Jung und Alt setzen mit Radtour zum Todesmarsch-Mahnmal Signal gegen Rechts
Eine Radtour vereint Generationen gegen Rechtsextremismus. Der Ort, an dem sie sich versammeln, hat eine besondere Bedeutung.
Gelting – Aus verschiedenen Richtungen näherten sich am Freitagabend mehrere Pulks von Radlern dem Todesmarsch-Mahnmal in Buchberg. Bevor Initiatorin Lucia Schmidt vom Bündnis „Gemeinsam für Demokratie und Vielfalt“ die rund 60 Teilnehmer dort begrüßte, kamen die Demonstranten an sechs Treffpunkten zusammen.
Teilnehmer radeln gemeinsam zum Treffpunkt
Martin Lorenz, der im Februar den ersten Protestmarsch des Bündnisses in der Wolfratshauser Altstadt organisiert hatte, wartete gemeinsam mit seinen zwei Töchtern am Marienbrunnen auf Mitradler. Seinem Aufruf folgte unter anderem Michael Bendl. „Ich bin erst vor Kurzem nach Wolfratshausen gezogen und will Flagge zeigen“, zeigte sich der Neubürger kämpferisch. Hinter einer wehenden Friedens- und Regenbogenfahne setzte sich die kleine Gruppe schließlich stadtauswärts in Bewegung.

Aktuelle Nachrichten aus Geretsried lesen Sie hier.
Vor dem Waldramer Fair-Café postierte sich derweil schon Stadtrat Dr. Hans Schmidt (Grüne) mit weiteren Gesinnungsgenossen. Dagegen zog es Dr. Sybille Krafft vor, mit Mitgliedern des Vereins „Bürger fürs Badehaus Waldram-Föhrenwald“ den etwa einen Kilometer langen Weg vom Erinnerungsort zum Todesmarschmahnmal zu Fuß zu gehen. An ihnen vorbei radelte der Wolfratshauser Hans Gärtner mit einem Anhänger, auf dem er einen Verstärker und seine Gitarre transportierte. In Geretsried trat die Rentnerin Resi Harth kräftig in die Pedale ihrer voll besetzten Rikscha, um rechtzeitig zur Kundgebung zu kommen.
„Verächter der Demokratie verbreiten ihr Gift“
In ihrer Eröffnungsansprache machte Lucia Schmidt noch einmal die Notwendigkeit der Fortsetzung von Kundgebungen und Demonstrationen gegen Rechtsextremismus deutlich. Schon während ihrer Kindheit habe ihr Vater sie und ihre Geschwister aufgefordert, Dokumentarfilme über den Holocaust anzusehen. „Jetzt sind sie wieder da, die Demokratieverächter, die ihr Gift auf unzähligen Wegen und Kanälen verbreiten“, mahnte Schmidt. Danach sangen die Demonstranten begleitet von Hans Gärtners Gitarre ein Protestlied. Der Refrain „Wehrt euch, leistet Widerstand gegen den Faschismus hier im Land, haltet fest zusammen“ war trotz des Autolärms der nahe liegenden B11 noch von Weitem deutlich zu hören.
Meine news

Es gilt, wachsam zu sein und die Demokratie zu schützen
Einen besonderen Bezug zum Todesmarsch-Mahnmal hat der Geretsrieder Andreas Wagner. Der ehemalige Bundestagsabgeordnete der Linken, mittlerweile ist er in der SPD, hat ein Buch zum Leidensweg von KZ-Häftlingen verfasst, die in den letzten Kriegstagen im April 1945 auch an Gelting vorbeigezogen waren. In den gegenüber des heutigen Geretsrieder Rathauses auf der Böhmwiese liegenden Baracken des damaligen Lagers Buchberg wurden einige der Zwangsarbeiter vorübergehend untergebracht und schließlich am 1. Mai 1945 von amerikanischen Soldaten befreit. Das Mahnmal am Radweg erinnere laut Wagner daran, „wohin Nationalismus, Militarismus und ein Gewähren lassen von Antidemokraten führen können“. Umso wichtiger sei es, dass Menschen auch 79 Jahre später wachsam sind und die Demokratie schützen. Es gelte aktiv zu werden und „den Nährboden für rechtsextremes Gedankengut auszutrocknen“.
Passend zur Radsternfahrt trug Lucia Schmidt abschließend ein im Jahr 1946 verfasstes Gedicht der Lyrikerin Nelly Sachs vor. „Wir Geretteten bitten euch: Zeigt uns langsam eure Sonne. Führt uns von Stern zu Stern im Schritt“, heißt es darin – Zeilen, die zweifellos einen sehr aktuellen Bezug auf die Aufnahme von Flüchtlingen haben.
Unser Wolfratshausen-Geretsried-Newsletter informiert Sie regelmäßig über alle wichtigen Geschichten aus Ihrer Region. Melden Sie sich hier an.