Pistorius will „Typhon“: Waffe reicht bis tief nach Russland

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Die Bundesregierung forciert die militärische Aufrüstung. Das Typhon-System soll die Sicherheit Deutschlands und Europas erhöhen.

Washington, D.C./Berlin – Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) hat bei seinem jüngsten Besuch in den USA offiziell bestätigt, dass Deutschland das US-amerikanische Raketensystem „Typhon“ erwerben möchte. Dieses moderne Waffensystem verfügt über eine Reichweite von bis zu 2.500 Kilometern und könnte damit Ziele tief im russischen Staatsgebiet erreichen. Pistorius betonte jedoch, dass der Einsatz ausschließlich der Verteidigung und Abschreckung diene. Die Anfrage wurde im Rahmen eines Treffens mit US-Verteidigungsminister Pete Hegseth in Washington gestellt, wobei Hegseth die deutsche Initiative ausdrücklich begrüßte.

Pistorius will „Typhon“: Reichweite bis hinter Moskau

Das Typhon-System besteht aus vier Werfereinheiten und einem Gefechtsstand sowie weiteren Unterstützungsfahrzeugen. Jede Einheit verfügt über vier Mark-41-Vertikalstartzellen, die wahlweise mit SM-6-Flugabwehrraketen (Reichweite bis zu 500 km) oder Tomahawk-Marschflugkörpern bestückt werden können, deren Reichweite bis zu 2.500 Kilometer beträgt. Damit wären – von Deutschland aus – auch Ziele wie Moskau erreichbar, konstatiert das Portal securityanddefence.de.

Das System wurde ursprünglich von Lockheed Martin für die US-Army entwickelt und ist seit 2023 operationell im Einsatz. Es soll, so die Website Defence Industry, eine kritische Fähigkeitslücke zwischen Kurzstreckenartillerie und strategischen Langstreckenwaffen schließen.

„Typhon“ als Abschreckung gegen Putin: Brückenlösung bis zu europäischen Eigenentwicklungen

Pistorius bezeichnete die Typhon-Beschaffung explizit als „Brückenlösung“. Langfristig wolle Deutschland zusammen mit europäischen Partnern eigene weitreichende Präzisionswaffen entwickeln – Stichwort „European Long-Range Strike Approach“ (ELSA). Da das ELSA-Projekt laut Pistorius noch sieben bis zehn Jahre bis zur Einsatzfähigkeit benötigen wird, sei Typhon notwendig, um kurzfristig eine bestehende Fähigkeitslücke bei der Bundeswehr zu schließen, notiert die Avation Week.

„Vereinfacht ausgedrückt sind das landbasierte Abschussrampen, mit denen unterschiedliche Lenkflugkörper auf verschiedene Distanzen verschossen werden können“, so Pistorius in Washington gemäß der Zeit. Die Entscheidung über einen Kauf werde erst getroffen, sobald die US-Regierung offiziell zustimmt.

Kopie von Montage Halb Halb - 2025-07-17T172423.453.jpg © Foto links: IMAGO / ZUMA Press Wire | Foto rechts: X (Screenshot)/@front_ukrainian

Signal der Abschreckung und europäische Zusammenarbeit in Zeiten des Ukraine-Kriegs

Die Reichweite der Typhon-Systeme markiert einen bedeutenden Schritt in der europäischen Verteidigungsstrategie. Pistorius betonte, notiert die Avation Week, Europa müsse über vergleichbare Mittel verfügen, wie sie Russland bereits auf den Kontinent gerichtet hat. Durch die Stationierung auf deutschem Boden werde nicht nur die Verteidigungsfähigkeit der Bundeswehr erhöht, sondern auch die Abschreckung für ganz Europa gestärkt.

Die USA haben bislang eine erste Typhon-Batterie auf der philippinischen Insel Luzon stationiert, berichtet United24Media, mit der sowohl Taiwan als auch Teile Japans erreicht werden können. Eine Stationierung in Deutschland würde ein deutliches Signal an Moskau senden – auch wenn Pistorius wiederholt betonte, dass es sich um eine reine Verteidigungsmaßnahme handele.

