E-Autos im Luxussegment: Edle Hersteller schwenken wieder auf Verbrenner um
Die Nachfrage für innovative Elektrotechnologie auf Rädern ist schwach: Hochpreisige E-Autos von Mercedes, Aston Martin und Co. avancieren zu Ladenhütern.
Stuttgart/München - E-Mobilität ist in Deutschland ins Stocken geraten und das Verbrenner-Aus auf EU-Ebene wieder fraglich. Der Trend in der europäischen Autoindustrie geht dahin, dass Benzin- und Dieselmotoren in Europa doch länger eine Daseinsberechtigung haben, als von der EU-Kommission vorgesehen.
Das hat jedoch nicht nur mit der Abschwächung staatlicher Förderung zu tun: Selbst im Premium- und Luxussegment liegen die Absatzerwartungen renommierter Autobauer unter den ursprünglichen Erwartungen. Die Folge ist eine Verlangsamung der Antriebswende hin zur E-Mobilität.
Mercedes stoppt Elektro-Plattform wegen E-Auto-Krise
Mercedes-Benz hat seine Pläne zur Erweiterung der Produktionskapazitäten für Elektroautos zurückgefahren: Wie das Handelsblatt schildert, haben die Stuttgarter aus Kostengründen die Entwicklung der E-Plattform MB.EA-Large gestoppt. Die Architektur war dafür gedacht, ab 2028 die neuen Baureihen der E-Modelle der S-Klasse-Limousinen und GLE-Geländewagen zu produzieren.
Auf Anfrage des Portals bestätigte die Premiummarke, dass nun stattdessen bis in die 2030er-Jahre hinein sowohl Fahrzeuge mit Verbrennungsmotor als auch mit elektrischem Antrieb auf derselben Produktionslinie produziert werden sollen. Der Bericht bezieht sich auf Insiderquellen, wonach die Entscheidung für das Ende der reinen E-Produktionslinie auf die schlechte Marktentwicklung zurückzuführen sei. Angesichts der schwachen Absätze bei Elektroautos rechne sich der Aufwand für eine komplett neue Plattform nicht mehr.
Im Jahr 2021 hatte sich Mercedes zum Ziel gesetzt, bis 2025 einen Anteil von 50 Prozent an Elektro- und Hybrid-Neuwagen zu erreichen. Mittlerweile ist jedoch Ernüchterung eingekehrt: Der Zeitpunkt wurde auf Ende des Jahrzehnts verschoben, die wirtschaftlichen Entwicklungen zwingen den Luxushersteller, länger als geplant Modelle mit Verbrennermotor zu verkaufen.
Aston Martin verschiebt Marktstart von Elektroauto
Auch Konkurrent Aston Martin zog unlängst die Konsequenzen aus der mangelnden Nachfrage nach hochpreisigen E-Autos. Die britische Nobelmarke verschiebt den Start ihres ersten Elektroautos um mindestens ein Jahr von 2025 auf 2026. Die Maßnahme basiert laut Daily Mail aber nicht auf langsamen Fortschritten in der Entwicklung des Sportwagens, sondern vielmehr darauf, dass die Nachfrage nicht das erwartete Niveau erreicht hat. Das bestätigte im Februar der Aufsichtsratsvorsitzende von Aston Martin, Lawrence Stroll.

Der Manager führte aus, dass vielmehr die Nachfrage für Plug-in-Hybride hoch sei, aus diesem Grund ist 2024 der Hybrid-Sportwagen Valhalla erscheint: ein bis zu 335 km/h schnelles Geschoss mit einer elektrischen Reichweite von 15 Kilometern.
Zwei Millionen Euro teures E-Auto Rimac Nevera (fast) ein Ladenhüter
Dass hochpreisige, superschnelle Elektroautos selbst unter Schwerreichen nicht weggehen wie warme Semmeln, musste auch Mate Rimac, Chef der gleichnamigen Sportwagenmanufaktur erkennen. 150 Stück wollte der kroatische Edelhersteller vom elektrischen Hypercar Rimac Nevera produzieren, doch bislang seien laut Motor1.com erst 50 Stück verkauft worden.
Der CEO führte auf einem Event in London aus, dass sich die Marktsituation seit dem Beginn der Entwicklung des Nevera 2017 deutlich verändert habe. Seitdem Elektroautos Mainstream-fähig wurden, setzt die reichste Käuferschicht wieder mehr auf Luxusschlitten mit Verbrennermotor, um nicht das zu fahren, was die Massen fahren.
Die Nachfrage nach High-End-Elektrofahrzeugen sei stark zurückgegangen, das betreffe auch den zwei Millionen Euro teuren Rimac Nevera. Der nächste Supersportler der Marke wird denn auch wieder einen Verbrenner an Bord haben: „Rimac ist nicht ausschließlich elektrisch. Es macht das, was gerade am aufregendsten ist“, führte der 38-Jährige aus.
E-Mobilität: Experte appelliert an deutsche Hersteller
Längerfristig halten viele Experten den Kurs weg vom Verbrennermotor für unvermeidlich: Studienleiter Stefan Bratzel appelliert an die Autohersteller, die Produktionskosten für E-Fahrzeuge weiter zu reduzieren. „Die Endkundenpreise zwischen Verbrennern und Elektrofahrzeugen müssen für den weiteren Markthochlauf angeglichen werden.“
Im Wettbewerb mit chinesischen Autobauern müsse zudem die Innovationskraft steigen, um höhere Preise zu verlangen: „Gerade deutsche Autobauer müssen mindestens so viel innovativer und besser sein, wie sie teurer sind“, führt der Auto-Experte vom Forschungsinstitut Center of Automotive Management (CAM) gegenüber der Deutschen Presse-Agentur (dpa) aus. (PF)