Antrag für mehr Netto vom Brutto: Regierung soll Beiträge zur Arbeitslosenversicherung senken
Seit Jahresbeginn sind die Kosten für viele Dinge des alltäglichen Lebens nochmal gestiegen, darüber hinaus geht für die Sozialversicherung mehr netto verloren. Die FDP stellt nun einen Antrag an die Regierung.
Berlin – Seit Jahresbeginn ist das Nettogehalt für die meisten Bürgerinnen und Bürger geschrumpft. Denn viele Dinge sind zum Jahreswechseln nochmal teurer geworden: Das Deutschlandticket kostet jetzt 58 Euro im Monat, fast alle Krankenkassen haben ihren Beitragssatz nach oben angepasst, die Pflegeversicherung ist teurer geworden. All das kommt zu den weiteren Kosten durch die Inflation der letzten Jahre hinzu.
Wenig überraschend ist es daher, dass das Thema Entlastung der Bürgerinnen und Bürger im Wahlkampf eine wichtige Rolle spielt. Auch in den Parteiprogrammen sieht man viele verschiedene Vorschläge: Ob steuerliche Entlastungen, Dämpfung der Beiträge oder Klimageld – es geht darum, den Menschen mehr Geld zu verschaffen.
FDP fordert mehr Netto vom Brutto: Antrag sieht weniger Beiträge in die Arbeitslosenversicherung vor
Das ist auch Anlass eines aktuellen Antrags der FDP-Fraktion im Bundestag, die konkrete Maßnahmen für mehr Netto vom Brutto vorschlägt. „Mit dem Blick auf ihren Gehaltszettel im Januar verstetigt sich für viele Menschen das Gefühl, dass von ihrem hart erarbeiteten Einkommen zu wenig übrig bleibt“, schreiben die Liberalen in ihrem Antrag. Die vorgeschlagenen Maßnahmen spiegeln im Grunde auch das wider, was im Wahlprogramm der FDP steht: Soli ersatzlos streichen, Grundfreibeträge deutlich anheben, Überstunden sollen steuerfrei sein und Betreuungskosten sollen steuerlich absetzbar werden.
Eines der Vorschläge aus dem FDP-Programm hat bisher aber noch wenig Aufmerksamkeit bekommen. Die Liberalen fordern die Einführung eines „Billig-Tarifs“ für die Arbeitslosenversicherung, die es Beschäftigten ermöglicht, zwischen mehr Netto am Monatsende oder mehr Absicherung im Falle eines Jobverlustes zu entscheiden. „In Zeiten eines zunehmenden Arbeits- und Fachkräftemangels ist das Risiko langfristiger Arbeitslosigkeit ein abnehmendes, deshalb wollen wir die Möglichkeit schaffen, sich freiwillig für geringere Beitragszahlungen und in der Folge einen geringeren Anspruch auf Arbeitslosengeld zu entscheiden. Der dadurch verringerte Arbeitgeberbeitrag wird netto ausgezahlt“, heißt es im Antrag der Fraktion.
Weniger Geld für die Arbeitslosenversicherung: So viel mehr Geld kann es geben
Der Beitragssatz in die Arbeitslosenversicherung (ALV) beträgt 2025 wie auch im Vorjahr 2,6 Prozent. Dieser Betrag wird zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer geteilt. Es gibt keine Pläne zur Anhebung dieses Beitragssatzes, wie die Bundesregierung in der Antwort auf einer Großen Anfrage der Union kürzlich nochmal betonte.
Wie viel Geld würde es also an Extra-Geld geben, wenn man monatlich den Beitrag zur Arbeitslosenversicherung nicht zahlen würde, oder nur in geringerem Umfang? Der Vorschlag sieht vor, dass man nicht nur den eigenen Anteil an die Arbeitslosenversicherung (teilweise) einbehält, sondern auch noch den Anteil des Arbeitgebers. Dadurch erhöht sich das Netto-Gehalt um den eigenen eingesparten Betrag plus den des Unternehmens. Das haben wir hier in zwei Beispielen errechnet:
Brutto-Gehalt | Netto mit ALV | Netto ohne ALV + Arbeitgeberanteil | Netto mit ALV-Satz von 1 Prozent + Arbeitgeberanteil |
---|---|---|---|
2000 Euro | 1467,50 Euro | 1519,50 Euro | 1499,50 Euro |
3000 Euro | 2043,50 Euro | 2121,50 Euro | 2091,50 Euro |
3500 Euro | 2321 Euro | 2412 Euro | 2377 Euro |
4000 Euro | 2591,59 Euro | 2695,59 Euro | 2655,59 Euro |
4500 Euro | 2855,17 Euro | 2972,17 Euro | 2927,17 Euro |
5000 Euro | 3111,75 Euro | 3241,75 Euro | 3136,75 Euro |
Meine news
(Annahmen: Steuerklasse 1, KV-Zusatzbeitrag 2,5 Prozent, Arbeitgeber zahlt gesparten Beitrag an Arbeitnehmer aus.)
Der Unterschied würde also eher minimal ausfallen, vor allem für Geringverdiener bedeuten aber auch kleine Beträge recht viel. Für die Unternehmen würde der Vorschlag keinerlei Unterschied machen, da sie denselben Betrag zahlen, wie zuvor – es ändert sich nur, wer das Geld bekommt.
Bundesagentur für Arbeit würde weniger Geld bekommen: Kein Geld für Kurzarbeit oder Insolvenzgeld?
Viel entscheidender wären die Folgen für die Bundesagentur für Arbeit, die auf die Beitragszahlungen der Beschäftigten angewiesen ist. 2023 hat die BA insgesamt 36,06 Milliarden Euro aus den Beiträgen zur Arbeitslosenversicherung eingenommen. Davon sind 18,8 Milliarden Euro in das Arbeitslosengeld I geflossen, wie es im Geschäftsbericht der Arbeitsagentur heißt. 2023 war die BA zum ersten Mal seit 2020 wieder in der Lage eine Rücklage zu bilden, die in dem Jahr drei Milliarden Euro betrug. Weitere Ausgaben der BA waren: Kurzarbeitergeld, Insolvenzgeld, Arbeitsförderung und Verwaltungsausgaben.

Sollten sehr viele Menschen ihren Beitrag an die Arbeitslosenversicherung senken, wäre ein starker Einnahmeneinbruch zu verzeichnen. Zwar würden diese Menschen im Notfall auch weniger Arbeitslosengeld erhalten können (so der FDP-Plan); unklar ist jedoch, was im Fall von Kurzarbeit oder Insolvenz gelten würde, wofür ja genauso die Beiträge gezahlt werden. Gerade geht eine Pleitewelle durch das Land und viele Unternehmen melden aufgrund von wirtschaftlicher Probleme Kurzarbeit an; das Geld der Arbeitslosenversicherung wird also durchaus benötigt.
Die Bundesregierung ist im Fall eines Defizites der Arbeitsagentur verpflichtet, das Minus aus dem Haushalt auszugleichen. Das ist in den Corona-Jahren geschehen, als viele Menschen arbeitslos oder in Kurzarbeit geschickt wurden. Im Wesentlichen würde der FDP-Plan also die Kosten aus den Beitragsgeldern im Zweifel auf den Bundesetat schieben – ohne Lockerung der Schuldenbremse, versteht sich.