Vodafone vor dem Abgrund? Insider berichten „tragischen“ Niedergang
Vodafone vor dem Abgrund? Insider berichten von „tragischem“ Niedergang
Bei Vodafone häufen sich in jüngster Zeit die Negativschlagzeilen. Insidern zufolge droht dem Konzern die Zerschlagung, nachdem die Töchter in Italien und Spanien verkauft wurden.
London/Berlin – „Es ist regelrecht tragisch, was mit Vodafone passiert ist“. So äußert sich ein namentlich nicht genannter Manager aus der Telekommunikationsbranche dieser Tage im Manager Magazin. „Das ist ein Niedergang in einem Ausmaß, der an Thyssenkrupp erinnert“, heißt es weiter. Bei Vodafone überschlagen sich die Negativschlagzeilen: Die Streichung von 11.000 Stellen, der Verkauf der Töchter in Italien und Spanien, die Sammelklage wegen mutmaßlich unzulässiger Preiserhöhungen, der sich 40.000 Kunden angeschlossen haben. Kurzum, bei Vodafone dürfte gerade Endzeitstimmung herrschen.
Vodafone auf Sparkurs: Verkauf von Töchter in Italien und Spanien
Ein Lichtblick gab es vergangene Woche für Investoren bei der Präsentation des Geschäftsberichts 2023/2024. Gestützt auf eine Erholung des wichtigen Deutschland-Geschäfts ist Vodafone im abgelaufenen Geschäftsjahr wieder gewachsen. Dank des Sanierungskurses lege Vodafone in sämtlichen europäischen und afrikanischen Märkten zu, sagte Margherita Della Valle, die Chefin des britischen Mobilfunkers. „Es liegt aber noch viel Arbeit vor uns.“ Sie wolle weiter in den Service investieren, die Konzernstruktur vereinfachen und vor allem das Wachstum in Deutschland beschleunigen.
Della Valle hat Vodafone eine Schrumpfkur verordnet und dabei unter anderem die Töchter in Italien und Spanien verkauft. Außerdem will der einst weltgrößte Mobilfunk-Konzern sein Geschäft auf dem britischen Heimatmarkt mit dem des Konkurrenten Three UK verschmelzen. Dieser Deal werde voraussichtlich bis Jahresende abgeschlossen, sagte die Vodafone-Chefin. Beim geplanten Stellenabbau seien bereits knapp die Hälfte der geplanten 11.000 Jobs weggefallen. In Deutschland sind insgesamt etwa 2000 Beschäftigte betroffen.
Vodafone steigert trotz Krisen den Umsatz
Das Unternehmen steigerte seinen organischen Kernumsatz 2023/2024 den Angaben zufolge um 2,2 Prozent auf 11,02 Milliarden Euro und traf damit die Markterwartungen. Der Free Cash Flow, der als Barometer für die Höhe der Dividende gilt, übertraf mit 2,6 Milliarden Euro die Analystenprognosen. Die Vodafone-Aktie kletterte daraufhin an der Londoner Börse um bis zu 3,9 Prozent auf ein Sechs-Monats-Hoch von 72,68 Pence.
„Wir haben unsere Hausaufgaben gemacht und sind ins Wachstum zurückgekehrt“, sagte Marcel de Groot, Chef von Vodafone Deutschland. „Wir wollen nun wieder nachhaltig wachsen, indem wir wieder schneller, wendiger und mutiger agieren.“
Vodafone spürt Nebenkostenprivileg: Ist das der Todesstoß?
Doch auf Vodafone wartet schon die nächste Herausforderung, die für das Deutschland-Geschäft - das immerhin für fast ein Drittel des Gesamtumsatzes verantwortlich ist - den Todesstoß bedeuten könnte. Mit dem Ende des Nebenkostenprivilegs in diesem Jahr droht dem Unternehmen bis zu zwölf Millionen TV-Kunden zu verlieren, ein Umsatz in Höhe von 800 Millionen Euro.
