„Krebs ist oft kein Todesurteil“: Verein hilft Kranken und Angehörigen - und hat schon Leben gerettet

  1. Startseite
  2. Lokales
  3. Geretsried-Wolfratshausen
  4. Königsdorf

Kommentare

Engagieren sich für Krebskranke und deren Angehörige: Verwaltungsangestellte Lisa Abeltshauser (re.) und die blut.eV-Regionalleiterin Michaela Karg. © sabine hermsdorf-hiss

Zum Weltkrebstag haben wir mit der Regionalleiterin des Blut.eV gesprochen. Sie erklärt, warum der Verein für die Region so wichtig ist.

Königsdorf – Eine wichtige Unterstützung für Krebskranke und deren Angehörige existiert seit 2013 in Königsdorf. Genauer, der Verein blut.eV, Regionalgruppe Oberbayern. Eine seiner bekanntesten Aktionen ist der jährliche Benefizlauf „Lebenslauf“. Doch die Vereinigung – bestehend aus 21 Mitgliedern und zahlreichen ehrenamtlichen Helfern – leistet weitaus mehr. Den Weltkrebstag an diesem Sonntag, 4. Februar, nahm unsere Zeitung zum Anlass, mit der Verantwortlichen zu sprechen. Im Interview mit Redakteurin Franziska Konrad berichtet Regionalleiterin Michaela Karg (54), wie es zur Gründung kam, was die Ehrenamtlichen motiviert – und warum der Verein für die Region so wichtig ist.

Frau Karg, im Schnitt liest man einmal im Jahr, wenn der Lebenslauf stattfindet, in unserer Zeitung vom blut.eV. Was macht der Verein das restliche Jahr?

Karg: Es ist ja ein ganz schwerer Weg, den ein Krebspatient geht: Zuerst erhält er die schlimme Diagnose, das ist mit viel Unsicherheit und Angst verbunden. Und genau da versuchen wir zu helfen, indem wir den Erkrankten unterstützen. Wir gehen individuell auf die Leute ein: Organisieren etwa Typisierungen, vermitteln wichtige Kontakte – zum Beispiel an spezielle Ärzte oder zur Bayerischen Krebsgesellschaft (siehe Kasten oben rechts) – und stellen finanzielle Mittel zur Verfügung. Außerdem ist der Verein für Angehörige da, die oft genauso leiden. Sie müssen die Entscheidung vom Krebspatienten hinnehmen, ob es ihnen passt oder nicht. Wichtig dabei: Wir sind keine Mediziner, sondern vielmehr Vermittler, die Hintergrundarbeit erledigen.

Wie kam es damals zur Gründung?

Karg: Auslöser seinerzeit war eine Krebserkrankung in meinem Bekanntenkreis. Zu dieser Zeit ging ich mit meiner damaligen Nachbarin Susanne Bogner oft spazieren. Dabei unterhielten wir uns häufig über diese Erkrankung – und überlegten, wie wir wohl helfen können. Susanne Bogner arbeitete damals schon für den Verein blut.eV Bürger für Leukämie- und Tumorerkrankte in Baden-Württemberg, dessen Vorsitzende sie heute ist. Sie erzählte mir von ihrer Arbeit und ich dachte mir: „Das können wir hier in Königsdorf doch genauso auf die Beine stellen.“ Ein vergleichbares Angebot gab es für Krebspatienten in der Gegend damals nicht. Zusammen mit acht Gründungsmitgliedern haben wir daraufhin, quasi als Ableger, die Regionalgruppe Oberbayern gegründet.

Was hat der Verein seitdem erreicht?

Karg: In all den Jahren konnten wir unter anderem über 800 potenzielle Stammzellenspender gewinnen. Daraus gingen bis heute mindestens drei Transplantationen hervor. Heißt: Wir haben mindestens drei Menschenleben gerettet.

Kostet es die Krebskranken Überwindung, zu Ihnen zu kommen?