US-Raketensystem Typhon für Deutschland

Aspekt Angaben / Details
System Typhon (Mid-Range Capability)
Hersteller Lockheed Martin (USA)
Bestandteile 4 Werfereinheiten, Gefechtsstand, Unterstützungsfahrzeuge
Munitionsarten SM-6-Rakete, Tomahawk-Marschflugkörper
Reichweite SM-6 Bis zu 500 km (gegen Landziele)
Reichweite Tomahawk Bis zu 2.500 km (je nach Version)
Einsatzzweck Abschreckung, Verteidigung, Schließen von Fähigkeitslücken
Geplanter Erwerb Anfrage an die USA gestellt; Entscheidung nach US-Zustimmung
Nutzung in Deutschland Als Übergangslösung bis zu europäischen Eigenentwicklungen (ELSA)
Zielregion Verteidigungsbereich Europa, theoretisch Reichweite bis tief nach Russland
Kosten Noch offen; Pentagon-Budget für Vergleichssystem: 233 Mio. Dollar für 32 Tomahawks & 1 Batterie
Status Noch keine finale Entscheidung; Verhandlungen laufen
Ersteinsatz USA / Stationierung 2023 auf den Philippinen, geplante Stationierung in Europa ab 2026
Politische Bedeutung Signal an Russland, Stärkung der Nato-Abschreckung

Quellen: DIE ZEIT, securityanddefence.de, defence-industry.eu, aviationweek.com, vpk, United24 Media.

Pistorius in Washington: Diskussion um US-Truppen und weitere Waffenlieferungen

Das Treffen in Washington war zudem Pistorius’ erster offizieller Besuch unter der neuen US-Regierung. Dabei wurde auch über einen möglichen US-Truppenabzug aus Europa sowie über die Stationierung von US-Mittelstreckenraketen auf dem Kontinent beraten. Die US-Regierung, heißt es in der Zeit, hat eine entsprechende Überprüfung eingeleitet, deren Ergebnis im Herbst erwartet wird.

Außerdem wurden zusätzliche Patriot-Flugabwehrsysteme für die Ukraine diskutiert. Deutschland ist bereit, zwei Systeme von den Amerikanern zu kaufen und diese an die Ukraine weiterzugeben, sofern die technischen und finanziellen Details geklärt sind. Pistorius schloss aber weitere Lieferungen aus eigenen Beständen aus, da sonst „Sicherheitslücken“ bei der Bundeswehr entstünden.

Die Nato und die Reaktion auf die russische Bedrohung

Der Schritt Deutschlands, das Typhon-System zu erwerben, wird international als wichtiger Beitrag zur Stärkung der Nato-Abschreckung bewertet. Gerade angesichts wachsender Unsicherheit über die künftige US-Engagement in Europa und die andauernde russische Bedrohung im Ukraine-Krieg gilt die schnelle Schließung der Reichweitenlücke als sicherheitspolitisch essenziell.

Pistorius’ Vorstoß ist damit auch ein Signal an die europäischen Nato-Partner, verstärkt in gemeinsame Verteidigungsfähigkeit zu investieren und bei Bedarf auch schnell auf marktverfügbare Lösungen wie Typhon zurückzugreifen.

Wie viele Typhon-Systeme Deutschland tatsächlich beschaffen will und welche Ausstattungsvariante zum Einsatz kommt, ist derzeit noch offen. Ebenso sind die Gesamtkosten weiterhin unklar. Klar ist jedoch: Der Erwerb soll nicht nur eine Fähigkeitslücke der Bundeswehr schließen, sondern auch die europäische Handlungsfähigkeit stärken und gegenüber Russland glaubwürdig abschrecken. Bis zur Entwicklung eigener europäischer Systeme bleibt Typhon das zentrale Element deutscher und europäischer Langstreckenabschreckung.

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