Garmisch-Partenkirchner Klinikchef wettert: Lauterbach-Pläne „eine Luftnummer“
Die neuen Gesetze, die Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD), durchbringen will, bewertet Frank Niederbühl, Geschäftsführer am hiesigen Klinikum, als wenig hilfreich.
Garmisch-Partenkirchen – Die düstere Finanzlage rund ums Garmisch-Partenkirchner Klinikum treibt nicht wenigen Lokalpolitikern Sorgenfalten auf die Stirn. Sinnbildlich für die Situation war eine nur kurze Anfrage von Christine Sontheim zuletzt im Finanzausschuss der Marktgemeinde. „Beim Klinikum hab’ ich wirklich große Sorgen“, versicherte die CSU-Gemeinderätin. „Wir können doch das Defizit als Kommunen nicht dauerhaft gegenfinanzieren. 2025 halten wir vielleicht noch durch, aber spätestens 2026 geht gar nichts mehr.“ Bürgermeisterin Elisabeth Koch (CSU) konnte ihr nicht gut zureden. „Ich weiß nicht, wie es weitergeht“, räumte sie ein. Landrat Anton Speer (FW) sei in ihren Augen eher zweckoptimistisch in dieser Angelegenheit. „Ich sehe in der Thematik überhaupt keine Bewegung.“
Mittlerweile liegen die Gesetzesentwürfe von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) auf dem Tisch. Das Krankenhaustransparenzgesetz, das bereits verabschiedet ist, „stellt für uns keine Hilfe dar, sondern ist aufgrund des erhöhten Aufwands lediglich lästig“, betont Frank Niederbühl, Geschäftsführer am hiesigen Klinikum. Darin geht es um ein bundesweites Register aller Kliniken, um Transparenz über den Leistungsumfang und die Qualität zu schaffen. „Letztlich wird dieses Register nur gebraucht, um die Krankenhäuser zu kategorisieren, um die Strukturreform voranzutreiben.“
Krankenhausversorgungsverbesserungsgesetz geht an Realität vorbei
Der große Wurf im Rahmen der Krankenhausreform soll das sogenannte Krankenhausversorgungsverbesserungsgesetz (KHVVG) bringen. „Das liegt uns bisher noch nicht einmal vor, das haben wir uns von den Medien beschaffen müssen, denen Lauterbach es zugespielt hat“, sagt Niederbühl. Was er in diesen Unterlagen gelesen hat, verleitet ihn zu einem glasklaren Urteil: „Eine komplette Luftnummer.“ Zumindest für sein Haus in Garmisch-Partenkirchen, das weder ein Struktur- noch ein Belegungsproblem hat. „Wir sind sogar an der Kapazitätsgrenze. Bei uns geht es darum, dass wir unsere Kosten für Personal und Material durch die Erlöse decken müssen.“ Das ist bei weitem nicht mehr der Fall. Von den rund 12 Millionen Euro Minus im Jahr 2023 entfielen rund 8 bis 10 Millionen auf diesen Sektor. Steigende Energiekosten etwa, die könne das Krankenhaus an der Auenstraße kompensieren. Nicht aber den zu geringen Ausgleich für die medizinische Leistung.
Der einzige Ansatz, der Erleichterung bringen wird, ist der rückwirkende Ausgleich der Tarifsteigerungen fürs Personal. „Aber das kommt viel zu spät. Den hätten wir für die Jahre 2022 und 2023 gebraucht“, klagt Niederbühl. Nicht erst in 2024, für das die Zahlungen wohl maximal einen sechsstelligen Betrag ausmachen würden. „Das ist sehr übersichtlich.“
Neue Finanzierung: 60 Prozent für die Vorhaltung, 40 Prozent als Fallpauschalen
Der Gesetzentwurf sieht zudem eine Neuregelung der Krankenhausfinanzierung vor: 60 Prozent sollen die Kliniken für die Vorhaltung von qualifiziertem Personal und einem breiten medizinischen Spektrum erhalten. Aber auch in dieser Hinsicht ist das Klinikum am Limit, platzt eher aus allen Nähten, plant daher den zweiten Südflügel als 70 Millionen Euro schweren Neubau. „Da ist für uns nicht mehr viel zu holen.“
Nur 40 Prozent der Finanzierung laufen dann noch über die Fallpauschalen. Die sind aus Garmisch-Partenkirchner Sicht der Knackpunkt. Denn sie steigen einfach nicht in dem Maße, wie es die Kosten tun. Zuständig für die Festlegung ist zwar der Freistaat, den Rahmen für die Höhe der Pauschalen bestimmt allerdings der Bund. „Das ist ein Korridor, auf dem ein Deckel ist. Und wir sind schon sehr lange an diesem Deckel angelangt“, verdeutlicht der Klinikchef. „Der Bund könnte das ändern, tut es aber nicht.“
Nur diesen Hebel sieht er aus hiesiger Sicht, um die Finanzen wieder in den Griff zu bekommen. Denn eines stellt er klar: „Eigentlich haben wir wirtschaftlich sehr gute Voraussetzungen.“ Zum Beispiel mit der florierenden Endogap-Fachklinik für Gelenkersatz im Haus. „Aber dann macht es Puff, und auf einmal hast du eine Lücke von zehn Millionen offen, dabei kamen wir von Gewinnen.“
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Absurd: Gesundes Klinikum gerät in nur kurzer Zeit in die Finanzkrise
Niederbühl betont einmal mehr, dass der Landkreis 2023 erstmals überhaupt ein Defizit des Klinikums ausgleichen musste. Nur: Ändert sich jetzt nichts, dürfte das erst einmal so bleiben. „Es ist absurd, dass die stationäre Versorgung vom Landkreis abhängt“, sagt Niederbühl. „Das belastet die Kommunen wahnsinnig, das ist mir bewusst.“
Ein schnelles Ende dieser Krise prognostiziert der Geschäftsführer derzeit nicht. Somit beantwortet er indirekt auch die Frage aus dem Garmisch-Partenkirchner Ausschuss. „Diese Gesetze werden uns nicht helfen“, bedauert Niederbühl. Für 2025 sieht er schwarz. Deshalb befindet er sich bereits im Austausch mit dem Landrat und der Kreisverwaltung, wie es weitergehen kann.
Gespräche gab es zuletzt auch mit hochrangigen Politikern (siehe Kasten), die zu Gast waren. „Das öffnet dann schon manchem die Augen“, sagt Niederbühl. „Wir vermitteln der großen Politik gerne einen Einblick.“ Wenn es denn am Ende helfen sollte.