Flughafen München: Als Reifen platzt, muss Fluglotsin Anna im Tower schnell sein
Fluglotse – kein Job für schwache Nerven. Schon beim Auswahlverfahren fallen bis zu 95 Prozent der Bewerber durch. Wie anspruchsvoll ist dieser Beruf wirklich? Kevin Ebert, Reporter beim Bayerischen Rundfunk, ist dieser Frage nachgegangen und hat sich die Arbeit der Lotsen genau angeschaut.
Rund 5000 Bewerbungen im Jahr - davon fallen jährlich bereits im ersten Online-Gespräch etwa 4000 durch. Den anschließenden Eignungstest bestehen dann etwa 150 Personen. Dabei werden verschiedene Fähigkeiten getestet, darunter Stressresistenz, Multitasking, Teamfähigkeit und räumliches Vorstellungsvermögen. Zudem dürfen die beginnende Lotsen nicht älter als 24 Jahre sein, sie müssen das Abitur haben und über sehr gute Englischkenntnisse verfügen.
Schafft Reporter Kevin den Test der Fluglotsen?
Den Test darf jeder nur einmal machen. Für die Person, die durchfällt, ist der Traum, Fluglotse zu werden, dann geplatzt. Zudem sind die Prüfungen streng geheim. So darf auch das Kamerateam des Bayerischen Rundfunks nur unter strenger Überwachung vor Ort filmen.
Kevin darf an zwei Tests vor Ort teilnehmen. Seine Ergebnisse waren relativ gut, die genauen Ergebnisse erfährt man jedoch nicht. Des Weiteren nimmt der Reporter an einer Simulation teil, die Auszubildende in den ersten Lehrjahren durchlaufen. Dabei merkt er, welche Verantwortung auf den Lotsen lastet und was von diesem Beruf verlangt wird. Die größte Herausforderung für Fluglotsen ist die Zeit.
Die Arbeit als Lotse am Flughafen ist sehr stressig und mit großer Verantwortung für die Sicherheit vieler Menschen verbunden. Man unterscheidet zwischen Towerlotsen, die in der Nähe der Start- und Landebahnen sitzen, und Centerlotsen. Towerlotsen koordinieren Abflüge und Landungen. Centerlotsen sind für den Luftraum verantwortlich und sorgen für die richtigen Abstände zu anderen Flugzeugen sowie für die Flughöhen in der Luft.

Funksprüche in veränderter Sprache - wie das?
Am Flughafen München trifft das BR-Team die Fluglotsin Anna Rautenberg. Sie ist 27 Jahre alt und hat vor einem Jahr ihre Ausbildung abgeschlossen. Anna ist in München für die Koordination der Flugzeuge zwischen dem Vorfeld und den Startbahnen zuständig. Im Schnitt starten und landen in München knapp 900 Flugzeuge pro Tag, das heißt eine Maschine alle 77 Sekunden.
Als ein Pilot einen Funkspruch sendet, fragt Kevin verblüfft: „Verstehst du das?“ Die geübte Lotsin erwidert lachend: „Ja. Prinzipiell weißt du schon ungefähr, was er sagt und es passiert ja alles in Phraseologie – und es ist auch Übungssache.“
Lotsen und Piloten kommunizieren mit eigenen Regeln. Für Buchstaben nutzen sie das internationale Alphabet, bei dem jedem Buchstaben ein Wort zugeordnet wird. So wird beispielsweise aus „A” „Alpha”.
Des Weiteren werden Laute verändert. So wird beispielsweise das englische „th“ abgeändert. Die Zahl drei würde man dann „tri“ aussprechen. Dies klingt im Funkverkehr deutlicher, sodass sich Piloten und Lotsen besser verständigen können.

Geplatzter Reifen sorgte im Tower für Stress
Anna erzählt dem Reporter von einigen Situationen, die sie im Tower bereits erlebt hat. Neben etlichen medizinischen Vorfällen in Flugzeugen erinnert sie sich noch genau an eine brenzlige Lage. Nach dem Start war ein Reifen eines Flugzeugs geplatzt. Der Pilot teilte dies dem Tower mit und flog anschließend ein spezielles Manöver. Dabei landet die Maschine nicht, sondern fliegt möglichst nah am Boden über die Landebahn, bevor sie wieder durchstartet.
So können sich die Techniker am Boden das Fahrwerk anschauen und beurteilen. In diesem Fall war der Reifen noch so intakt, dass die Maschine ihren Flug fortsetzen konnte. Anna erklärt, dass es in solchen Situationen im Tower sehr schnell sehr stressig werden kann.
Da Fluglotsen unter voller Konzentration arbeiten müssen, dürfen sie maximal zwei Stunden am Stück arbeiten. Dann müssen sie eine Pause einlegen. Auch Nacht- und Wochenendschichten müssen sie leisten. Fluglotsen erhalten ein durchschnittliches Jahresgehalt von 120.000 Euro brutto. Aufgrund der großen Verantwortung in diesem Beruf dürfen Fluglotsen ihn nur bis zum 55. Lebensjahr ausüben.
Das im Artikel eingebundene Video der PULS Reportage (Bayerischen Rundfunk) erschien am 14.05.25 in der ARD Mediathek. Weitere PULS Reportage Videos können Sie jederzeit kostenfrei in der ARD Mediathek ansehen.