Rekordzahl denkt an Kündigung: Unzufriedene Mitarbeiter kosten Unternehmen Milliarden

Immer mehr Deutsche sind unglücklich in ihrem Job und denken über eine Kündigung nach. Das zeigen aktuelle Zahlen der Stellenplattform Stepstone, über die die „Welt“ berichtet. Demnach erwägen 68 Prozent der Arbeitnehmer mehrmals pro Monat einen Jobwechsel – ein neuer Rekordwert. In der letzten Umfrage im Jahr 2023 wollten 63 Prozent der Befragten am liebsten wechseln, im Jahr 2021 waren es nur etwas mehr als die Hälfte. Für die Erhebung wurden Mitte September mehr als 6800 Arbeitnehmer und 1000 Personalvermittler befragt.

Grund für die Unzufriedenheit ist neben dem Gehalt, das oft nicht mit der Inflation mitgehalten hat, die fehlenden Möglichkeiten zur persönlichen Weiterentwicklung. Diese fehlenden Entwicklungschancen monieren 47 Prozent der Befragten.

Zu wenig Sinn im Job bringt Frust

43 Prozent wünschen sich zudem mehr Feedback und mehr als ein Drittel haben laut „Welt“ den Eindruck, für eigene Ideen nicht genug Anerkennung zu bekommen oder ihre Stärken nicht optimal einbringen zu können. Beinahe ein Viertel der Beschäftigten habe zudem angegeben, dass sie in ihrer Arbeit keinen Sinn sehen. Unter der Generation Z war es sogar jeder Dritte.

„Wenn Budgets gekürzt, Teams verkleinert und Gehälter gerade mal mit der Inflation Schritt halten, wollen Arbeitnehmer sich verändern“, erklärt Julius Probst, Senior Economist bei The Stepstone Group, in der „Welt“. Die Angestellten versprächen sich von einem Jobwechsel ein höheres Gehalt und mehr Stabilität. 

Die Realität sieht allerdings anders aus. Auf dem Arbeitsmarkt herrscht Flaute, und das Angebot an Stellen ist so mager wie seit der Corona-Pandemie im Jahr 2020 nicht. Die Bundesagentur für Arbeit (BA) meldet zwischen Januar und September im Monatsschnitt nur 635.000 offene Stellen, ein Rückgang um mehr als acht Prozent gegenüber dem Vorjahr.

Besonders betroffen ist die sonst so starke Industrie und die Finanzbranche. Stabil ist die Nachfrage hingegen in der Logistik, dem Verkehrssektor, der Pflege und dem Gesundheitswesen.

Unzufriedenheit kostet Milliarden

Doch die Unzufriedenheit im Job könnte Folgen für die Wirtschaft haben. Wer seinen Job nicht gern macht, leistet weniger, zeigen laut „Welt“ Studien des ifo Instituts, und das kostet Unternehmen Milliarden. Das Beratungsunternehmen Gallup beziffert den wirtschaftlichen Schaden durch fehlende emotionale Bindung an den Arbeitgeber in Deutschland jährlich auf 113 Milliarden Euro.

Doch wie können Arbeitnehmer und Unternehmen gegensteuern? „Arbeitnehmer können sich selbst fragen, was ihnen fehlt, und dann mit ihren Vorgesetzten oder der Personalabteilung sprechen“, sagt Ökonom Probst der „Welt“. „Das kann häufig eine Alternative zum Wechsel sein.“ Auch Teilzeit statt Vollzeit könne dafür sorgen, dass sich Angestellte wohler fühlen.

Bei Unternehmen sind die Führungskräfte gefragt, auf ihre Mitarbeiter einzugehen. „Leistung entsteht dort, wo Führungskräfte zuhören, fördern und Vertrauen schaffen“, sagt Probst. Dafür dürfen sich Unternehmen nicht nur auf Kostenkontrolle, sondern auch auf Unternehmenskultur konzentrieren.