Blutige Offensive an der Ukraine-Front: Verluste Russlands im Krieg sind „dreimal so hoch“
Hoher Blutzoll für Angriffskrieg: Der ukrainische Oberbefehlshaber Oleksandr Syrskyj macht Angaben zu den enormen russischen Verlusten an der Ukraine-Front.
Kiew – Der neue Oberbefehlshaber der ukrainischen Armee, Oleksandr Syrskyj zieht nach über zwei Jahren Ukraine-Krieg Bilanz. Die Verluste der Russen seien enorm, äußert sich der 59-Jährige in einem Interview mit dem Guardian. Doch Russland nimmt die hohen Verlustzahlen offenbar billigend in Kauf. Denn gerade in Sachen Quantität schiebt Wladimir Putin massiv Soldaten-Nachschub an die Front.
Syrskyj merkt an: „Der Feind hat einen erheblichen Vorteil in Bezug auf Streitkraft und Ressourcen. Daher steht für uns vor allem die Frage der Lieferung, die Frage der Qualität, im Vordergrund.“ Und mit Qualität kann die Ukraine durch westliche Waffenlieferungen punkten. Putin hingegen setzt auf seine scheinbar unermüdlichen Ressourcen – und bezahlt seine Fortschritte an der Ukraine-Front mit einem hohen Blutzoll.
Denn die Ressourcen verfeuert der russische Autokrat an der Ukraine-Front, ohne Pause und ohne Rücksicht auf Verluste. Vor allem die Soldaten der russischen Armee setzt der Kreml rigoros ein. So sollen die russischen Verluste laut Syrskyj „dreimal so hoch“ sein wie die eigenen. In manchen Gebieten sogar noch höher. „Ihre Anzahl an Getöteten ist viel größer“, betonte der Oberbefehlshaber gegenüber dem Guardian. Laut ukrainischen Angaben sollen bisher rund 31.000 Soldaten der Armee Kiews im Krieg ihr Leben verloren haben. Aktuelle Zahlen wollte der Generaloberst auf Nachfrage nicht geben.

Verluste für Putins Armee: Russland zahlt mit „Fleischwolf“-Taktik hohen Preis an Ukraine-Front
Für die hohen Verluste Russlands im Krieg macht Syrskyj vor allem die Taktiken der Russen verantwortlich. Der Feind kämpfe um jeden Meter Landgewinn und opfere Soldaten für „100 bis 200 Meter“ Fortschritt an der Ukraine-Front. Im Gegensatz dazu sind die ukrainischen Praktiken humaner. „Es ist für uns sehr wichtig, die Leben unserer Soldaten zu retten. Wir verteidigen Ruinen nicht bis zum Tod.“ Für den 59-Jährigen ist klar: Er sei nicht bereit, den Sieg „mit allen Mittel zu erreichen“.
Vor allem Anfang des Jahres machte die russische Taktik der „meat assaults“ (z. dt. „Fleischangriff“) Schlagzeilen, als die russische Armee die ukrainische Stadt Awdijiwka in den Fokus ihrer Bemühungen nahm. Die Stadt nahe Donezk im Südosten der Ukraine hat große strategische Bedeutung aufgrund ihrer Lage und für den Kreml war kein Preis zu hoch, die Stadt einzunehmen. Laut ukrainischen Angaben soll die russische Armee allein in Awdijiwka fast 50.000 Soldaten verloren haben. Aufgrund der desaströsen Verluste erhielt der Kampf um die Stadt den Beinamen „Fleischwolf“.
Oberbefehlshaber bestätigt F-16 Kampfjets für die Ukraine: „Ich weiß wann“
Für die Ukraine kämen solche „Fleischwolf“-Taktiken nicht infrage, erklärt Syrskyj. Auch auf die viel gepriesenen F-16 Kampfjets ging der Oberbefehlshaber ein und bestätigte: die F-16 Jets kommen. Wann genau verriet Syrskyj aber nicht. „Ich weiß wann. Aber ich kann ihnen darüber leider keine Auskunft geben.“ Syrskyj betonte, dass die amerikanische F-16 die ukrainische Luftwaffe deutlich verstärken würde und sie die Verteidigung gegen ballistische Raketen erhöhen werde und Angriffe auf Bodenziele ermöglichen solle.
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Dennoch wies der Armeechef auf die Limitierungen der F-16 hin. Das Kampfflugzeug könne maximal 40 Kilometer an die Frontlinie fliegen, da sonst die Gefahr eines Abschusses durch die russische Luftverteidigung zu groß sei, äußerte er sich weiter im Guardian. Russland habe „überlegene Flugzeuge“ und „sehr starke“ Luftverteidigung. Und noch lässt die lang ersehnte F-16 Lieferung auf sich warten.
Wie effektiv die F-16 Jets in der Ukraine tatsächlich eingesetzt werden können, ist umstritten. Der amerikanische Jet hat laut Politico so seine Problemchen. Mit dem Einsatz der F-16 werden die Jets in den Fokus der russischen Luftverteidigung rücken. Ein ehemaliger US Marine Pilot bezeichnete die F-16 als „sensibles Biest“. Und Reparaturen an dem Kampfjet werden teuer und kompliziert. Die sowjetischen MiG hingegen sind robuster – allerdings auch weniger modern.
Russlands Armee hat sich seit dem Ukraine-Krieg vergrößert – doch hapert es an Qualität
Während die Ukraine auf die F-16 wartet, geht es der russischen Armee hingegen nach mehr als zwei Jahren Ukraine-Krieg besser als vor Beginn der Invasion – so scheint es zumindest. Die Zahlen sprechen für sich: von 100.000 Soldaten vor dem Krieg, wuchs das Militär auf 520.000 an. Beim Militärequipment hat Russland teilweise doppelt bis dreimal so viel zur Verfügung wie die Ukraine, wie Syrskyj aufzählt. Und auch die Anzahl der russischen Panzer, vor Beginn des Ukraine-Kriegs waren es um die 1700 im aktiven Dienst, soll sich beinahe auf 3500 verdoppelt haben.
Dennoch: aufgrund des hohen Verschleißes der russischen Armee sinkt die Qualität des Equipments weiter. Die Panzer der Russen müssen immer mehr durch altes Sowjetmaterial ersetzt werden, wie Forbes berichtet. Und auch anderswo muss Putin auf die alten Sowjetbestände zurückgreifen. (sischr)