaner bei seiner Haltung, droht ein weltweiter Handelskonflikt – bei dem es keine Gewinner gibt.

Handelskonflikt eskaliert: Peking kündigt Vergeltung bis zum Äußersten an

Trump verkündete am vergangenen Mittwoch (2. April) neue US-Zölle, die deutlich höher und komplizierter ausfielen, als erwartet. Die Aktienkurse weltweit stürzten ab. Der deutsche Leitindex Dax brach allein am Montagmorgen um zehn Prozent ein. „Der Verkaufsdruck hat zum Wochenstart noch einmal massiv zugenommen“, sagte Finanzmarktexperte Andreas Lipkow der dpa. „Die Nerven liegen aktuell blank.“ Wirtschaftsexperte und Nobelpreisträger Paul Krugman sprach gegenüber der New York Times vom „größten Handelsschock der Geschichte“ – einschließlich des Smoot-Hawley-Zollgesetzes der 1930er-Jahre, das damals eine Verschärfung der Weltwirtschaftskrise bewirkte.

Chinas Handelsministerium bezeichnete die US-Zollpolitik als Erpressung aus Washington. Peking gab zudem bekannt, die auferlegten Zölle von 34 Prozent in gleicher Höhe auf Produkte aus den USA erwidern zu wollen. Man werde den Handelskrieg gegen die USA „bis zum Ende kämpfen“, teilte ein Sprecher des chinesischen Außenministeriums mit. Auch die EU diskutiert über eine angemessene Reaktion auf die neuen Zölle. Noch besteht aber Hoffnung, dass Trump in Verhandlungen tritt. „Länder aus der ganzen Welt sprechen mit uns. Harte, aber faire Rahmenbedingungen werden gesetzt“, schrieb der US-Präsident dazu auf seiner Plattform „Truth Social“.

Den Vorschlag der EU-Kommission, Gespräche über die Abschaffung aller Zölle auf Industriegüter zu führen, hatte Trump allerdings abgelehnt. Nun sei die Frage, „ob die US-Regierung versucht, einen eleganten Ausweg zu finden, oder einen Rückzieher macht“, kommentiert der Chefvolkswirt der Deutschen Bank, Jim Reid, in seiner aktuellen Analyse. „Es wird die gesamte Beziehung zwischen den USA und der übrigen Welt in allen wichtigen Bereichen beeinflussen, einschließlich Verteidigung, Geopolitik und der multilateralen, auf Regeln basierenden Weltordnung.“

Ölpreise fallen, die Sorgen steigen: Rezessionsangst greift in den USA um sich

Jerome Powell, der Chef der US-Notenbank, warnte zuletzt vor steigender Inflation und einem verlangsamten Wirtschaftswachstum in den USA. Indes behauptete Trump am Montag auf „Truth Social“: „Die Ölpreise sind gesunken, die Zinsen sind gesunken [...], die Lebensmittelpreise sind gesunken, es gibt keine Inflation und die seit langem missbrauchten USA kassieren wöchentlich Milliarden von Dollar aus den Missbrauchsländern durch bereits bestehende Zölle.“ Sinkende Ölpreise gelten allerdings als Indikator für eine bevorstehende Rezession. Experten erwarten außerdem, dass die neuen US-Zölle Güter künftig teurer machen, weshalb auch die Inflation wieder anziehen wird.

Selbst Trumps Verbündete, etwa der milliardenschwere Hedgefonds-Investor Bill Ackman, der den Wahlkampf des Republikaners im vergangenen Jahr unterstützt hatte, warnen nun eindringlich davor, dass Zölle die Wirtschaft zum Einsturz bringen und vor allem Trump-Anhänger treffen würden. Auch Tesla-Chef Elon Musk hat einem Bericht der Washington Post zufolge gefordert, die Zölle zurückzunehmen. Der Analyst der Deutschen Bank, Jim Reid, betont, das alles käme nicht überraschend. Der US-Präsident habe seine Absichten zu Zöllen „seit Jahren, wenn nicht Jahrzehnten, ziemlich klar dargelegt, und seine Handlungen und Worte vor und nach der Amtseinführung waren ziemlich eindeutig“.

US-Präsident Donald Trump hat mit seinen jüngsten Zolldrohungen die Börsen weltweit auf Talfahrt geschickt
US-Präsident Donald Trump hat mit seinen jüngsten Zolldrohungen die Börsen weltweit auf Talfahrt geschickt (Archivbild). ©  IMAGO / ZUMA Press Wire/Glen Stubbe

US-Zollpolitik: Können Trumps Zölle funktionieren?

Aus Sicht der Trump-Regierung sollen die neuen Zölle zu einer ausgeglichenen Handelsbilanz führen und damit die Industrialisierung und Produktion in den Vereinigten Staaten ankurbeln. Dass das funktionieren kann, bezweifeln Experten allerdings. „Deutschland hat enorme Handelsüberschüsse, und selbst in Deutschland ist der Anteil des verarbeitenden Gewerbes an der Gesamtbeschäftigung stark zurückgegangen“, gibt der Nobelpreisträger und Ökonom Paul Krugman zu bedenken. Es gebe ohnehin keinen Grund, anzunehmen, dass die Handelsbilanz zwischen zwei Ländern ausgeglichen sein sollte.

Und auch reziproke, also wechselseitige Zölle, sind schon längst gang und gäbe. „Die US-Handelspolitik beruhte schon immer auf Gegenseitigkeit“, betonte der Ökonom und bezog sich damit auf die Zollpolitik des Reciprocal Trade Agreements Act aus dem Jahr 1934, mit der die USA die Weltwirtschaftskrise eindämmen wollten. Es gebe kein einziges wissenschaftliches Paper, das eine wie nun von Trump etablierte Zollpolitik empfiehlt, wie Krugman im Podcast The Ezra Klein Show der New York Times sagte. Die daraus entstehenden Probleme könnten womöglich nicht nur von kurzer Dauer sein, sondern „zu jahrelangen, schmerzhaften Verlusten führen“, so der Experte weiter.

Ungewissheit als Wachstumsbremse: „Make America weniger wichtig“

Insbesondere die unterschiedlichen Tarife für verschiedene Länder sehen Ökonomen als großes Problem. Am Ende werde sich die USA mit der die Zollpolitik womöglich ins eigene Fleisch schneiden. „Es gibt keine US-Autoindustrie, es gibt eine nordamerikanische Autoindustrie zwischen Mexiko, Kanada und den Vereinigten Staaten.“ Die Zölle erhöhen die Kosten und „damit ist es am Ende schlecht für die Autoindustrie in den USA“, erklärt Krugman. „Der Protektionismus ist unvorhersehbar und instabil und diese Unsicherheit ist die rezessive Kraft. Die Tatsache, dass niemand weiß, was als Nächstes kommt, macht eine Rezession sehr viel wahrscheinlicher.“

Die Sparkassen-Fondsgesellschaft Deka geht davon aus, die US-Zollpolitik könnte zu geringeren Wachstumsraten und hoher Volatilität an den Märkten führen – und das für mehrere Monate. „Anstatt ‚Make America Great Again‘ zu verfolgen, arbeitet Trump am Projekt ‚Make America weniger wichtig‘ – sowohl wirtschaftlich als auch geopolitisch“, sagt Deka-Vorstandsmitglied Matthias Danne. Wirkliche Offenheit für Verhandlungen zeigt der US-Präsident aktuell aus Sicht des Research-Strategen der Deutschen Bank, Jim Reid, nicht. Wie es weitergehe, entscheide sich aber in Kürze, meint er: „Selten, wenn überhaupt, waren die nächsten paar Tage so wichtig.“

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