Karg: Menschen sind unterschiedlich. Manche sind einfach froh, dass sie bei uns Hilfe bekommen. Andere wenden sich womöglich gar nicht an uns, weil bei ihnen die Hemmschwelle zu groß ist. Leider.

Die Leute die bei Ihnen Rat suchen, wohnen vermutlich nicht nur in Königsdorf?

Karg: Nein, wir haben ein relativ großes Einzugsgebiet. Königsdorf ist der ideale Standort: Wir liegen nah an Starnberg, Agatharied – selbst von Murnau ist es nicht allzu weit.

Wie schaffen Sie es, bei den Beratungsgesprächen diese Schicksale nicht zu nah an sich heranzulassen?

Karg: Zum Teil höre ich natürlich tragische Geschichten, gerade bei Austherapierten ist das sehr schwierig. Das Wichtigste bei solchen Gesprächen ist, glaube ich, mit dem Herzen dabei zu sein. Und im Gegenzug erfahre ich genauso schöne Geschichten, bei denen die Erkrankung gut ausgeht.

Fällt Ihnen spontan ein solches Beispiel ein?

Karg: Bei der Jubiläumsfeier zum 20-jährigen Vereinsbestehen kam es zu einem Treffen zwischen einer ehemaligen Patientin und ihrem Stammzellspender. Das war total herzzerreißend. Aus solchen Begegnungen entstehen oft tiefe Freundschaften. Oder als beispielsweise ein akut Leukämiekranker, der beim Lebenslauf mitlief, einen Läufer sah, der ein lila T-Shirt trug. Mit dem Tragen eines lila T-Shirts beim Lauf geben sich Menschen zu erkennen, die den Krebs besiegt haben. Das zu sehen, hat den Erkrankten unglaublich angespornt, ihm Mut gemacht. Genau das ist eigentlich das Allerwichtigste. Zu zeigen: Krebs bedeutet oft kein Todesurteil. Trotz der Diagnose kann es weitergehen.

Apropos am Allerwichtigsten: Das sind bei Ihnen wohl die vielen Ehrenamtlichen?

Karg: Ohne Ehrenamtliche ginge bei uns nichts. Allein die Organisation unserer ganzen Aktionen wird größtenteils ehrenamtlich gestemmt – da zählen wir keine Stunden. Ich hatte noch nie Probleme, Helfer zu finden. Im Gegenteil. Großen Respekt hege ich auch vor den Menschen, die sich bei uns als Stammzellenspender registrieren lassen.

Warum?

Karg: Eine Stammzellspende ist mit Schmerzen verbunden. Und man muss bedenken: Ein Mensch lässt uneigennützig viele Untersuchungen an sich durchführen, um eventuell einem Wildfremden helfen zu können. Trotzdem gibt es so viele Freiwillige. Das ist faszinierend – und lässt einen an das Gute im Menschen glauben.

Was wünschen Sie blut.eV für die Zukunft?

Karg: Viele Spender – und damit meine ich sowohl Stammzellen- als auch Geldspender. Unser Verein finanziert sich in erster Linie aus Spenden. Jede Typisierung kostet uns 40 Euro. Also können wir umgerechnet schon mit 40 Euro eventuell ein Leben retten.

(Unser Wolfratshausen-Geretsried-Newsletter informiert Sie regelmäßig über alle wichtigen Geschichten aus Ihrer Region. Melden Sie sich hier an.)

Die Sprechzeiten des Vereins sind Montag, Mittwoch und Freitag, von 9 bis 12 Uhr. Kontaktaufnahme telefonisch unter 0 81 79/9438 33 oder per E-Mail an rg.oberbayern@blutev.de.

Mehr News finden Sie in unserer brandneuen Merkur.de-App, jetzt im verbesserten Design mit mehr Personalisierungs-Funktionen. Direkt zum Download, mehr Informationen gibt es hier. Sie nutzen begeistert WhatsApp? Auch dort hält Sie Merkur.de ab sofort über einen neuen Whatsapp-Kanal auf dem Laufenden. Hier geht‘s direkt zum Kanal.

Auch interessant

Kommentare