Nicht nur Griechenland, Türkei oder Balearen: Hier verbringen immer mehr Deutsche ihren Urlaub
Deutsche Urlauber suchen gerne nach Schnäppchen, ein Land bietet das an. Die Frage ist nur, wie lange noch Touristen von niedrigen Preisen profitieren.
Hamm – Eine bemerkenswerte Entwicklung zeichnet sich in der europäischen Reisebranche ab: Tunesien entwickelt sich 2025 zum absoluten Trendziel mit einem spektakulären Anstieg der Buchungen um 40 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Diese Studie wird von Le Figaro zitiert, die sich auf Voyages E.Leclerc und Institu Viavoice beruft. Damit verdrängt das nordafrikanische Land traditionelle Favoriten wie Kreta und die Balearen vom Spitzenplatz der beliebtesten Urlaubsziele, was beispielsweise französische Urlauber angeht.
Diese Entwicklung spiegelt einen europaweiten Trend wider, während viele nach günstigen Alternativen schauen, der auch deutsche Reisende begeistert. Tunesien ist das nördlichste Land in Afrika und nur etwa 140 Kilometer von Sizilien entfernt. Die einstige französische Kolonie ist heute ein beliebtes Urlaubsziel. Vor allem deutsche Touristen zieht es immer wieder gerne in dieses Land, bestätigt das Portal Tourismus.de.
Urlaub in Tunesien? Der Preis als entscheidender Faktor – aber Menschenrechte sind noch rückständig
Was treibt diese bemerkenswerte Entwicklung an? Die Antwort ist eindeutig: das oftmals unschlagbare Preis-Leistungs-Verhältnis. Während viele andere Mittelmeerländer immer teurer werden, punktet Tunesien regelmäßig mit erschwinglichen Preisen ohne Qualitätsverlust. „Was die Kundschaft anzieht, ist vor allem der Preis“, bestätigt Ali Mrad, 46 Jahre alt, dem französischen Portal Le Figaro. Er ist demnach seit mehr als 20 Jahren als Reiseführer in Tunesien tätig. Für viele deutsche Urlauber ist Tunesien schlichtweg „eine Destination, die nicht teuer ist“, wie der erfahrene Reiseführer die häufigsten Rückmeldungen seiner Gäste zusammenfasst.
Die Zahlen sprechen eine deutliche Sprache: 4-Sterne-Thalasso-Hotels in Djerba bieten bereits ab 329 Euro pro Person All-inclusive-Pakete inklusive Flug, Transfer und Vollverpflegung an. Wellness-Aufenthalte sind schon ab 246 Euro für sechs Nächte buchbar. Deutsche Urlauber schätzen demnach besonders die Verlässlichkeit und Qualität der tunesischen Tourismusinfrastruktur. Die All-inclusive-Formel ermöglicht es Familien, ihr Budget bereits bei der Buchung festzulegen und böse Überraschungen zu vermeiden.
Doch nicht für alle Urlauber ist die Reise nach Afrika etwas Tolles. Jahrelang litt Tunesien unter einem schlechten Ruf, Terroranschläge schreckten viele ab. Das Land galt zwar als Vorreiter für Frauenrechte in der islamischen Welt, doch Frauenrechtsgruppen geben laut Amnesty International auch weiterhin an, dass viele Frauen häuslicher Gewalt ausgesetzt seien und bemängeln, dass offizielle Statistiken über Tötungen oder Gewalttaten gegen Frauen fehlen. Auch die LGBTQ+-Community ist sehr eingeschränkt. Hinter einvernehmlichen sexuellen Handlungen stehe immer noch eine Gefängnisstrafe.
Auch das Auswärtige Amt, das jüngst auch vor Reisen nach Indonesien aufgrund eines Vulkanausbruchs warnte, rät von Reisen in bestimmte Gebiete von Tunesien ab. Das „Gebiet südlich bzw. südöstlich einer Linie, die von der Grenze zu Algerien über Tozeur/Nafta - Douz – Ksar Ghilane – Tataouine bis Zarzis führt, in das unmittelbare Grenzgebiet zu Algerien und insbesondere in die Gebirgsregionen nahe der algerischen Grenze im Bereich von El Aioun bis einschließlich der Provinz Kasserine und individuellen, nicht organisierten Wüstentouren“ wird abgeraten.
Urlaub in Nordafrika? Zugänglichkeit als weiterer Trumpf
Tunesien punktet dagegen nicht nur mit günstigen Preisen, sondern auch mit seiner hervorragenden Erreichbarkeit. Mit Direktflügen von deutschen Städten wie Berlin, München, Düsseldorf und Frankfurt dauert es weniger als 2,5 Stunden, um das Mittelmeer zu überqueren. „Aber es ist nicht nur eine Frage der Nähe“, erklärt Ali Mrad, der eine wachsende Begeisterung deutscher Urlauber für sein Land beobachtet.
Doch es ist nicht alles Gold, was glänzt. Schon in den vergangenen Jahren war immer wieder zu beobachten, dass beliebte Reiseziele mit den Preisen anzogen. Vor ein paar Jahren war Kroatien noch günstig, jetzt steigen die Angebote. Auch in der Türkei ist es nicht mehr so billig wie zuvor.

Das Angebot erweitert sich kontinuierlich. Seit Oktober 2023 verbindet beispielsweise Transavia Paris mit Tozeur, einem unbekannten Juwel des tunesischen Südens. Diese Entwicklung zeigt, dass Tunesien über die klassischen Badeorte hinaus neue touristische Potenziale erschließt.
