Merz-Regierung plant 2000 steuerfreie Euro für Rentner – Verbot soll dafür fallen

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Die Aktivrente soll Senioren motivieren, länger zu arbeiten. Manche Experten bezweifeln aber den Effekt und warnen vor einer sozialen Schieflage.

Berlin – Die Bundesregierung bringt ein milliardenschweres Rentenpaket für ein festes Rentenniveau auf den Weg. Weitere Vorhaben sollen im Herbst folgen, eines davon: Die Aktivrente. Damit will die Regierung Senioren ermutigen, über das Renteneintrittsalter hinaus berufstätig zu bleiben. Zudem soll ein bestehendes Verbot wegfallen, das Kanzler Friedrich Merz (CDU) für „groben Unfug“ hält.

Linnemann fordert mehr Einsatz: CDU sieht Rentner als ungenutztes Arbeitskräftepotenzial

Die CDU findet offenbar, dass Rentnerinnen und Rentner in Deutschland mehr arbeiten könnten. CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann sagte in der ARD-Sendung Caren Miosga auf die Frage, wer hierzulande zu wenig arbeite: „Die Rentner zum Beispiel.“ Laut Linnemann wolle man niemanden zur Arbeit zwingen, sondern Anreize schaffen. Ein solcher Anreiz sei aus CDU-Sicht die sogenannte Aktivrente. Ab Januar 2026 könnten Senioren und Seniorinnen damit bis zu 2.000 Euro im Monat steuerfrei zur Rente oder zu anderen Einkünften hinzuverdienen. Allerdings gibt es auch Kritik an diesem Vorschlag.

Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) schätzt, dass etwa 230.000 Rentner von der Aktivrente profitieren könnten, vor allem aber jene mit höherem Einkommen. Senioren, „die aus gesundheitlichen Gründen oder aufgrund der Pflege von Angehörigen nicht bis zur Regelaltersgrenze arbeiten können“, könnten benachteiligt werden, warnt indes der Sozialverband VdK. Dies könnte die „Spaltung zwischen den ärmeren und durch Sorgearbeit mehr geforderten Seniorinnen und Senioren“ und den Besserverdienenden verstärken.

Ein Rentner sitzt am Schreibtisch vor einem Laptop.
Für Rentner soll die Aktivrente Anreize schaffen, länger zu arbeiten. © Rainer Berg/ Westend61/ Imago

„Eher Mitnahmeeffekte“: Bundesbank zweifelt an der Wirksamkeit der Aktivrente

Kritik an der Aktivrente gibt es auch von anderer Seite. Sandra Maischberger äußerte in ihrer ARD-Sendung „Maischberger“ Bedenken, dass die Aktivrente Menschen dazu verleiten könnte, früher in Rente zu gehen – um dann 2.000 Euro steuerfrei dazuzuverdienen. Merz blieb eine direkte Antwort schuldig. Das Renteneintrittsalter solle nicht erhöht werden und das Weiterarbeiten auf freiwilliger Basis gefördert werde, entgegnete der Kanzler nur. Studien der Bundesbank und des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) stellen die Wirksamkeit der Aktivrente jedenfalls infrage.

Die Deutsche Bundesbank etwa erwartet laut einer Untersuchung nur geringe Effekte, da finanzielle Gründe nicht der Hauptfaktor für die Entscheidung älterer Menschen seien, im Ruhestand weiterzuarbeiten. Eine ASID-Umfrage zeigt laut dem Alterssicherungsbericht 2024, dass 27 Prozent der Befragten den Spaß an der Arbeit als Hauptgrund nennen, warum sie weiterarbeiten. 21 Prozent nennen soziale Aspekte und nur 14 Prozent finanzielle Notwendigkeit. „Insoweit ist bei einer finanziellen Vergünstigung eher mit Mitnahmeeffekten zu rechnen“, lautet das Fazit der Bundesbank, die empfiehlt, „eher an den Altersgrenzen anzusetzen.“

„Grober Unfug“ soll weg: Merz kündigt Abschaffung des Vorbeschäftigungsverbots an

Zusätzlich zur Aktivrente plant die Regierung, das Vorbeschäftigungsverbot abzuschaffen. „Wir werden etwas aufheben, was viele Menschen in Deutschland gar nicht wissen, dass es so etwas gibt. Es gibt ein Vorbeschäftigungsverbot. Sie dürfen, wenn Sie in Rente gehen, im selben Betrieb nicht weiterarbeiten – selbst für 530 Euro im Monat nicht. Das ist doch grober Unfug. Das werden wir ändern“, erklärte Merz in der ARD-Sendung „Maischberger“. Dies könnte es Senioren ermöglichen, nach Renteneintritt wieder befristet bei ihrem bisherigen Arbeitgeber tätig zu werden, um so dem Fachkräftemangel entgegenzuwirken.

Immer wieder ist die Arbeitswilligkeit der Deutschen Thema in der Debatte um den Arbeitskräftemangel. Clemens Fuest, Chef des ifo-Instituts, betont, dass in keinem anderen Industrieland so wenig gearbeitet werde wie in Deutschland. Das belegen auch OECD-Statistiken. Kritiker weisen jedoch auf einen wichtigen Faktor hin: Die hohe Teilzeitarbeitsquote bei Frauen, bedingt durch fehlende Kinderbetreuungsmöglichkeiten, senkt in der Statistik die Arbeitszeit pro Person. Familie und Beruf sind demnach hierzulande für viele Frauen aus strukturellen Gründen noch immer schwer vereinbar.

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