Mindestlohn-Debatte: Gewerkschaft wirft SPD Austricksen der Basis vor – „ins eigene Fleisch geschnitten“
Schon bevor Merz‘ Koalition an den Start geht, diskutieren SPD und Union über den Mindestlohn. Kritik an den Sozialdemokraten gibt es nun von Gewerkschaftsseite.
Berlin – Im Wahlkampf gehörte die Mindestlohnerhöhung zu einem der zentralen Versprechen der Sozialdemokraten. Schon jetzt ist eine Erhöhung des gesetzlichen Mindestlohns zum Streitpunkt zwischen Union und SPD geworden. Während SPD-Chef Lars Klingbeil verkündete, der gesetzliche Mindestlohn werde im Jahr 2026 auf die angekündigten 15 Euro steigen, sprach CDU-Chef Friedrich Merz davon, dass es für diese Erhöhung keinen Automatismus gebe.
Koalitionsvertrag zwischen Union und SPD: Merz widerspricht SPD-Darstellung über Mindestlohn
Gegenüber der Bild am Sonntag erklärte Merz nur wenige Tage nach Vorstellung des Koalitionsvertrags, SPD und Union hätten sich lediglich darauf verständigt, dass die Mindestlohnkommission „in diese Richtung denkt“. Weiter kündigte der wahrscheinlich nächste Kanzler an: „Es wird keine gesetzliche Regelung geben.“ Dass die SPD die angekündigte Erhöhung dennoch als gesetzt vermittelt, kritisierte vor diesem Hintergrund der Leiter Tarifpolitik bei der Gewerkschaft Verdi, Norbert Reuter.
Mindestlohn-Debatte: Gewerkschaft kritisiert SPD – „ins eigene Fleisch geschnitten“
Gegenüber der Bild-Zeitung kritisierte Reuter, von der SPD sei es „etwas unehrlich zu sagen, das sei beschlossen“, und erklärte: „So steht es nicht im Koalitionsvertrag.“ Im Interview mit dem rbb verwies der Verdi-Gewerkschafter auf die Mindestlohnkommission. Nur das Gremium könne über die Erhöhung des Mindestlohns entscheiden: „Die müssten sich einigen.“
Der Koalitionsvertrag gebe den Gewerkschaften nun zwar „Argumente“, jedoch „keine Garantie“. Über die SPD-Ankündigung sagte Reuter: „Hier hat man sich eher ins eigene Fleisch geschnitten, weil das jetzt groß in der Debatte ist und das nochmal jetzt eigentlich transparent wird, dass dieses Versprechen eben nicht zu halten ist, sondern dass es in der Mindestlohnkommission liegt.“
Mindestlohn-Erhöhung: Darauf haben sich Union und SPD im Koalitionsvertrag geeinigt
Im Koalitionsvertrag von CDU, CSU und SPD heißt es, die Entwicklung des Mindestlohns müsse einen Beitrag zu stärkerer Kaufkraft und einer stabilen Binnennachfrage in Deutschland leisten. „An einer starken und unabhängigen Mindestlohnkommission halten wir fest.“ Für die weitere Entwicklung des Mindestlohns werde sich die Kommission im Rahmen einer Gesamtabwägung sowohl an der Tarifentwicklung als auch an 60 Prozent des Bruttomedianlohns von Vollzeitbeschäftigten orientieren. „Auf diesem Weg ist ein Mindestlohn von 15 Euro im Jahr 2026 erreichbar.“
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SPD-Abstimmung über Koalitionsvertrag: Jusos legen mit Kritik nach und rufen zu Nein-Stimme auf
Der Koalitionsvertrag zwischen Union und SPD steht zwar, muss jedoch noch eine Hürde nehmen. Derzeit läuft ein SPD-Mitgliedervotum. Kritik gab es bereits vor Beginn der Abstimmung von den Jusos. Die stellvertretende Vorsitzende der Jusos, Johanna Börgermann, pochte am Dienstag erneut auf Nachbesserungen im Koalitionsvertrag.
Dem WDR sagte Börgermann: „Manche Sachen müssen einfach wieder raus, weil sie nicht für uns stehen und nicht für die Sozialdemokratie stehen können.“ Für das laufende Votum der 358.322 Parteimitglieder haben die Jusos dazu aufgerufen, mit Nein zu stimmen. (pav mit dpa)