Zweifel an Habeck-Plan – das macht Sozialabgaben auf Kapitalerträge so knifflig
Die Krankenkassen werden deutlich teurer und eine neue Idee von Robert Habeck sorgt für Diskussion: Kapitaleinkünfte sollen stärker herangezogen werden.
Frankfurt – Mit Beginn des neuen Jahres sind die Zusatzbeiträge der gesetzlichen Krankenkassen so stark gestiegen wie seit Jahrzehnten nicht mehr. Die Ursache liegt in einer enormen Finanzierungslücke im Gesundheitssystem. Um diese Herausforderungen zu bewältigen, bringen die Grünen unter der Führung von Wirtschaftsminister Robert Habeck eine kontroverse Reform ins Gespräch: Künftig sollen auch Kapitaleinkünfte wie Gewinne aus Aktien und Anleihen zur Finanzierung der sozialen Sicherungssysteme, insbesondere der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV), herangezogen werden.
Habeck zielt mit seinem Vorschlag darauf ab, wohlhabendere Bürger stärker in die Pflicht zu nehmen. Er möchte „diejenigen, die große Einkommen haben, weil sie Geld für sich arbeiten lassen“, stärker an den Kosten des Gesundheitssystems beteiligen. Laut Habeck könnte diese Maßnahme dazu beitragen, den Anstieg der GKV-Beiträge zu bremsen und gleichzeitig für mehr soziale Gerechtigkeit zu sorgen.
Robert Habeck in der Kritik: Experten bezweifeln die Idee
Ökonomen bewerten den Vorschlag der Grünen skeptisch. Marcel Thum vom Ifo-Institut hält die Wirkung für gering. „Es kommt kaum etwas zusammen“, so Thum. Kapitaleinkommen seien vor allem bei Menschen verbreitet, die entweder nicht in die Sozialversicherung einzahlen oder über der Beitragsbemessungsgrenze von derzeit 62.150 Euro im Jahr liegen.
Unklar sei zudem, ob die Grünen diese Grenze anheben oder abschaffen wollen. Letzteres könnte rechtliche Probleme verursachen, da die Beiträge dann einer Steuer gleichkämen. Kritiker warnen außerdem, dass der Vorschlag Menschen belasten könnte, die langfristig Kapital für ihre Altersvorsorge ansparen.

Auch IW bemängelt Grünen-Vorschlag
Das Institut der deutschen Wirtschaft (IW) in Köln hat berechnet, dass Anleger bei einer Investition von 100.000 Euro und einer jährlichen Rendite von 5 Prozent nach Steuern und Abgaben lediglich eine Nettorendite von 3,1 Prozent erzielen. Grund dafür sind Abzüge wie die Abgeltungsteuer in Höhe von 25 Prozent, der Solidaritätszuschlag, mögliche Kirchensteuer sowie Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge.
Nach Abzug des Sparer-Pauschbetrags von 1.000 Euro bleiben 4.000 Euro steuerpflichtig, wodurch etwa 1.852 Euro an den Staat abgeführt werden – ein Anteil von ungefähr 38 Prozent der ursprünglich erwirtschafteten Rendite. „Rund 38 Prozent der Kapitalmarktrendite würden damit dem Staat zufallen, obwohl er nicht das Investitionsrisiko trägt“, heißt es vom IW.
Könnte die Reform auch Rentner treffen?
Betroffen wären sowohl Familien, die für ihre Kinder in Aktien investieren, als auch Rentner. Wie die FAZ in einer Beispielrechnung darstellt, müsste ein Rentner mit einer monatlichen Rente von 1.855 Euro und zusätzlichen Kapitaleinkünften aus Aktien in Höhe von 1.261 Euro künftig etwa 368 Euro pro Monat an Beiträgen zahlen – im Vergleich zu bisher 162 Euro. Das entspricht einem Anstieg von 127 Prozent.
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Ungenaue Aussagen von Robert Habeck – Kleinsparer wohl nicht betroffen
Habeck hat bislang keine konkreten Pläne zur Umsetzung seiner Idee vorgelegt. „Wie wir es im Detail umsetzen, können wir später entscheiden“, erklärte er und betonte, dass es zunächst nicht darauf ankomme, jedes technische Detail zu klären. Stattdessen gehe es ihm um eine „grundsätzliche Meinungsbildung“ und nicht um „vorgezogene Gesetzgebungsarbeit“. Sollte die Idee umgesetzt werden, sei jedoch eine Freigrenze geplant, bis zu der keine Sozialabgaben erhoben würden. Damit wolle er Kleinsparer von der Regelung ausnehmen.
„Es geht um die Millionäre“, sagte Habeck in einem Interview mit RTL. Für Normalverdiener solle es Freibeträge geben, so der Wirtschaftsminister, konkrete Zahlen nannte er allerdings nicht. „Der Kleinsparer muss sich keine Sorgen machen“, versicherte er.