Afghanischer Kulturverein distanziert sich von Auto-Anschlag in München: „Barbarisch und unmenschlich“

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Der mutmaßliche Anschlag auf Demonstrierende in München löst erneut hitzige Migrationsdebatten aus. Kultur-Vereine mahnen vor vorschnellen Schlüssen.

München – Nach dem mutmaßlichen Auto-Anschlag auf eine Demonstration in der Münchner Innenstadt sitzt der Schock tief. Auch der afghanische Kulturverein Farhang mit Sitz in der Landeshauptstadt drückte am Donnerstag sein Entsetzen aus und distanzierte sich dabei entschieden von der Tat. „Das ist barbarisch, das ist unmenschlich“, sagte der Vorsitzende Mohammad Imran Sediqi der dpa am Donnerstag. „Solche Menschen gehören nicht nach Deutschland. Die sind eine Gefahr für ganz Deutschland und auch für die afghanische Community.“

„Unmenschlich“: Afghanischer Kulturverein distanziert sich von Gewalttat in München

Sediqi betonte, dass man es nicht einfach so hinnehmen könnte, „wenn in unserem geliebten München so etwas passiert.“ Selbst wenn der mutmaßliche Täter depressiv oder traumatisiert sein sollte, sei dies keine Entschuldigung. Ähnliche Reaktionen habe der Vorsitzende in seinem Umfeld wahrgenommen, schilderte er: „Wir sind sehr traurig, dass unschuldige Menschen deshalb jetzt verletzt und teilweise schwer verletzt sind, das ist wirklich ganz schlimm.“

Auto in München in Menschengruppe gefahren
In der Münchner Innenstadt ist ein Auto in eine Menschengruppe gefahren. © Matthias Balk/dpa

Was über den Tatverdächtigen bislang bekannt ist

Die Polizei hatte bei dem mutmaßlichen Auto-Anschlag am Donnerstag einen 24 Jahre alten Mann festgenommen, der offiziellen Angaben zufolge ein Asylbewerber aus Afghanistan ist. Sein Asylverfahren wurde im Jahr 2020 endgültig abgeschlossen, mit einem Ablehnungsbescheid und der Aufforderung zur Ausreise. Die Landeshauptstadt München habe dann aber im April 2021 einen Duldungsbescheid erlassen und im Oktober 2021 eine Aufenthaltserlaubnis. Der junge Mann habe eine Schule besucht und eine Berufsausbildung gemacht. Er war als Ladendetektiv tätig. Der Mann war demnach polizeibekannt, jedoch nicht – wie anfangs angenommen – weil er Straftaten begangen hatte, sondern weil er als Zeuge ausgesagt hatte.

Bayerischer Flüchtlingsrat warnt vor „rassistischer Hetze“ infolge des mutmaßlichen Anschlags in München

Auch der Bayerische Flüchtlingsrat zeigte sich in einer Stellungnahme „schockiert über die Gewalttat“ und forderte eine umfassende Aufklärung des Vorfalls. „Gleichzeitig befürchten wir, dass vorschnelle und vereinfachende Schlüsse aus der Tat gezogen werden und die Tat für rassistische Hetze missbraucht wird.“ Der Rat warnte davor, einen direkten Zusammenhang zwischen Gewalt und Herkunft herzustellen. Diese Rhetorik sei „gefährlich und führt nur zu mehr Angst und gesellschaftlicher Spaltung“. Politik, Medien ebenso wie die Zivilgesellschaft seien nun in der Verantwortung, besonnen zu reagieren.

Dass Menschen mit Migrationshintergrund eine politische Instrumentalisierung der Tat befürchten, wurde bereits nach dem Messerangriff auf eine Kindergartengruppe in Aschaffenburg deutlich, bei dem zwei Menschen getötet wurden. Auch damals war der mutmaßliche Täter ein Asylbewerber aus Afghanistan. Rund 1.000 Menschen waren infolge auf die Straßen gezogen, um gemeinsam gegen einen Rechtsruck in Deutschland zu demonstrieren. Besonders emotional war dabei der Auftritt einer jungen afghanischen Schülerin. Sie hatte sich für die mutmaßliche Tat ihres Landsmannes entschuldigt und betont, dass nicht alle Afghanen böse seien.

Nach mutmaßlichen Anschlag in München: Auch Verdi spricht sich gegen „Meinungsmache und Hetze“ aus

Nach dem Vorfall am Donnerstag sprach sich auch die Gewerkschaft Verdi – Organisator der Demonstration – gegen politische Instrumentalisierung der Tat aus. „Wir lehnen jegliche Meinungsmache und Hetze durch einige Politiker*innen im Rahmen des Wahlkampfs entschieden ab“, hieß es in einer Mitteilung. Verdi-Vorsitzende Frank Werneke sagte: „Unsere Gedanken sind bei den unschuldigen Opfern und Verletzten sowie ihren Angehörigen.“

In rund einer Woche finden in Deutschland die Bundestagswahlen statt. Der mutmaßliche Anschlag wird die politische Debatten zur Einwanderung erneut hochkochen lassen. Viele Politiker äußerten sich bereits öffentlich zum mutmaßlichen Anschlag in München. Sie zeigten sich bestürzt, bekundeten ihre Anteilnahme, forderten erneut Konsequenzen, riefen aber auch zu Besonnenheit auf. (nz/dpa)

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