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Ab Juli 2024 dürfen Fernsehkosten nicht mehr über die Nebenkosten auf den Mieter umgelegt werden. Dieser jahrzehntelang übliche Mechanismus wird TV-Umlagefähigkeit oder auch Nebenkostenprivileg genannt. Statt automatisch über den Vermieter einen TV-Anschluss zu haben, müssen sich die Mieter selbst Alternativen suchen oder sich freiwillig einer Sammelbestellung anschließen.

Von der bisherigen Regelung profitierte Vodafone, schließlich hatte es jahrzehntelang zuverlässige Einnahmen - im vergangenen Jahr hatte die Firma noch Verträge mit Wohnungsbaugesellschaften, die 8,5 Millionen TV-Kunden betrafen. Die 2022 beschlossene Gesetzesänderung ist nun Gegenwind für die Firma, die sich in einer zweijährigen Übergangsfrist vorbereiten konnte auf den Systemwechsel und stark in Werbung investierte - sie will so viele TV-Kunden wie möglich halten und die Einbußen eindämmen. Allerdings rühren auch Konkurrenten wie Magenta TV von der Deutschen Telekom und Online-Dienste wie Zattoo und Waipu die Werbetrommel. Ein Branchenkenner fasst es gegenüber dem Manager Magazin wie folgt zusammen: „Vodafone hat nur zu verlieren, die Telekom nur zu gewinnen.“
Vodafone hat seit Jahresbeginn schon 650.000 TV-Kunden verloren
Der Deutschlandchef der Firma, Marcel De Groot, gibt sich kämpferisch und betont, dass man auf die Auswirkungen der Gesetzesänderung gut vorbereitet sei. „Es war klar, dass der Markt sich dadurch zunächst etwas verkleinern würde.“ Mit der Verkleinerung des Marktes bezog er sich auf den Umstand, dass manche Kunden bisher doppelt zahlten für den Zugang zum Fernsehen: zum einen über die Nebenkosten für Vodafone und zum anderen über separate Online-Dienste oder andere Zugänge. Fällt der Nebenkosten-Anteil für Vodafone weg - häufig sieben bis neun Euro monatlich - bleiben viele Mieter von ihnen bei ihren bisherigen Diensten und verzichten erst einmal auf einen Kabel-TV-Zugang. Dadurch sinkt die Gesamtsumme an Ausgaben fürs Fernsehen.
„Wir sind aktuell voll im Plan“, sagte der Vodafone-Manager De Groot mit Blick auf die rückläufigen Zahlen und äußerte sich dann optimistisch: „Viele Verbraucher entscheiden sich auch in Zukunft für unsere TV-Produkte.“ Schon zu Jahresbeginn hat Vodafone 650.000 TV-Kunden verloren.
Zerschlagung von Vodafone scheint realistisch – Investitionen in Deutschland weiter nötig
Angesichts der vielen Probleme ist es laut Manager Magazin nicht unwahrscheinlich, dass der Konzern zerschlagen wird. Die Einzelteile von Vodafone seien mehr wert als die Gesamtstruktur. Wie genau sich so eine Zerschlagung auf Deutschland auswirken würde, ist natürlich spekulativ. Allerdings ist es vorstellbar, dass ein kleineres Unternehmen, das nur in Deutschland aktiv wäre, sich mit den nötigen Investitionen in das hiesige Netz leichter tun würde.
Schließlich kommt kein Telekommunikationsunternehmen da drumherum: Die Infrastruktur muss ausgebaut und modernisiert werden. Dazu gehört beispielsweise der Glasfasernetzausbau sowie der 5G-Ausbau, der noch schleppend vorangeht. Erst Anfang Mai kündigten die großen Anbieter ein flächendeckendes Funknetz in allen U-Bahnen in Deutschland an. In Dortmund und Berlin hat sich Telefónica um den Netzausbau gekümmert. In Hamburg, München, Frankfurt, Stuttgart, Düsseldorf, Essen und Duisburg lag die Projektleitung bei Vodafone. In Köln, Nürnberg und Bochum/Herne baute die Telekom das Netz aus. In Hannover teilten sich Telekom und Vodafone die Verantwortung. Mit Material von Reuters und dpa
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