Familien und Rentner schätzen die Urlauber-Option: All-Inclusive zieht Touristen an
Tunesien zieht dabei eine immer breitere deutsche Kundschaft an. „Deutsche, Engländer, Italiener, Spanier und seit einigen Jahren auch Polen, Rumänen, Russen“, zählt Ali Mrad die wachsende internationale Gästeschar auf. Besonders Familien und Rentner würden die All-inclusive-Angebote schätzen, die Planungssicherheit und Kostenkontrolle bieten.
Der erfahrene Reiseführer beobachtet auch neue Entwicklungen: „Seit kurzem trägt auch der Kreuzfahrttourismus seinen Teil bei, mit der Reederei MSC, die nun jede Woche einen Zwischenstopp einlegt“, berichtet Ali Mrad über die Diversifizierung des tunesischen Tourismus.
Aus seiner langjährigen Erfahrung weiß Ali Mrad, was deutsche Urlauber besonders schätzen: „Deutsche Touristen suchen vor allem Sicherheit bei der Urlaubsplanung und ein gutes Preis-Leistungs-Verhältnis“, erklärt er. „Sie wollen wissen, was sie für ihr Geld bekommen, und genau das kann Tunesien bieten.“
Weiterer Boom sorgt für Tunesien-Zuwachs mit Urlaubern: Wellness
Ein besonderer Trend zeigt sich im Bereich der Thalassotherapie. Während Tunesien für seine Strände und seine Sonne verführt, wächst die Begeisterung auch für die Thalassotherapie, beobachtet das Nationale Tourismusamt Tunesiens. Die Wellness-Aufenthalte erfreuen sich demnach großen Erfolgs, mit Angeboten ab 246 Euro für sechs Nächte über Reiseveranstalter.
Korbous war der erste Thalassotherapie- und Thermalstandort des Landes, der zu Beginn des 20. Jahrhunderts geschaffen wurde. Diese lange Tradition in Verbindung mit modernen Einrichtungen macht Tunesien zu einem attraktiven Wellness-Ziel für deutsche Urlauber, die Entspannung und Gesundheit zu erschwinglichen Preisen suchen.
Die schönsten Reiseziele für deutsche Urlauber
Auf der einen Seite das türkisblaue Mittelmeer, auf der anderen Seite die beeindruckende Wüste Sahara: Tunesien bietet für jeden Urlaubstyp ein passendes Reiseziel. Das nördlichste Land Afrikas ermöglicht es deutschen Urlaubern, sich an den schönsten Stränden der tunesischen Mittelmeerküste zu erholen, die Gipfel des Atlasgebirges zu erklimmen, antike Städte zu erkunden oder bei einem abenteuerlichen Trip durch die atemberaubenden Wüstenlandschaften der Sahara den Sternenhimmel zu bestaunen.
Die Hauptstadt Tunis ist ein idealer Startpunkt für jeden Tunesien-Urlaub. Hier können deutsche Besucher durch die orientalische Altstadt schlendern, die seit 1979 zum UNESCO-Weltkulturerbe gehört. In dem Labyrinth aus engen Gassen finden sich alte Moscheen, kunstvolle Paläste und bunte Märkte, die sogenannten Souks.
Sidi Bou Said, das blau-weiße Paradies, gilt als eines der schönsten Dörfer des Mittelmeerraums. Die charakteristischen blau-weißen Häuser und die malerischen Gassen machen diesen Ort zu einem beliebten Fotomotiv für deutsche Urlauber.
Sousse, die Stadt der vielen Gesichter, verbindet Geschichte mit modernem Tourismus. Die Altstadt gehört zum UNESCO-Weltkulturerbe, während die modernen Hotelkomplexe alle Annehmlichkeiten für einen entspannten Strandurlaub bieten.
Die Insel Djerba, die größte Insel Nordafrikas, lockt mit endlosen Sandstränden, kristallklarem Wasser und einer entspannten Atmosphäre. Hier finden deutsche Urlauber die perfekte Mischung aus Erholung und kulturellen Entdeckungen.
Quellen: Reisereporter.de, Tourismus.de
Mehr als nur Strand: Kultureller Reichtum lockt
Tunesien möchte jedoch mehr sein als nur ein günstiges Strandziel. Das Land setzt verstärkt auf sein reiches kulturelles und historisches Erbe, um das Image zu wandeln. „Den Massentourismus reduzieren und die Qualität bevorzugen: Nur wenn sie die Hotels verlassen, können die Besucher endlich Tunesien entdecken“, betont ein lokaler Experte laut Le Figaro. Diese Philosophie teilt auch Ali Mrad, der deutsche Urlauber ermutigt, über den Hotelstrand hinauszublicken.
Das Land könne über touristische Rundreisen entdeckt werden, wie die archäologische Stätte von Karthago, das Amphitheater von El Jem oder die Stadt Kerkouane mit ihrer Nekropole. Die Ausflüge in den tunesischen Süden zur Entdeckung von Berberdörfern oder erhaltenen Oasen verführen ebenfalls eine Kundschaft auf der Suche nach authentischen Erlebnissen.
Die Region Kef im Westen setzt auf ihre noch unberührte Küste, um Reisende auf der Suche nach Authentizität zu verführen. Diese Diversifizierung des touristischen Angebots zeigt, dass Tunesien weit mehr zu bieten hat als nur Sonne, Strand und günstige Preise.
Ausblick: Nachhaltiger Tourismus als Zukunftsvision und bald kein Billigurlaub mehr?
Tunesien steht vor der Herausforderung, den wachsenden Tourismusstrom nachhaltig zu gestalten. Das Land möchte sich vom Image des reinen Billigtourismus lösen und setzt auf Qualität statt Quantität. Deutsche Urlauber, die traditionell Wert auf Nachhaltigkeit und authentische Erlebnisse legen, könnten dabei eine Schlüsselrolle spielen. (ank)