NATO-Manöver „Steadfast Defender“ läuft an – und Norwegen plant völlig neue Militärübung

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Es ist die größte NATO-Übung seit dem Ende des Kalten Kriegs. Das Ziel: Abschreckung in Richtung Russland. Doch Norwegen kommt dabei eine ganz besondere Rolle zu.

Oslo – Wenn es um Verteidigungspolitik geht, haben Namen eine Menge Symbolkraft. „Steadfast Defender 2024“ heißt das NATO-Großmanöver, das aktuell in Europa anläuft – also: „Standhafter Verteidiger“. 90.000 Soldatinnen und Soldatinnen werden bis Mai dabei sein. Szenario der Übung: ein russischer Angriff auf alliiertes Territorium. Eine zentrale Rolle spielt dabei Norwegen. Dort werden die NATO-Karten völlig neu gemischt, nachdem Nachbarland Finnland dem Bündnis beigetreten und Schweden auch bald Mitglied ist. Die traditionelle Militärübung „Cold Response“ (kalte Antwort), die die norwegischen Streitkräfte alle paar Jahre abgehalten hat, heißt deshalb jetzt auch anders: nämlich „Nordic Response“ (nordische Antwort). Der neue Name ist keinesfalls willkürlich gewählt.

Robin Allers, Associate Professor am Institut für Verteidigungsstudien (IFS) an der FHS in Oslo.
Robin Allers ist Associate Professor am Institut für Verteidigungsstudien (IFS) an der FHS in Oslo. © Peter Sieben

NATO-Großmanöver „Steadfast Defender 2024“: Neue Vorzeichen nach NATO-Norderweiterung

„Die Umbenennung in ‚Nordic Response‘ ist ein Zeichen, dass der gesamte Norden als Einheit in der NATO auftritt“, erklärt Verteidigungsexperte Robin Allers im Gespräch mit IPPEN.MEDIA. Er ist Associate Professor an der Hochschule für Verteidigung in Oslo, wo junge Soldatinnen und Soldaten der norwegischen Streitkräfte ihre Offizierslaufbahnen beginnen.

Mit der NATO-Norderweiterung sind die Vorzeichen für Norwegen nun andere. „Das verändert alles, und zwar dramatisch“, hatte der norwegische Brigadegeneral und militärischer Kommunikationschef Eystein Kvarving bereits Ende Oktober gegenüber IPPEN.MEDIA erklärt. Rund 200 Kilometer lang ist die gemeinsame Grenze von Russland und Norwegen hoch im Norden, nahe der Arktis. Dazu kommt ein riesiges Gebiet auf dem Nordatlantik, wo das norwegische Militär seine Aktivitäten seit Beginn des Ukraine-Kriegs deutlich verstärkt hat. Es fahren mehr Schiffe und Beobachtungsflugzeuge halten Ausschau nach russischen U-Booten. Mit dem Beitritt Finnlands zur NATO im April 2023 verlängert sich die NATO-Landgrenze um mehr als Tausend Kilometer und wenn Schweden an Bord ist, wird das Hinterland noch größer.

Brigadier und Kommunikationschef der norwegischen Streitkräfte Eystein Kvarving in Oslo
Brigadier und Kommunikationschef der norwegischen Streitkräfte Eystein Kvarving. © Peter Sieben

Truppenverlegungen an die Ostsee: Szenario wird bei „Steadfast Defender“ geübt

„Die Rolle Norwegens als Host-Nation und Transitland hat sich verändert“, sagt Verteidigungsexperte Robin Allers. „Wenn alliierte Truppen und Material aus den USA, aus Deutschland oder Großbritannien auf dem Seeweg in Norwegen ankommen, können sie künftig direkt durch Schweden durchfahren, nach Finnland, in den Ostseeraum und ins Baltikum“, erklärt Allers.

Einerseits geht es bei „Steadfast Defender 2024“ deshalb darum, Truppenverlegungen aus dem Ausland Richtung Osten und Norden durchzuspielen. Aber auch um praktisches Training auf ungewohntem Terrain: Im Krisenfall wären schnelle Truppenbewegungen in Richtung Ostsee und in den hohen Norden Norwegens nötig. Die Bedingungen am Polarkreis sind rau, mit zweistelligen Minustemperaturen und oft unwegsamem Gelände. Deutschland nimmt im Rahmen der NATO-Übung auch an „Nordic Response“ teil. Hierzulande läuft das Manöver unter dem Namen „Quadriga“. „Die ‚Quadriga‘-Übung geht dann gewissermaßen in ‚Nordic Response‘ auf. U-Boote werden zum Beispiel hochfahren, auch die Gebirgsjägerbrigade 23 wird dabei sein“, sagt Robin Allers.

Russland reagiert auf NATO-Manöver: „Das ist übliches Säbelrasseln“

Russland reagiert derweil auf das Großmanöver. „Man wird das wahrnehmen, dass die Verbündeten direkt vor ihrer Haustür zusammen üben“, sagt Experte Allers. „Gut möglich, dass Russland als Antwort darauf reagiert, mit Propaganda oder auch mit eigenen Übungen. Das ist übliches Säbelrasseln.“ Norwegen sei stets sehr bedacht darauf, Russland gegenüber nicht als Aggressor oder Bedrohung aufzutreten. „Aber das Signal ist: Wir sind bereit.“

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