40 Grad im Schatten, dann Gewitter: Klimaschützer schlagen bei Klub-WM Alarm
Nach der ersten WM-Woche für FOCUS online wollte ich mir einen netten freien Samstagmorgen in Florida gönnen. Straßencafé, Strandspaziergang, Schwimmen im Meer: Was man halt so in Miami Beach macht, wenn die Temperaturen über 30 Grad steigen, die Bayern ihren Achtelfinal-Einzug bei der Klub-Weltmeisterschaft auskosten und die Dortmunder weit weg in Cincinnati kicken.
Blöderweise türmten sich pünktlich zum ersten Kaffee des Tages schwere Wolken auf. Aus heiterem Himmel ergoss sich ein Regenfall auf meinem Weg vom Auto zu einer bekannten Café-Kette. Die Leute in der Schlange und ich: pitschnass von oben bis unten. Ich würde mein Malheur gerne zur Petitesse erklären. Aber so einfach kommen mir Trumpisten nicht davon. Amerika denkt ja mega.
Klimaschützer warnen vor Mega-Hitze bei Klub-WM
Das Wetter in den USA schlägt solche Kapriolen, dass die Klima-Aktivisten der US-Initiative „Fossil Free Football“ schon eine Art Reisewarnung für die Klub-WM ausgesprochen haben: Die neue Situation unterstreiche „die Gefahren, denen Spieler und Fans bei diesem Turnier und im Jahr 2026 ausgesetzt sind“, zitierte die BBC die Gruppe.
Und weiter: „Die Fifa hat sehr wenig getan, um Sicherheitsbedenken auszuräumen.“ Bevor jetzt jeder den Aufschrei als übliches Getöse von Klimaschützern abtut: Die Situation ist tatsächlich bedenklich. Beim letzten Bayern-Gruppenspiel am Dienstag in Charlotte (US-Bundesstaat North Carolina) sagen die Meterologen Temperaturen über 40 Grad im Schatten voraus.
Klub-WM: Zwischen Hitze und Unwetter
Schon die Anreise zum 2:1 gegen Boca Juniors hatte am Freitag mit Verspätung begonnen: Ein schweres Unwetter am Flughafen in Orlando verhinderte den pünktlichen Abflug. So geht das ständig. Vier WM-Spiele mussten in der ersten Woche verspätet angepfiffen oder richtig lange unterbrochen werden, weil plötzlich Blitz und Donner auf dem Spielberichtsbogen auftauchten.

Die Partie zwischen den beiden Bayern-Gegnern Benfica Lissabon und Auckland City musste in Orlando zwei Stunden unterbrochen und das Stadion geräumt werden. Beim Duell zwischen Al Ahly und Plameiras waren es 50 Minuten. So geht das gerade ständig und mittlerweile im Wechsel mit Temperaturen jenseits des Erträglichen. Diese Klub-WM geht an die Substanz.
Der Sport-Informationsdienst (SID) hat nachgezählt: „Insgesamt sind in den nächsten Tagen zehn Partien in Städten angesetzt, für die es eine Hitzewarnung gibt.“ Man muss das ernst nehmen. Diese Klub-WM in den USA ist auf den Fußball-Sommer nicht vorbereitet und lässt Schlimmes befürchten, wenn nächstes Jahr die Nationalmannschaften zu ihrer Weltmeisterschaft anreisen.
USA ist nicht gemacht für Fußball
Der eine Grund: Die WM-Stadien sind keine Fußballarenen, wie wir sie aus Europa kennen. Die Schüsseln haben riesige Tribünen, aber selten ein Dach, weil sie für American Football gebaut worden sind. Die NFL-Saison läuft von September bis Januar - und nicht im Hochsommer. Schlimmstenfalls wird man im Herbst nass - aber niemals ohnmächtig, weil die Sonne brennt.


Der andere Grund: Um das XXL-Turnier mit seinen 32 Teilnehmern (insgesamt 63 WM-Spiele) überhaupt in vier Wochen über die Bühne zu bekommen, werden die Anstoßzeiten über den ganzen Tag verteilt: von mittags um 12 Uhr bis abends 21 Uhr Ortszeit. Heißt wie im Fall BVB gestern in Cincinnati: Fußball um zwölf bei 30 Grad (Ironischerweise hieß der Gegner „Sundowns“).
Was es für Fußballer bedeutet, wenn sie bei sengender Sonne eine Laufleistung zwischen 11 und 13 Kilometern abspulen sollen, schilderte der Atletico-Profi Marcos Llorente, der eigentlich Hitze aus Madrid gewohnt ist. Er sagte nach dem 0:4 gegen Paris Saint-Germain: „Die Hitze ist schrecklich. Meine Zehen taten weh, meine Nägel schmerzten – es ist unglaublich.“
Fifa kündigt Abstimmung an - das handelsübliche Bla-Bla
Der Weltverband Fifa verspricht zwar gesteigerte Aufmerksamkeit und will den permanenten Doppelpass zwischen Unwetter und Hitzewelle an den zehn WM-Standorten „in Abstimmung mit den Teams vor Ort beobachten, um allen Beteiligten ein sicheres und angenehmes Erlebnis zu gewährleisten“. Aber das ist das handelsübliche Bla-Bla eines Veranstalters. Show must go on.
In einem Land, wo Präsident Donald Trump jeden Klimawandel leugnet, darf der Spielplan zwar in Verzug geraten, aber nicht ausgesetzt werden. Fifa-Präsident Gianni Infantino, erklärter Freund des Mega-Mannes im Weißen Haus, zieht seine Turnier-Erfindung mit aller Macht und gnadenlos durch. Hitze macht ihm nichts aus: Seine Hotelsuiten und die VIP-Logen sind immer klimatisiert. Die Stadien nicht.